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Kindle Oasis im Test: Das Coffee-Table-E-Book

Der Kindle Oasis ist ein seltsamer E-Reader. Man weiß nicht so recht, warum man ihn brauchen sollte. Er ist mit einem Startpreis von knapp 230 Euro für die Basisversion mit 8 GB Speicher fast doppelt so teuer als andere, durchaus auch hochqualitative Geräte und hat mit der durch die Akku-Größe bedingten Keilförmigkeit einen gewöhnungsbedürftigen Formfaktor, der nicht notwendigerweise eine bessere Handhabung mit sich bringt.

Ende vergangenen Jahres hat Amazon sein 2016 erstmals präsentiertes Flaggschiff-Modell überarbeitet. Der Bildschirm des Kindle Oasis 2017 wurde von 6 auf 7 Zoll vergrößert. Aufgelöst wird ebenso wie bei den günstigeren und kleineren Modellen Paperwhite und Voyage mit 300 ppi. Der Zusatzakku ist nun nicht mehr in der Hülle verbaut, der größere Akku wurde ins Gerät integriert. Der zu Amazon gehörende Hörbuchanbieter Audible wurde tief in das Gerät integriert und wie zahlreiche Modelle der Konkurrenz ist der Kindle Oasis nun auch wasserdicht. Dass er seit kurzem auch in Gold erhältlich ist, passt nur zu gut zu dem Gerät, dass am E-Reader-Markt eine Ausnahmestellung einnimmt.

 

Bei Smartphones und auch Tablets hat sich Gold oder Rose-Gold unter kräftiger Mithilfe Apples bereits als Farbe etabliert, zu der nicht nur mehr reiche Russen oder Bling-Bling-Enthusiasten gerne greifen. Mit der für gewöhnlich kontemplativen Tätigkeit des Lesens bringt man Gold zwar nicht notwendigerweise im Zusammenhang. Auf der anderen Seite spricht auch nichts dagegen, es einmal farblich extravaganter zu versuchen.

Oberklasse

Ob in Gold oder Grafit, der Kindle Oasis, der in für E-Reader ungewöhnlich hohen Speichergrößen von 8 und 32 GB sowie wahlweise mit 3G Mobilfunk angeboten wird, zählt zweifellos zu den besten Geräten, die am Markt erhältlich sind. Die Alumnium-Abdeckung auf der Rückseite und die Front aus Glas, vermitteln einen hochwertigen Eindruck. Der größere Bildschirm sorgt für ein angenehmes Lesegefühl und man muss auch nicht mehr so oft umblättern wie bei 6-Zoll-Displays.

Das Gerät reagiert flüssig und auf den ersten Eindruck merklich schneller als etwa Amazons Mittelklassemodell Paperwhite oder dessen Konkurrenzprodukte. Die Texte bleiben auch bei starker Sonneneinstrahlung gut lesbar, die  automatische Lichtanpassung, Amazon nennt sie intelligentes Frontlicht,  funktioniert weitgehend klaglos. Lediglich beim Aufwachen aus dem Schlafzustand lässt sich der neue Oasis etwas mehr Zeit als gängige E-Reader.

 

Gewöhnungsbedürftige Form

Gewöhnungsbedürftig ist die Keilform. Das Gerät lässt sich nur mehr an der mit 8,3 Millimeter dicken, etwa drei Zentimeter breiten Ausbuchtung wirklich gut halten, ob mit der linken oder rechten Hand ist dabei ziemlich egal, da sich die Bildschirminhalte automatisch anpassen. Die auf der Vorderseite angebrachten Umblätter-Tasten unterstützen diese Halteposition. Mit einer Hand umfassen lässt sich der Kindle Oasis allerdings wegen seiner Breite von 14,1 Zentimeter allerdings nicht mehr. Auch andere Halteposition werden durch die Keilform und die glatte metallene Rückseite schwierig.

Weil der Oasis mehr als zwei Zentimeter breiter ist, als gängige E-Reader-Modelle mit 6-Zoll-Bildschirm, passt er auch nicht in jede Hosentasche.  Mit einem Gewicht von 194 Gramm ist der Oasis etwas leichter wie der Kindle Paperwhite (205 bzw. 217 Gramm), aber schwerer als der Kindle Voyage (180 Gramm).

 

Audiobooks von Audible

Die Integration des ebenfalls zu Amazon gehörenden Hörbuch-Dienstes Audible in das Gerät bietet interessante Kombinationsmöglichkeiten zwischen Text- und Audio-Büchern. So kann man etwa zwischen dem Lesen am Frühstückstisch nahtlos zum Hören in der U-Bahn wechseln, da die Lesepositionen über Text- und Audio-Version hinweg gespeichert und aufeinander abgestimmt werden. Die Hörbücher werden in Kombination mit E-Books bei Amazon vergünstigt abgegeben. Wer allerdings auf dem Gerät Audiobooks hören will, die nicht bei Audible gekauft wurden, hat Pech. Sie können auf dem Oasis nicht abgespielt werden. Befremdlich ist außerdem der massive Einsatz von Digital Rights Management (DRM) bei den Audiobooks.

Ein Kopfhöreranschluss findet sich ebenso wie bei vielen neuen Smartphone-Modellen etwa von Apple oder Samsung im Kindle Oasis nicht. Gehört werden können die Audiobooks nur über Bluetooth-Kopfhörer oder -Lautsprecher. Das Gerät selbst verfügt über keinen Lautsprecher.

Fazit

Der Kindle Oasis ist so etwas wie ein Coffee-Table-E-Book. Die Optik ist ansprechend, technisch gibt er sich kaum Blößen und der 7-Zoll-Bildschirm hat durchaus Vorteile. In die Hosentasche passt das Gerät aber nicht. Mit 230 Euro für die Basisversion und 320 Euro für die 32GB-Variante mit 3G Mobilfunk ist das Gerät unverhältnismäßig teuer. Ob man den Akku alle vier oder sechs Wochen aufladen muss, ist vielen Nutzern wahrscheinlich egal. Der größere Bildschirm ist zwar nett, rechtfertigt den Preis aber nicht wirklich. Die Wasserdichte mag für Badewannen- oder Strandleser ein Grund sein, das Gerät zu kaufen. Wasserdichte E-Reader kann man aber auch billiger bekommen, etwa beim Konkurrenten Kobo/Tolino.

Bleiben die Hörbücher. Damit ist man allerdings - wie auch bei den E-Books - an Amazon, bzw. dessen Tochter Audible gebunden. Ein "walled garden" mehr. Wem das nichts ausmacht und wer gerne Hörbücher hört bzw. zwischen E- und Audio-Books wechselt, ist mit dem Gerät wahrscheinlich gut bedient. Es würde allerdings auch nicht überraschen, wenn die Audible-Hörbucher auch bald auf anderen Kindle-Readern Einzug halten.

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Patrick Dax

pdax

Kommt aus dem Team der “alten” ORF-Futurezone. Beschäftigt sich schwerpunktmäßig mit Innovationen, Start-ups, Urheberrecht, Netzpolitik und Medien. Kinder und Tiere behandelt er gut.

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