Atomkraftwerk im französischen Cattenom.

Atomkraftwerk im französischen Cattenom.

© EPA/JULIEN WARNAND

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Das sind die 10 größten Atomkraftwerke der Welt

Der Bau des größten Atomkraftwerks der Welt hat begonnen. Die kanadische Bruce Power Plant wird derzeit erweitert und soll künftig eine Kapazität von bis zu 11 Gigawatt aufweisen – mehr als jedes andere Kraftwerk.

Dass Kanada Bruce ausbauen lässt, weist auf einen interessanten Umstand hin: Nuklearenergie ist (noch) kein Auslaufmodell. 60 neue Reaktoren werden derzeit in 15 Ländern gebaut, Vorreiter sind China, Indien und Russland. 10 Prozent des globalen Stroms kommen aktuell aus Atomkraftwerken.

Die größten unter ihnen stehen unter anderem in Japan, Frankreich und Kanada, aber auch in Kriegsgebieten wie der Ukraine. Wir haben die 10 Spitzenreiter, gemessen an ihrer Kapazität (Stand Jänner 2023), zusammengefasst.

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10. Wolsong, Südkorea

Das Kernkraftwerk Wolsong belegt mit einer Kapazität von 4.598 Megawatt Platz 10. Es liegt an der Ostküste Südkoreas und ging 1983 ans Netz.

Wolsong ist eines der wenigen Atomkraftwerke weltweit, das mit Schwerwasserreaktoren des Typs CANDU betrieben werden. CANDU-Reaktoren werden mit Deuteriumoxid, auch genannt schweres Wasser, gekühlt und moderiert. Als Brennstoff kommt meist natürliches Uran zum Einsatz.

Ein besonderer Vorteil des CANDU-Reaktors: Nicht nur natürliches Uran kann ihn speisen, sondern auch nukleare Abfälle - genauer gesagt die abgebrannten Brennelemente anderer Reaktoren. Der Reaktor zeichnet sich daher durch seine besonders ökonomische Funktionsweise aus. 

Wolsong wurde von einem kanadischen Unternehmen mit einem CANDU-Reaktor ausgestattet.

9. Cattenom, Frankreich

Cattenom hat eine Kapazität von 5.200 Megawatt. Das französische Kernkraftwerk liegt nur wenige Kilometer von der deutschen sowie der luxemburgischen Grenze entfernt und ist mit seinen 4 Druckwasserreaktoren das drittstärkste Kernkraftwerk des Landes. Bei Druckwasserreaktoren dient gewöhnliches Wasser als Moderator und Kühlmittel, sie zählen daher auch als Subgruppe der sogenannten Leichtwasserreaktoren.

Der Bau von Cattenom begann 1979. 7 Jahre später wurde der erste Reaktor in Betrieb genommen. Über die Jahre hatte das Kraftwerk immer wieder mit Störfällen zu kämpfen, die Kritik bei internationalen Beobachtern hervorriefen. Auch in der jüngeren Vergangenheit wird die Sicherheit von Cattenom angezweifelt

Das Atomkraftwerk Cattenom liegt am Kühlwasserstausee "Lac du Mirgenbach".

8. Paluel, Frankreich

Übertroffen wird Cattenom von dem Kernkraftwerk Paluel mit 5.320 Megawatt. Es befindet sich rund 40 Kilometer entfernt von der Küstenstadt Dieppe in der Normandie und verfügt über 4 Druckwasserreaktoren. Der erste Reaktorblock wurde 1984 fertiggestellt, sein Betrieb ist noch bis mindestens 2040 vorgesehen.

In der Vergangenheit ließen, wie bei Cattenom, mehrere Zwischenfälle an der Sicherheit des Kraftwerks zweifeln. Paluel wird mit Wasser aus dem Ärmelkanal gekühlt. Saisonale Algenbildung innerhalb des Kanals führte mehrmals dazu, dass die Wasserzufuhr zu den Reaktoren unterbrochen wurde. Das zuständige Personal musste mehreren Notabschaltungen vornehmen, über die Jahre waren zahlreiche Reparaturen nötig.

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Paluel kämpft immer wieder mit Kühlproblemen. 

7. Gravelines, Frankreich

Gravelines ist das größte Kernkraftwerk Frankreichs und liegt, wie Paluel, ebenfalls an der Nordküste des Landes. Seine Kapazität von 5.460 Megawatt teilt sich auf 6 Druckwasserreaktoren auf. Pro Jahr speist es rund 37 Milliarden Kilowattstunden in das öffentliche Stromnetz ein.

Der Bau des ersten Reaktorblocks begann 1975, der letzte wurde 1985 fertiggestellt. Im Dezember 2020 wurde bekannt, dass Gravelines durch 2 weitere Reaktoren – im Zuge von Frankreichs Ausbau von Atomenergie – erweitert werden könnte.

Aufgrund seiner Lage am Ärmelkanal hat das AKW in den vergangenen Jahren des Öfteren den Weg in europäische Schlagzeilen gefunden. Immer wieder versuchen Migrant*innen vom Strand nahe dem Kraftwerk mit Booten die Meeresenge zu überqueren und nach Großbritannien zu gelangen. 

Der Strand von Gravelines ist eine Anlaufstelle für Migrant*innen, die den Ärmelkanal passieren wollen. 

6. Saporischschja, Ukraine

Das größte Atomkraftwerk Europas steht in Saporischschja. Das Kraftwerk mit 5.700 Megawatt und 6 Druckwasserreaktoren befindet sich direkt am Fluss Dnepr in der Ukraine und damit seit der russischen Invasion im Feber 2022 auf Kriegsgebiet.

Vor dem Angriffskrieg arbeiteten rund 11.000 Menschen in dem Werk, das für das ukrainische Netz eine der wichtigsten Stromquellen darstellt. Mittlerweile sind es nur mehr 3.500. Ein Großteil des ukrainischen Personals war im Zuge der russischen Übernahme des Kraftwerks im März 2022 geflohen, was in einem eingeschränkten Betrieb resultierte. Seit kurzem ist nun der letzte aktive Reaktor ausgeschaltet worden.

Das Kraftwerk stammt noch aus der Sowjetzeit. Der Baubeginn wurde 1984 eingeläutet, erst 1995 ging die Anlage nach einigen Verzögerungen vollständig in Betrieb.

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5. Hanbit, Südkorea

Das Kernkraftwerk Hanbit (ehemals Yonggwang) hat eine Kapazität von 5.500 Megawatt. Es liegt an der Westküste Südkoreas und wird ebenso mit Druckwasserreaktoren betrieben.

Die ersten beiden Reaktoren von Hanbit wurden 1986 gebaut. Danach ließ Südkorea das Kraftwerk über die Jahre sukzessiv ausbauen. Weitere 4 Blöcke wurden in den 90ern und in den frühen 2000er-Jahren errichtet.

Zu einem nennenswerten Zwischenfall kam es bei Hanbit 2012, als 2 Reaktoren für mehrere Wochen abgeschaltet werden mussten. Grund waren fehlerhafte Bauteile, die ein Jahrzehnt zuvor in der Anlage verbaut wurden. 

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Hanbit liegt am Gelben Meer, an der Westküste Südkoreas.

4. Hanul, Südkorea

Ein weiteres leistungsstarkes Kernkraftwerk in Südkorea ist Hanul (bis 2013 unter dem Namen Uljin bekannt). Die 7 Druckwasserreaktoren von Hanul haben eine Kapazität von insgesamt 5.928 Megawatt, 2 weitere Blöcke befinden derzeit im Bau. 

Ihre Fertigstellung wurde 2017 wurde unterbrochen, nachdem die damalige südkoreanische Regierung den Ausstieg aus Atomenergie angekündigt hatte. Mittlerweile wurde dieser politische Kurs von dem nachfolgenden Präsidenten Yoon Suk-yeol revidiert. 2024 soll der Bau der beiden zusätzlichen Reaktoren nun fortgesetzt werden

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Hanul wurde 1975 errichtet. 

3. Kori, Südkorea

Kori, an der Ostküste Südkoreas gelegen, ist mit 6.040 Megawatt das zweitgrößte Atomkraftwerk Asiens und das größte des Landes. Es besteht aus 7 aktiven Druckwasserreaktoren, diese gingen alle zwischen 1977 und 2016 in Betrieb.

Ursprünglich waren es allerdings 8, ein Block wurde 2017 im Zuge des angekündigten Atomaustiegs Südkoreas abgeschaltet und nicht wieder in Betrieb genommen. Nach der Kursänderung von Präsident Yoon Suk-yeol sind nun 2 weitere, neue Reaktoren für Kori in Planung.

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Kori ist das größte AKW Südkoreas.

2. Bruce, Kanada

Mit 6.384 Megawatt belegt Bruce Platz 2 im globalen Ranking. Das kanadische Kernkraftwerk befindet sich in der Provinz Ontario, im namensgebenden Bruce County. Es wurde zwischen 1970 und 1987 errichtet und verfügt über 8 CANDU-Reaktoren.

Wie kürzlich angekündigt wurde, wird Bruce in den kommenden Jahren ausgebaut. Mit der Erweiterung, die derzeit geplant ist, wäre das Atomkraftwerk größer als alle Kernkraftwerke der Welt.

Bruce erstreckt sich über eine Fläche von 9,32 Quadratkilometer.

1. Kashiwazaki-Kariwa, Japan

Weltweiter Spitzenreiter in Sachen Kapazität ist das japanische Kernkraftwerk Kashiwazaki-Kariwa. Seine 7 Reaktoren sind in der Lage, 7.965 Megawatt Strom zu erzeugen. Der erste Reaktorblock wurde 1985 fertiggestellt, 6 weitere folgten.

Kashiwazaki-Kariwa ist derzeit allerdings stillgelegt. 2007 ging das Werk in Teilbetrieb, da mehrere Mängel an den Reaktorblöcken von japanischen Behörden festgestellt wurden. 2012 mussten die Betreiber das Kraftwerk schließlich zur Gänze abschalten - eine Sicherheitsmaßnahme, die die Regierung im Zuge der Nuklearkatastrophe von Fukushima, welche sich im selben Jahr ereignete, ergriff. Kashiwazaki-Kariwa, wird von derselben Gesellschaft betrieben, wie das Atomkraftwerk Fukushima: der Tokyo Electric Power Company (TEPCO).

Im Zuge der Reaktivierung eines Großteils der japanischen Kernkraftwerke durch Präsident Fumio Kishida ist seit 2022 geplant, die ersten Blöcke von Kashiwazaki-Kariwa wieder ans Netz gehen zu lassen. Die Inbetriebnahme soll noch diesen Sommer erfolgen.

Ob dies tatsächlich passiert, bleibt abzuwarten. Denn jüngst hatte TEPCO mit einer ganzen Reihe an Fauxpas und Mängeln bei Kashiwazaki-Kariwa zu kämpfen, die an der Sicherheit des Kraftwerks zweifeln lassen. 

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