Forscherinnen analysieren Schulsozialarbeit
Schulsozialarbeit bietet Kindern und Jugendlichen Hilfestellungen im Entwicklungsprozess, um Gewalt, Mobbing oder Schulabbruch hintanzuhalten und Schulerfolg sicherzustellen. Sie arbeitet direkt in der Schule, aber auch im Lebensumfeld der Schüler und Schülerinnen. Schulsozialarbeit hat in österreichischen Schulen mittlerweile einen fixen Stellenwert, ist aber regional nicht einheitlich organsiert oder flächendeckend vorhanden. Die Bundesländer und über 20 Trägerorganisationen leisten wertvolle Arbeit, die von der Öffentlichkeit aber so nicht immer wahrgenommen wird.
An der FH Campus Wien wurde deshalb die Professionalisierung der heimischen Schulsozialarbeit untersucht, also der Weg der Entwicklung von einer ausgeübten Tätigkeit zu einem eigenständigen Beruf. Die Studie ist Teil eines fortlaufenden Projekts, das die Diskussion um das Thema mit Daten unterfüttern soll. “Wir haben ein systematisches Modell entwickelt und damit Schulsozialarbeit in unterschiedlichen Ländern analysiert. Das Modell wurde auch auf Österreich angewendet und soll helfen, die Schulsozialarbeit hierzulande als Profession zu etablieren“, sagt Christine Würfl von der FH Campus Wien.
Später Start
In Österreich startet dieser Professionalisierungsprozess vergleichsweise spät. Entsprechende Debatten wurden etwa in Deutschland, wo auch schon eine erste spezialisierte Hochschule für Schulsozialarbeit angeboten wird, schon in den 90er-Jahren geführt. In Österreich gab es lange Zeit einen Fleckenteppich aus punktuellen Maßnahmen. “Das Thema kam immer dann auf, wenn es politisch gerade opportun war. In den vergangenen Jahren ist aber viel passiert, auch weil das Bildungsministerium 2010 eine koordinierende Rolle übernommen hat. Ein einheitliches Berufsbild, wie z.B. in den USA, gibt es aber bei uns noch nicht”, sagt Würfl. Die soziale Unterstützung von Schulen wird derzeit nicht nur von verschiedenen öffentlichen und privat organisierten Trägervereinen geleistet, sondern Schulsozialarbeit muss sich auch in der Schule gegenüber den bereits etablierten Angeboten und Berufsgruppen behaupten.
Das liegt auch an fehlenden Weiterbildungsoptionen, wie sie z.B. in den skandinavischen Ländern vorzufinden sind. Dezidierte Lehrgänge existieren derzeit in Österreich nicht und auch das Spezialisierungsangebot an den Studiengängen für Soziale Arbeit ist ausbaufähig. “Die Schule wird hier vergleichsweise wenig thematisiert, obwohl sie mit der Ausbildungspflicht bis 18 einen großen Teil des Lebens für Familien und junge Menschen einnimmt”, sagt die andere Studienautorin Barbara Schörner.
Aber auch die Frage, was Schulsozialarbeit eigentlich leisten soll, wird unterschiedlich beantwortet. “In Österreich steht oft der Kinderschutz im Mittelpunkt. International sind auch Themen wie Kinderrechte, Bildungsentfaltung und mögliche Benachteiligungen stärker im Fokus. Zudem stellt sich grundsätzlich die Frage, ob Schulsozialarbeit eher präventiv ausgerichtet werden oder als eine Art Feuerwehr an sogenannten Brennpunktschulen zum Einsatz kommen soll. Das ist am Ende oft auch eine finanzielle Frage”, erklärt Schörner.
Gesellschaft gefordert
Bei einem Treffen zwischen Ministerium, Ländern und Trägerorganisationen haben die beiden Forscherinnen bereits erste Empfehlungen, die aus ihrer Arbeit abgeleitet werden können, abgegeben. Die Installierung einer Ausbildung und ein über den reinen Kinderschutz hinausgehendes Berufsverständnis waren unter den Vorschlägen. Das Ministerium hat auch ein Bekenntnis zur Schulsozialarbeit abgegeben. Einige Bundesländer und Trägerorganisationen setzen eher auf Prävention, etwa durch die Arbeit in Volksschulen. Im neuen Regierungsprogramm hingegen geht es um den bedarfsgerechten Einsatz an Schulen auf Basis einheitlicher Standards.
Der Wert einer guten Schulsozialarbeit ist den Schulen mittlerweile bewusst, es braucht jedoch noch an gesellschaftlicher Resonanz. Gerade jetzt, wo Schule und Bildungsagenden diskutiert und neu strukturiert werden, ist es wichtig, das Berufsprofil von Schulsozialarbeit zu schärfen und ihre wichtige Unterstützungsleistung standortspezifisch auszubauen, sagen die beiden Forscherinnen.
Dieser Artikel ist im Rahmen einer Kooperation zwischen futurezone und FH Campus Wien entstanden.