Netzpolitik

Korruption: Grüne fordern Gläsernen Staat

"Wir wollen eine echte Systemänderung, eine Revolution", sagt Albert Steinhauser, Justizsprecher der Grünen, am Freitag im Rahmen einer Pressekonferenz in Wien. Gemeint ist damit ein weiterer Schritt in Richtung Korruptionsbekämpfung: Die Grünen wollen ein Informationsfreiheitsgesetz anstelle des bisherigen Amtsgeheimnisses. "Schon im GRECO-Bericht 2008 ist Österreich für sein Amtsgeheimnis international kritisiert worden", so Steinhauser. Daher sei es nun höchste Zeit, den Zugang zu öffentlicher Information für die Bürger zu verbessern. "Es muss ein neues Verhältnis zwischen Bürgern und Staat geschaffen werden."

Weg vom Amtsgeheimnis
Informationsfreiheit, so die Grünen, ist ein demokratisches Kontroll- und Mitgestaltungsrecht für alle Bürger. Bisher fehle es oft an Transparenz und Bürgernähe in der Verwaltung, woraus sich ein Demokratiedefizit ergebe. Informationen öffentlicher Stellen gehörten der Allgemeinheit und sollten deshalb auch öffentlich zugänglich sein. Auch von finanzieller Seite sei dies zu begründen: Das Geld, das öffentliche Stellen verwalten und Investieren, gehöre schließlich den Bürgen.

"Wir brauchen das Prinzip des Gläsernen Staats als Grundrecht", sagt Steinhauser. Denn das Amtsgeheimnis habe in Österreich nur eine einzige Funktion: Behörden vor Bürgern zu schützen. "Wir wollen es also umdrehen, grundsätzlich sollen alle Informationen öffentlich zugänglich sein", so der Justizsprecher, der dabei aber auch darauf verweist, dass dies mit den notwendigen Ausnahmen zu geschehen habe. Etwa, wenn es um Strafverfahren, Opferschutz, Redaktions- oder Betriebsgeheimnisse gehe. Auch der Datenschutz sei dabei selbstverständlich einzuhalten und personenbezogene Daten gegebenenfalls zu schwärzen bzw. zu anonymisieren.

Prinzipien des Gläsernen Staats
Als Vorbilder nennen die Grünen skandinavische Länder, das Hamburger Amtsgesetz, das im vergangenen Jahr umgesetzt wurde, aber ebenso die USA, wo der "Freedom of Information Act" (FOIA) bereits seit 50 Jahren gilt. Als Grundprinzip muss laut den Grünen gelten: Gläserner Staat statt Gläserner Bürger. Dabei verweist die Partei auf die Pflicht, Informationen unaufgefordert bereitzustellen (Veröffentlichungspflicht), ebenso wie auf die Pflicht, Informationen auf Antrag bereitszustellen (Auskunftspflicht).

"Was wir vorschlagen, ist natürlich ein Systemwechsel", sagt auch Daniela Musiol, Verfassungs- und demokratiepolitische Sprecherin der Grünen. Andererseits sei diese Form von Transparenz in anderen Ländern eben schon lange Zeit Normalität. "Heute ist es oft so, dass Anfragen auf Auskunft nur unzureichend oder gar nicht beantwortet werden", kritisiert Musiol. Dem müsse entgegengetreten werden. Daher fordern die Grünen auch die entsprechenden Rechtsmittel, um die Auskunftspflicht auch durchsetzbar zu machen.

Werde dem Informationsanspruch nach dem Informationsfreiheitsgesetz nicht hinreichend nachgekommen, so könnten dagegen bei den zuständigen Verwaltungsgerichten Beschwerden eingebracht werden. Da die Verfahren oft zeit- und kostenintensiv sind, sollten Bürger bei Datenschutzbeauftragten abklären lassen, inwieweit die Weigerung der Informationsweitergabe erfolgte.

Open Data
Ein wesentlicher Teil des Informationsfreiheitsgesetzes soll Open Data sein. "Unser Verständnis von Open Data ist ein sehr weitreichendes", so Marco Schreuder, netzpolitischer Sprecher der Grünen, im Rahmen der Pressekonferenz. Es soll demnach verschiedenste Bereiche umfassen, von Geodaten bis hin zu medizinischen (anonymisierten) Statistiken. "Wir sehen das als großen Schub für die Demokratie", sagt Schreuder, der sich in einem Kommentar für die futurezone für Open Data zur Korruptionsbekämpfung ausgesprochen hat.

Die frei zugänglichen Daten sollen sowohl Journalisten, Wissenschaft und NGOS dienen als auch innerhalb der Bürokratie zu Verbesserungen führen. Letztlich sieht Schreuder Open Data aber auch als einen großen Nutzen für die Wirtschaft. "Start-ups etwa können darauf zurückgreifen und spannende Smartphone-Applikationen entwickeln." Wichtig sei dabei jedenfalls, dass die Daten in lesbarer Form zur Verfügung gestellt werden. Sicher sei im Rahmen einer solchen Veränderung auch mit einem Kulturbruch zu rechnen, räumt Schreuder ein. "Daten etwa, die jetzt zum Beispiel exklusiv an bestimmte Verlage weitergegeben werden, würden dann der gesamten Öffentlichkeit zur Verfügung stehen."

Langer Weg
Die Pläne der Grünen sind aus jetziger Sicht ambitioniert. So machen sich Bürgerinitiativen wie zum Beispiel die Plattform Transparenzgesetz.at schon länger für dieselbe Sache stark, bei den anderen politischen Fraktionen, insbesondere den Regierungsparteien, sei bisher aber wenig Zustimmung signalisiert worden. "Wir müssen jetzt einmal Aufmerksamkeit für unser Anliegen im Parlament schaffen", sagt Justizsprecher Steinhauser. Es werde auch einen entsprechenden Antrag dazu im Parlament geben. "Es wird ein langer Weg, aber wir werden ihn gehen", so Steinhauser.

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Claudia Zettel

ClaudiaZettel

futurezone-Chefredakteurin, Feministin, Musik-Liebhaberin und Katzen-Verehrerin. Im Zweifel für den Zweifel.

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