Drosten bleibt bei Aussage: Kinder genauso ansteckend
In einer überarbeiteten Fassung seiner Studie zur SARS-CoV-2-Infektiosität von Kindern hält das Forscherteam um den Berliner Virologen Christian Drosten (Charite) an seiner grundlegenden Aussage fest. Es gebe keine Hinweise dafür, dass Kinder nicht genauso ansteckend seien wie Erwachsene, heißt es in der aktualisierten Version der Studie.
Auch diese Version der wissenschaftlichen Untersuchung ist noch nicht nach Peer Review in einem Fachjournal erschienen, sondern wurde als sogenannter Preprint veröffentlicht. Ein erster Entwurf der Untersuchung war Ende April veröffentlicht worden und hatte Kritik und teils heftige Auseinandersetzungen nach sich gezogen.
Die Ergebnisse bleiben dieselben
Die Aussage bereits damals: Kinder tragen eine ebenso hohe Viruslast wie Erwachsene - und sind mithin vermutlich genauso ansteckend. Die Forscher hatten aufgrund dieser Ergebnisse vor einer uneingeschränkten Öffnung von Schulen und Kindergärten in Deutschland gewarnt. In der neuen Fassung heißt es dazu: "Die uneingeschränkte Öffnung dieser Einrichtungen sollte sorgfältig mithilfe von vorbeugenden diagnostischen Tests überwacht werden."
Kritik hatte es vor allem an der statistischen Auswertung der Daten gegeben. Die angewandten Methoden seien nicht geeignet, hieß es von Wissenschaftlern unter anderem. Allerdings hatten die Kritiker später betont, dass solche Diskussionen in der Wissenschaft normal seien und Kritik an der Methode nicht zwangsläufig das Ergebnis infrage stelle.
Drosten räumte ein, die statistischen Methoden seien eher grob gewesen, hielt aber an der Aussage der Studie fest. Im Rahmen der Diskussion war es auch zu einer heftigen medialen Auseinandersetzung zwischen Drosten und der deutschen Bild-Zeitung gekommen.
Nun besser aufgearbeitet
"In der neuen Version der Studie werden die Kommentare, die es zur statistischen Analyse der ersten Fassung gab, aus meiner Sicht überzeugend eingearbeitet", urteilt Christoph Rothe, Statistiker von der Universität Mannheim nach einer ersten Durchsicht der überarbeiteten Ergebnisse. Er gehörte zu den Forschern, welche die statistischen Methoden in der ursprünglichen Analyse kritisiert hatten.
Der Statistiker Dominik Liebl von der Uni Bonn, der sich ebenfalls mit der ersten Version der Drosten-Studie auseinandergesetzt hatte, schrieb, der methodische Teil der statistischen Analyse in der neuen Version sei aus seiner Sicht deutlich verbessert worden. Liebl ergänzte: "Auch die neue Version des Preprints wird sicherlich weiterhin in der Wissenschaft diskutiert werden, und dies ist auch gut so."
Kinder genauso ansteckend
In der vorgestellten Überarbeitung hat das Team die Daten von insgesamt 3.303 Sars-CoV-2-Infizierten analysiert. Sie fanden demnach bei 29 Prozent der Kinder (0 bis 6 Jahren), bei 37 Prozent der Kinder zwischen 0 und 19 Jahren sowie bei 51 Prozent der über 20-Jährigen eine Virusmenge, die für eine Ansteckung wahrscheinlich ausreichend ist. Die Unterschiede zwischen den Gruppen könnten auch auf unterschiedliche Anwendung der Tests zurückzuführen sein.
"Wir schlussfolgern, dass ein erheblicher Anteil infizierter Personen aller Altersgruppen - auch unter denen mit keinen oder milden Symptomen - eine Viruslast trägt, die wahrscheinlich Infektiosität bedeutet", heißt es in der Untersuchung. Es handelt allerdings um rein virologische Befunde, die beispielsweise nichts über die Verhaltensweisen von Kindern und Jugendlichen aussagen. Letztere sind ebenso entscheidend für die Infektiosität.