Science

Wiener Forscher auf der Spur von Abläufen im Erdinneren

Durch den extremen Druck im Inneren der Erde kommt es dort zu Veränderungen, mit deren exakter Beschreibung sich Forscher bisher schwertaten. Wiener Wissenschafter haben nun eine Theorie entwickelt, mit der sich diese Abläufe und damit der innere Aufbau der Erde besser beschreiben lassen. Das legen jedenfalls Berechnungen nahe, über die die Forscher im Fachblatt "Physical Review X" berichten. Unter hohem Druck und bei hohen Temperaturen kommt es im Aufbau von Materialien zu Veränderungen, die dazu führen, dass sich ihre physikalischen Eigenschaften ändern. Diese sogenannten Hochdruckphasenübergänge seien einerseits vergleichbar mit dem Übergang zwischen Eis und Wasser. "Es ändert sich die Phase selbst, von fest auf flüssig", erklärte einer der Entwickler der Theorie, Wilfried Schranz, im Gespräch mit der APA. Solche Übergänge gibt es auch im Erdinneren, wo etwa der innere Eisenkern fest und der ihn umgebende äußere Eisenkern flüssig ist.

Phasenübergänge

Zudem gibt es auch Phasenübergänge bei denen sich die Struktur des Materials verändert. Wenn sich unter bestimmten äußeren Einflüssen etwa die Lage der einzelnen Atome im Atomgitter verschiebt, kann auch ein und dasselbe Material seinen Aufbau und damit seine physikalischen Eigenschaften "sehr extrem" ändern, so der Forscher von der Fakultät für Physik der Universität Wien. So können Materialien oberhalb so eines Übergangs etwa unmagnetisch sein und "beim Phasenübergang magnetisch werden". Um auf die Prozesse im Erdinneren zu schließen, sind die Forscher auf Daten zur Ausbreitung von beispielsweise bei Erdbeben entstehenden seismischen Wellen angewiesen. Die Ausbreitung der Wellen wird durch die elastischen Eigenschaften der Materialen bestimmt, durch die Phasenübergänge kommt es zu Anomalien. Bisherige Routinemethoden "unterschätzen diese Anomalien drastisch", erklärt Schranz eine der neuen Erkenntnisse. "Mit unserem Modell kann man das sehr gut beschreiben", so der Wissenschafter. Eine der Stärken sei nämlich, dass damit sowohl der Druck als auch die Temperatur berücksichtigt werden können.

Die Forscher von der Uni Wien und dem Institut für Theoretische Physik der Technischen Universität (TU) Wien haben anhand von genauen Beobachtungen an Strontiumtitanat - einem Material, dessen Eigenschaften gut bekannt sind - überprüft, wie gut ihre theoretischen Annahmen passen, heißt es in einer Aussendung der TU Wien. "Wir waren überrascht, wie gut das funktioniert hat. Das gibt uns die Hoffnung, dass wir diese Theorie auf viele Phasenübergänge anwenden können, die in der Erde auftreten", freut sich Schranz. Die Physiker wollen jetzt neue Berechnungen zu bekannten Phasenübergängen im Erdinneren anstellen. Sie hoffen nun, insgesamt ein realistischeres Bild des Aufbaues der Erde zeichnen zu können.

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