Ukraine steuert schweres Maschinengewehr mit Steam Deck
Videospiel-Controller werden schon seit Jahren eingesetzt, um Kriegsgerät zu steuern. Viele Armeen befürworten das, denn die jungen Rekruten seien mit Videospielen aufgewachsen und könnten so intuitiv Kameras, Kanonen und Drohnen steuern.
Jetzt werden verstärkt auch tragbare Spielkonsolen dafür verwendet. Ein Video zeigt, dass ukrainische Soldaten jetzt das Valve Steam Deck für den Kriegseinsatz nutzen.
In dem Video ist eine mechanisierte Lafette für ein Maschinengewehr zu sehen. Daran ist ein Kameramodul angebracht, bestehend aus Weitwinkelkamera mit Zoom, Wärmebildkamera und einem Entfernungsmesser.
Auf dem Display von Steam Deck wird das Livebild der Kamera angezeigt und ein Fadenkreuz. Mittels der Analogsticks wird die Lafette mit dem Maschinengewehr bewegt und so gezielt. Drückt man die entsprechende Taste am Steam Deck, wird geschossen.
Im Video ist zu sehen, wie der Ausbilder dem Soldaten zeigt, wohin er auf dem Touchscreen drücken soll. Welche Funktion damit gesteuert wird, ist nicht bekannt. Möglicherweise wird so ein Statusbericht der Lafette aufgerufen oder der Sicht-Modus geändert.
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Keine kabellose Steuerung
In dem Video sieht es so aus, als ob das Steam Deck per USB-C-Kabel mit dem Maschinengewehr-Turm verbunden ist. Daher kann man nicht davon ausgehen, dass die Steuerung kabellos funktioniert – allerdings könnte das USB-C-Kabel auch zu einem externen Drahtlos-Transmitter gehen.
Prinzipiell macht es Sinn, dass das System kabelgebunden ist. Dadurch kann es nicht durch Störsender blockiert werden. Außerdem gibt es dadurch eine geringere Verzögerung bei der Übertragung des Live-Bildes zum Steam Deck und umgekehrt der Steuerungseingaben vom Steam Deck zur Lafette.
Der Nachteil ist, dass der Soldat sich dann in der Nähe des Turms aufhalten muss. Es gibt USB-C-Kabel mit 10 und 25 Meter Länge. In diesem Fall könnte der Soldat in einer getarnten Bunkerstellung hocken, während der Maschinengewehr-Turm, möglichst weit seitlich oder diagonal versetzt, in einer anderen befestigen Stellung ist.
Sollte der Turm beschossen werden, etwa mit Kanonen, Granat- oder Raketenwerfern, bleibt der Soldat in seinem Versteck geschützt. Sollte der Turm durch Artillerie beschossen oder durch Luftunterstützung bombardiert werden, könnte es aber schon knapp werden mit 10 Meter Abstand.
In diesem Video aus der Ukraine sieht man, dass die Fernsteuerung eher konservativ genutzt wird. Turm und Soldat befinden sich in derselben Stellung – der Soldat steht fast direkt hinter dem Turm.
Dadurch geht zwar der Vorteil des Sicherheitsabstands verloren, dafür kann man das Maschinengewehr aber schneller nachladen, wenn es erforderlich ist. Und es ist immer noch besser, mit einem Steam Deck hinter Sandsäcken zu sitzen, als direkt am Maschinengewehr zu stehen und damit in der Schusslinie des Gegners. Außerdem ist das Zielen über das Display einfacher als die mechanische Visierung des Maschinengewehrs oder ein Rotpunktvisier zu verwenden.
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Turmsystem ShaBlya
Laut dem Video heißt das Turmsystem ShaBlya (Säbel). Die Entwicklung davon begann schon 2014, als Russland die Krim annektierte. Damals gab es noch kein Steam Deck, gezielt wurde mit Bildschirm und Joystick. Und auch westliche Waffen waren rar, weshalb es für sowjetische Waffen, wie die Maschinengewehre der PK-Reihe gedacht war.
Die Variante im aktuellen Video sind deutlich fortschrittlicher aus. Laut dem Clip kann ShaBlya mit den amerikanischen Maschinengewehren M240 und M2 genutzt werden. Es gibt aber auch Varianten, die mit dem sowjetischen PK-Maschinengewehr kompatibel sind:
Im Video mit der Steam-Deck-Steuerung ist das M2 zu sehen, das das Kaliber .50 BMG nutzt. Das Bundesheer nutzt das M2 unter der Bezeichnung ÜSMG (überschweres Maschinengewehr), die deutsche Bundeswehr nennt es Schweres Maschinengewehr M2.
Das NATO-Kaliber hat eine hohe Durchschlagskraft und ist weit verbreitet. Laut dem Video wird es im ShaBlya gegen Infanterie und leicht gepanzerte Fahrzeuge eingesetzt.
Die Reichweite wird im Video mit 5 Kilometern angegeben. Prinzipiell ist das nicht falsch: Die maximale Reichweite des M2 liegt bei 7,4 Kilometer. Als effektive Distanz auf einer Dreibein-Lafette gilt aber 2 Kilometer. Bei größeren Distanzen sinken die Präzision und die Durchschlagskraft gegen Fahrzeuge.
Steam Deck schon seit 2023 in der Ukraine im Einsatz
Das Steam Deck ist im Februar 2022 erschienen. Erste Berichte, dass es in der Ukraine zur Waffensteuerung eingesetzt wird, gab es bereits Mitte 2023. Damals war noch nicht sicher, ob es lediglich ein Experiment ist.
Dass Steam Deck jetzt vermehrt in Videos mit ShaBlya zu sehen ist, zeigt, dass die mobile Spielkonsole zum fixen Bestandteil von Kriegsgerät wurde. In einem Bericht der New York Times von Juli 2024 war außerdem zu sehen, dass ein fahrender Roboter mit Geschützturm mit einem Steam Deck ferngesteuert wurde.