Science

Hobby-Mathematiker lösen 300 Jahre altes Geometrie-Rätsel

Ist es möglich, ein Loch in einen Würfel zu bohren, sodass ein gleich großer Würfel dadurch hindurchpasst? Diese Frage stellte sich schon Prinz Ruprecht von der Pfalz im 17. Jahrhundert und wettete, dass es möglich sei.

Prinz Ruprecht (auf Englisch Rupert) hatte recht. 1693 wurde mathematisch bewiesen, dass es Formen gab, die so aufgebaut sind, dass dieselbe Form einmal durch sie hindurchpasst. Dazu muss man die Formen in einem bestimmten Winkel zueinander halten, damit das auch gelingt. Im Video ist das anschaulich gezeigt.

Das funktioniert zudem nicht nur mit Würfeln. Auch geometrische Körper wie Tetraeder (etwa eine Pyramide mit einem Dreieck als Grundfläche) und Oktaeder (etwa eine Viereck-Doppelpyramide) haben diese "Ruprecht-Eigenschaft", wie sie in der Mathematik genannt wird.

Ruprecht-Eigenschaft überall?

In den vergangenen Jahrzehnten kamen immer mehr geometrische Körper hinzu, wie Dodekaeder (12 Seitenflächen) und Ikosaeder (20 Seitenflächen). Die Annahme war daher, dass jeder konvexe Polyeder, also jedes Objekt mit flachen Seiten und ohne Vorsprünge oder Vertiefungen, auch die Ruprecht-Eigenschaft besitzt. Hier 26 Beispiele:

Die beiden Wiener Amateur-Mathematiker Jakob Steininger und Sergey Yurkevich konnten die Vermutung nun aber widerlegen, indem sie ein Gegenbeispiel fanden - einen Körper, der nicht durch sich selbst hindurchpasst. 18 Millionen mögliche Objekte ließen sie vom Computer untersuchen, bis er einen geeigneten ausspuckte: einen Noperteder (Wortspiel mit dem Namen Rupert und "no"). Der Körper besteht aus 150 Dreiecken und 2 15-Ecken oben und unten, wie eine stylische Vase.

Weitere Kandidaten

Doch auch andere Forscher sind auf der Suche nach möglichen Nopertedern. Ein heißer Kandidat ist der Rhombikosidodekaeder, ein kugelähnliches Gebilde, das aus 62 gleichmäßigen Dreiecken, Quadraten und Fünfecken aufgebaut ist. 

Computer bissen sich an ihm bislang die Zähne aus, wenn es darum ging, einen Weg zu finden, einen zweiten Rhombikosidodekaeder durch ihn hindurchzupressen. Doch das bedeutet noch nicht, dass es keinen Lösungsweg gibt. 

Eigenen Algorithmus entwickelt

Steininger und Yurkevich konnten allerdings durch die Entwicklung eines neuen Algorithmus mathematisch beweisen, dass ihr Noperteder auch wirklich ein solcher ist. Die Erkenntnisse könnten nun helfen, weitere potenzielle Noperteder zu überprüfen. 

Die einstige Idee von Prinz Ruprecht von der Pfalz beschäftigt Mathematiker also weiterhin. Dieser war seinerzeit ohnehin sehr wissenschaftsinteressiert und entwickelte verschiedene Arten von Schießpulver und eine neue Messinglegierung für Kanonen. Auch der "Prinz-Rupert-Tropfen" ist nach ihm benannt. 

Ruprecht erkannte nämlich, dass sich schnell abkühlende Glastropfen (auch als Bologneser Tränen bekannt) ungewöhnlich verhielten und sogar Hammerschlägen ohne Probleme standhielten, aber sofort zerbrachen, wenn man ihren Schwanz abbricht. Wieso das so ist, wurde ebenfalls erst in den 2010er-Jahren gelüftet. 

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Marcel Strobl

marcel_stro

Ich interessiere mich vor allem für Klima- und Wissenschaftsthemen. Aber auch das ein oder andere Gadget kann mich entzücken.

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