Künftig werden große Mengen PV-Module ausgemustert. Viele könnten länger genutzt werden

Künftig werden große Mengen PV-Module ausgemustert. Viele könnten länger genutzt werden

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Digital Life

Wie man gebrauchten Solarmodulen ein zweites Leben schenken kann

Der Ausbau der Solarenergie geht in Österreich zügig voran. Tausende Module werden im ganzen Land auf Hausdächern, Balkonen und großen Freiflächenanlagen montiert. Üblicherweise funktionieren die Module mehrere Jahrzehnte lang ohne großen Leistungsverlust. Wegen Beschädigungen, Defekten oder einfach wegen der Verfügbarkeit neuerer Produkte mit höherer Effizienz, werden Module in großem Stil ausgetauscht und dem Recycling zugeführt. Das müsste aber nicht sein.

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In Recycling-Anlagen wird versucht, die mehrschichtig aufgebauten Module möglichst sortenrein aufzutrennen

KI statt Expert*innen für Analyse

Das Start-up 2nd Cycle aus Amstetten will ausrangierten Photovoltaikmodulen ein zweites Leben schenken. Der Schlüssel dazu soll ein neuartiges, automatisches Prüfverfahren sein. Derzeit ist die Prüfung einzelner Module auf ihre Leistungsfähigkeit noch ein aufwendiger Prozess, erklärt Mitgründer Simon Prüller: „Es ist eine Expert*innentätigkeit, die enorm viel Geld kostet.“ Recyclingunternehmen hätten zwar Geräte, um die Funktionstüchtigkeit von Modulen zu testen, aber die stammen meist von Herstellern von Maschinen für die Qualitätskontrolle in der Modulproduktion. Die Anforderungen für gebrauchte Paneele, die jahrelang Temperaturschwankungen, Hagel und anderen Belastungen ausgesetzt waren, seien anders.

„Ein Photovoltaikmodul ist ein komplexes Bauteil. Es können über 200 unterschiedliche Fehler auftreten“, sagt Prüller. Fehler und Zusammenhänge von Defekten zu erkennen, sei schwierig. Statt einer Sichtprüfung durch Expert*innen könnten künftig Kameras und künstliche Intelligenz zum Einsatz kommen. Dazu kommen noch Messverfahren, wie sogenannte „Flash-Tests“, bei denen Module starken Lichtblitzen ausgesetzt werden. Kleinere Defekte sollen im Zuge des Prüfvorgangs auch gleich behoben werden, etwa kaputte Steckverbindungen oder Risse in der Kunststofffolie an der Rückseite von Siliziummodulen. 3 bis 4 Euro pro Modul soll eine vollautomatische Prüfung in einer Maschine mit hohem Durchsatz künftig kosten. Bisher zahlt man laut Prüller zwischen 20 und 30 Euro.

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Teilweiser statt kompletter Tausch

Ein Prototyp ist derzeit noch in Entwicklung. 2nd Cycle arbeitet dafür eng mit heimischen Forschungsinstituten zusammen. Als Kundschaft hat das Start-up Recyclingunternehmen und Betreiber von Solarparks im Visier. Die größten Solarfarmen der Welt haben Millionen Module, um das Maximum an Stromertrag herauszuholen. Nimmt die Leistung von Anlagen mit der Zeit ab, ziehen es Betreiber oft vor, gleich alle Module auszutauschen, anstatt kostenaufwendig jedes Einzelne zu testen. Denn nur manche Defekte können mit Drohnen und Wärmebildkameras leicht entdeckt werden, andere sind schwieriger aufzuspüren. Der geringe Preis für Module macht den kompletten Tausch ökonomisch attraktiv.

„Man könnte aber eine Prüfanlage in einem Container bauen, diesen zu Großanlagen bringen und alle Module vor Ort durchlaufen lassen“, sagt Prüller. Dann könnte man etwa einen gewissen Prozentsatz an Modulen durch neue ersetzen. Mit den verbliebenen Modulen könne man die vorhandene Infrastruktur, wie Ständer und Wechselrichter, weiterhin nutzen. Sie müsse man für neue Module oft tauschen.

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Fakten

6,3 Gigawatt
beträgt die installierte Leistung von PV-Anlagen in Österreich heute.

Seriell
Bei PV-Anlagen sind Module meist in Serie geschaltet. Ist ein Modul defekt, reduziert das die Leistung von vielen.

Recycling
von PV-Modulen steckt noch in den Kinderschuhen. Heute werden meist Glas, Aluminium und Kupfer daraus gewonnen. Seltenere Materialien zu extrahieren, ist noch sehr energieaufwendig. An günstigeren Methoden wird intensiv geforscht. In fünf bis zehn Jahren sollen die Rücklaufmengen stark ansteigen.

Mehr Unabhängigkeit

Recyclingunternehmen könnten durch ein automatisches Prüfverfahren schnell herausfinden, ob ein Modul noch brauchbar ist. Das könnte auch dem Gebrauchtmarkt einen Schub verleihen. Das sei gut für das Klima – weil dadurch weniger neue Module energieaufwendig produziert oder recycelt werden – und für die Eigenversorgung. China beherrscht die Produktion von Photovoltaikmodulen. Nutzt man die Paneele länger, reduziere man die Abhängigkeit und das Risiko von Preisschwankungen.

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David Kotrba

Ich beschäftige mich großteils mit den Themen Mobilität, Klimawandel, Energie, Raumfahrt und Astronomie. Hie und da geht es aber auch in eine ganz andere Richtung.

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