Corona-Krise: Finnland setzt auf Influencer
Auf Social-Media-Plattformen häufen sich Falschmeldungen zum neuartigen Coronavirus. Alleine auf Twitter sollen laut Medienberichten zwei Millionen Fake News dazu in Umlauf sein. Die Plattformen arbeiten im Kampf dagegen unterschiedlich: Facebook zum Beispiel lässt Corona-Falschmeldungen per Algorithmus ausblenden, sodass diese in den Timelines gar nicht erst aufscheinen.
Finnland macht sich soziale Netzwerke nun sogar zunutze. Das Land sieht sich laut Politico als einziges weltweit, das Social Media als ausschlaggebenden Informationsvermittler klassifiziert. Genau genommen will die Politik Influencer dazu bewegen, Informationen zu teilen. Helsinki hat sie als „entscheidende Akteure“ für die Gesellschaft während der Corona-Krise bezeichnet. Sie teilen sich das Podest sogar mit Ärzten, Busfahrern oder Lebensmittelverkäufern.
„Wir sind uns bewusst, dass Informationen der Regierung nicht alle erreichen. Das war früher über traditionelle Medien wie Fernsehen möglich, aber heute kommen besonders junge Menschen zu ihren Nachrichten über Social Media“, sagt Aapo Riihimäki, Kommunikationsexperte im Amt der finnischen Premierministerin.
"Sehr wertvoll"
Die finnische Regierung, die nationale Notversorgungsagentur sowie die Influencer-Beratungsagentur Ping Helsinki arbeiten bei der Informationsverbreitung zusammen. „Wenn wir einen Studenten mit etwa 1.000 Followern dazu bringen, Informationen zu teilen, ist das auch sehr wertvoll“, sagt Inna-Pirijetta Lahti von Ping.
Das Vorgehen sieht dabei wie folgt aus: Die Agentur bearbeitet die Benachrichtigungen der Regierung so, dass sie Social-Media-freundlich werden. In Folge werden diese an etwa 1.500 Influencer weitergeleitet. Die nehmen an diesem Projekt freiwillig und unbezahlt teil, dürfen die Inhalte also verwenden, müssen aber nicht. Die Bilder dürfen sie selbst wählen. Wichtig sei eben nur, dass Fakten-basierte Informationen geteilt werden.
Eine dieser finnischen Influencer ist Inari Fernández mit rund 100.000 Followern auf YouTube. Sie sieht diese Aufgabe als Ehre an.
Autorität und Seriosität wesentlich
„Die Reichweite, die die einzelnen Influencer haben, kann man natürlich nutzen, um wichtige Botschaften zu transportieren“, sagt Social-Media- und Kommunikationsexperte Günter Exel im futurezone-Gespräch. Denn besonders in dieser Zeit sei es wichtig, eine möglichst hohe Reichweite zu bekommen. So können mehrere Stimmen aus verschiedenen Richtungen sich gegenseitig unterstützen.
Exel begrüßt Finnlands Vorgehen – ausschlaggebend dabei seien Autorität und Seriosität der Influencer. Jene, die es schon vor der Krise es geschafft haben, diese Qualitäten aufzubauen, werden laut Exel gerade in diesen Zeiten dringender benötigt. „Sie haben jetzt durchaus eine Funktion, um für ihr Zielpublikum Ansätze zu liefern, wie man gut durch diese Zeit des Stillstands kommt“, erklärt der Experte.
Große Einflusskraft
Als Beispiel nennt er die Reisebranche, die vom Coronavirus am meisten betroffen ist und aktuell ums Überleben kämpft. Influencer hätten alleine hier große Einflusskraft, indem sie unter anderem Archivmaterial aufarbeiten oder neu verwenden und so Inspirationen für Reisen in der Zukunft schaffen. Für die Struktur und das Geschäft der Reisebranche spielen sie damit eine bedeutende Rolle, weil sie mit ihren Botschaften die Branche gut unterstützen können.
In Österreich zählt ihm zufolge vor allem Daria Daria, die sich besonders für ein nachhaltiges Leben engagiert, zu den einflussreichsten Influencern und könnte in ihrer Kommunikation zur Weiterverbreitung von Nachrichten beitragen.
Auch die erfolgreichen Influencerinnen Tina Neumann und Joanna Zhou zeigen sich in ihren Storys oder auf ihren Profilen mit Masken.