Netzpolitik

Entscheidung über Auslieferung von Julian Assange in die USA erwartet

Im Verfahren um den US-Auslieferungsantrag für Wikileaks-Gründer Julian Assange vor einem Londoner Gericht wird am Montag mit einer Entscheidung gerechnet. Der 49-Jährige sitzt derzeit im Hochsicherheitsgefängnis Belmarsh im Südosten der britischen Hauptstadt. Im Falle einer Auslieferung und einer anschließenden Verurteilung drohen ihm in Amerika bis zu 175 Jahre Haft.

Berufung erwartet

Die Anhörung des Westminster Magistrate Courts findet im Gebäude des Strafgerichts Old Bailey in London statt und soll um 11.00 Uhr (MEZ) beginnen. Erwartet wird, dass beide Seiten im Falle einer Niederlage Berufung einlegen werden. Nach einer weiteren Instanz könnte das Verfahren vor den britischen Supreme Court gehen und schließlich den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte in Straßburg beschäftigen.

Die US-Justiz wirft dem gebürtigen Australier Assange vor, gemeinsam mit der Whistleblowerin Chelsea Manning - damals Bradley Manning - geheimes Material von US-Militäreinsätzen im Irak und in Afghanistan gestohlen und veröffentlicht zu haben. Der 49-Jährige habe damit das Leben von US-Informanten in Gefahr gebracht, so der Vorwurf. Seine Unterstützer sehen in ihm hingegen einen investigativen Journalisten, der Kriegsverbrechen ans Licht gebracht hat.

"Kein faires Verfahren"

Der UN-Sonderberichterstatter für Folter, Nils Melzer, sieht in dem Prozess in London kein faires Verfahren. „Was wir sehen, ist, dass die Briten Julian Assange systematisch seiner grundlegenden Rechte berauben, seine Verteidigung vorzubereiten, Zugang zu seinen Anwälten und zu rechtlichen Dokumenten zu haben“, sagte der Schweizer der Deutschen Welle.

Die Organisation Reporter ohne Grenzen fordert die sofortige Freilassung des Wikileaks-Gründers. „Die US-Anklage gegen Julian Assange ist eindeutig politisch motiviert“, sagte Geschäftsführer Christian Mihr am Freitag. „Die USA wollen ein Exempel statuieren und eine abschreckende Wirkung auf Medienschaffende überall auf der Welt erzielen.“

„Wenn die USA mit ihrem Auslieferungsantrag erfolgreich sind und Assange vor Gericht stellen, droht dasselbe Schicksal künftig jedem Journalisten und jeder Journalistin weltweit, die geheime Informationen von öffentlichem Interesse veröffentlichen“, sagte Mihr. „Hier stehen die Zukunft von Journalismus und Pressefreiheit weltweit auf dem Spiel.“

Hoffen auf Begnadigung

Assanges Vater, John Shipton, hofft inzwischen auf eine Begnadigung seines Sohnes durch den designierten US-Präsidenten Joe Biden. Assanges Verlobte, Stella Moris, hatte bislang vergeblich versucht, den scheidenden US-Präsidenten Donald Trump zu einer Begnadigung ihres Partners zu bewegen. Sie warnte im „Spiegel“, Assange würde unter den zu erwartenden Haftbedingungen in den USA „nicht lange überleben“ - dort erwarte ihn ein „schreckliches Vegetieren“ ohne Kontakt zur Außenwelt.

Assange hatte sich 2012 aus Furcht vor einer Auslieferung nach Schweden und von dort in die USA in die Landesvertretung Ecuadors in London gerettet. Er blieb dort bis zu seiner Festnahme im Frühjahr 2019. Ermittlungen in Schweden wegen Vergewaltigungsvorwürfen wurden später eingestellt. UN-Experte Melzer hatte sie als „konstruiert“ bezeichnet.

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