Coronavirus: 3000 Wiener Schüler testen Gurgelmethode
An Wiener Schulen wird seit dieser Woche eine große Studie durchgeführt, bei der eine neue Methode der Probeentnahme für PCR-Tests zur Erkennung von Coronavirus-Infektionen erforscht wird. Zusätzlich soll die Studie ermitteln, wie viele SARS-CoV-2-Infektionen es unter Kindern gibt. 3000 Schüler und Pädagogen sollen daran teilnehmen. Durchgeführt wird die Studie von der Vienna COVID-19 Diagnostics Initiative (VCDI) - einem Zusammenschluss von 21 Wiener Forschungsinstituten.
Weniger unangenehm
Die Frage, welche Rolle Kinder und Jugendliche bei der Ausbreitung des neuen Coronavirus spielen, ist eine der zentralsten im Verlauf der Pandemie. Vor allem für Kinder kann die Entnahme eines Nasen-Rachen-Abstriches für den PCR-Test zum Nachweis des Erbguts des Virus mittels Wattestäbchen über die Nase eine unangenehme bis schmerzhafte Angelegenheit sein. Eine professionelle Logistik und ein sicherer Ablauf sind bei den Testungen unabdingbar, schreibt die FH Campus Wien, an der 70 Lehrende und Studierende an der Studie mitarbeiten, in einer Presseaussendung.
Das für die Studie notwendige Fachwissen kommt etwa von den Studiengangsleiterinnen des Bachelor- und des Masterstudiums Biomedizinische Analytik der FH Campus Wien, Christine Schnabl und Martina Fondi. Sie leiten die Organisation für die Beprobung an den Schulen sowie Teile der Analysearbeiten im Labor. Für die erforderlichen Daten ist eine sichere Probenahme mittels der Gurgelmethode, ein ausgefeiltes System der Pseudonymisierung der Proben sowie eine rasche und zuverlässige Analyse notwendig. Bereits 700 Testungen am ersten Tag hätten gezeigt, dass die Durchführung vor Ort zügig und professionell umgesetzt wird.
Eine Minute gurgeln
Um eine gültige Probe zu erhalten, muss rund eine Minute gegurgelt werden. Die zentrale Frage der mit zwei Mal rund 3.000 Tests groß angelegten Untersuchung ist es herauszufinden, "wie verbreitet das Virus in der Gruppe momentan noch ist - gerade unter Kindern, die ja oft einen asymptomatischen Verlauf zeigen, daher nicht auffallen und auch nicht getestet werden", erklärt Molekularbiologe Michael Wagner von der Universität Wien.
Gegurgelt wird nun in offenen Zelten vor den ausgewählten Wiener Schulen. Proben mehrerer Schüler werden zu sogenannten Pools zusammengefasst. Die einzelnen Proben werden nur dann durchanalysiert, wenn der zusammengefasste Test positiv ausfällt. Zu dieser raschen Methode habe man sich entschlossen "da wir mit sehr wenigen Positiven rechnen", so Wagner.
Zweite Welle
Bei der von der Stadt Wien und dem Bildungsministerium unterstützten Pilotstudie sehe man auch, ob es etwa Altersgruppen gibt, bei denen die Gurgelmethode nicht so gut funktioniert. Denn prinzipiell könne mit dem Ansatz jedermann selbstständig seine Proben nehmen. Mit der dann erprobten Logistik könne im Hinblick auf eine etwaige zweite Welle nach Schulbeginn im Herbst rasch und günstig der Status an Bildungseinrichtungen analysiert werden, so der Wissenschafter und Mitinitiator der Studie: "Mit dem Ansatz könnte man natürlich genauso gut zum Beispiel in Obdachlosenheimen, Asylunterkünften, Alters- und Pflegeheimen niederschwellig testen."
Auch wenn es aktuell wenige Covid-19-Fälle in Österreich gebe, müsse weiter verstärkt getestet werden, um ein erneutes Aufflammen der Ausbreitung rechtzeitig zu erkennen, betonte Wagner. "Es hat keinen Sinn jetzt weniger zu tun, nur weil die Prävalenz niedriger ist. Wir müssen ja eine zweite Welle rechtzeitig erkennen und dann verhindern."