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500 statt 25 E-Autos auf brennendem Frachter

Das Feuer auf dem Autofrachter in der Nordsee schwächt zwar langsam ab, das Ausmaß und die Folgen des Brandes könnten aber schlimmer als gedacht sein. Auch am 3. Tag gibt es noch keine Aussicht auf eine Bergung der "Fremantle Highway". Die Lage sei aber stabil, sagte eine Sprecherin der Küstenwache am Freitag. Der Brand habe nachgelassen, und die Temperatur sei gesunken. Doch noch immer könnten Bergungsspezialist*innen nicht an Bord, und auch die Gefahr einer Umweltkatastrophe sei nicht gebannt.

Auf dem Schiff seien 3.783 Neuwagen, darunter 498 Elektroautos, teilte der japanische Reeder K-Line am Freitag mit, der das 199 Meter lange Schiff gechartert hat. Zuvor hatte es geheißen, es seien 2.857 Autos an Bord, darunter 25 E-Autos. Die niederländische Küstenwache erklärte, die Ursache des am Dienstagabend ausgebrochenen Feuers auf dem vor der niederländischen Küste liegenden Frachter sei noch unklar. Laut einer vom Sender RTL veröffentlichten Aufnahme eines Notrufs soll vermutlich ein in Brand geratener Akku eines E-Auto das Feuer ausgelöst haben.

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Schwierig zu löschen

Unklar ist, was die hohe Zahl an E-Autos für die Entwicklung des Feuers bedeutet. Elektroautos gelten zwar nicht als brandgefährdeter, aber wegen ihrer Akkus als schwieriger zu löschen. Die Lithium-Ionen-Batterien von E-Autos brennen mit der doppelten Energie eines normalen Feuers.

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Das Feuer hat am Freitag nach Informationen der Küstenwache nachgelassen. Auch die Temperatur sei gesunken, sagte eine Sprecherin der Küstenwache. Der Frachter liege nun stabil etwa 17 Kilometer im Norden der Wattenmeerinsel Terschelling. Über eine Notverbindung zu einem Schlepper werde das Schiff auf der Position gehalten.

Ein Toter, 7 Verletzte

Die "Fremantle Highway" war in der Nacht auf Mittwoch vor der benachbarten Insel Ameland in Brand geraten. Bei dem Brand kam ein Besatzungsmitglied ums Leben. 7 Besatzungsmitglieder verletzten sich, als sie über Bord sprangen. Die übrigen wurden per Hubschrauber in Sicherheit gebracht. Am Donnerstag war das brennende Schiff leicht nach Westen bis auf die Höhe von Terschelling abgedriftet.

Löscharbeiten sind der Küstenwache zufolge weiterhin schwierig. Am Vormittag sollte ein Flugzeug der Küstenwache Aufnahmen machen und die Temperatur erneut kontrollieren. Experten des Bergungsunternehmens wollten einen Plan erstellen, auf welche Weise das Schiff abzuschleppen sein könnte.

"Umweltkatastrophe ist jetzt schon da"

Befürchtet wird eine Umweltkatastrophe im besonders geschützten Wattenmeer, sollte der Frachter sinken, kentern oder auseinanderbrechen. Direkt bei der "Fremantle Highway" liegt bereits vorsorglich ein Spezialschiff zur Räumung von Schweröl. Nach Einschätzung eines Experten ist wegen des brennenden Frachters in der Nordsee bereits verunreinigtes Wasser in das Meer gelangt.

Kim Detloff, beim Naturschutzbund (Nabu) zuständig für Meeresschutz, sagte NDR Info: "Tatsächlich ist die Umweltkatastrophe jetzt schon da." Es gebe bereits kontaminiertes Lösch- und Kühlwasser. Detloff zufolge verbrennen Schadstoffe, Giftstoffe, Schwermetalle, Kunststoffe, Batterien und Öl. "Und diese Bestandteile gelangen schon jetzt über das Kühlwasser ins Ökosystem, so dass es lokal zu Verunreinigungen kommt", sagte Detloff. Das sei jedoch kein Vergleich zu dem, was drohe, wenn das Schiff sinken sollte.

Nach Einschätzung von Detloff gibt es zurzeit für die Einsatzkräfte 3 Optionen: Sie können das Schiff brennen lassen und hoffen, dass das Feuer schwächer wird. Der Frachter könne zu einem Nothafen geschleppt werden, dann gingen Löschmannschaften gegebenenfalls an Bord. Oder man lasse das Schiff gezielt auf Grund laufen, sollte es sinken. Gegenwärtig versuche man, es weiter raus auf See zu schleppen und vom Wattenmeer zu entfernen. Das sei eine Möglichkeit, um Zeit zu gewinnen.

Feuer auf Schiffen schwer zu bändigen

Die Bekämpfung von Bränden auf Schiffen ist laut Feuerwehr besonders schwierig. Dabei kämen mehrere Faktoren zusammen, sagte der Leiter der Spezialeinsatzgruppe Schiffssicherung der Hamburger Feuerwehr, Dirk Flocke. Man habe es immer mit Metallen zu tun, die eine hohe Wärmeleitfähigkeit haben, heiße Luft und Rauchgase könnten kaum abziehen, die Gänge seien eng und in Schiffen gebe es gefährliche Stoffe. Hinzu komme die Ladung. "Es ist immer eng, es ist immer heiß."

Flocke sagte, die Besatzung von Schiffen habe zwar eine kleine Brandschutzausbildung. Mit der zur Verfügung stehenden Ausrüstung habe die Besatzung aber nur bei Entstehungsbränden die Chance, erfolgreich zu löschen. "Die kommen dann sehr schnell an ihre Grenzen." Ein Autotransporter sei bei einem Brand besonders problematisch. Die Decks seien dicht an dicht mit Fahrzeugen vollgestellt. Da könne man mit einem Schlauch nicht zum Brandherd vordringen. Die Frage, ob Elektroautos beteiligt sind, sei in so einem Fall nicht mehr von Bedeutung.

Von außen werde versucht, mit Wasser den Schiffsrumpf zu kühlen, um die Festigkeit des Stahls so weit wie möglich zu erhalten. "Man möchte das Schiff auf jeden Fall in einem Zustand halten, dass es relativ stabil weiter schwimmt." Das Feuer könne so aber nicht gelöscht werden. Beim Löschen von Schiffen müsse grundsätzlich auch darauf geachtet werden, nicht zu viel Wasser hineinzupumpen, weil das zu Stabilitätsproblemen führen könne.

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