Wikipedia-Gründer: Facebook ist nicht gesund für die Gesellschaft
Das auf Werbung konzentrierete Geschäftsmodell von sozialen Netwerken wie Facebook sei nicht dazu geeignet, Probleme wie Fake News und Hass-Postings in den Griff zu bekommen, sagt Wikipedia-Gründer Jimmy Wales am Montag auf der vom Medienkonzern Burda veranstalteten Innovationskonferenz DLD in München. "Es ist nicht gesund für die Gesellschaft."
Wales hatte im vergangenen Oktober das Online-Netzwerk WT.Social gestartet, das anders als Facebook ohne Werbung auskommen will und aus Spenden der Nutzer finanziert wird. 500.000 Nutzer hätten sich seither bereits angemeldet, erzählt Wales.
"Anspruchsvolle Inhalte"
Noch sei das Netzwerk recht einfach gehalten. Leute könnten Beiträge veröffentlichen, die anders als auf traditionellen Netzwerken auch von anderen bearbeitet werden könnten, erläuterte der Wikipedia-Gründer. Ziel sei es nicht, die Leute so lange wie möglich auf der Seite zu halten oder so viele Clicks wie möglich zu generieren. "Wir wollen es anders machen und anspruchsvolle Inhalte veröffentlichen."
Als Vorbild nimmt man dabei die von Wales gegründete Online-Enzyklopädie Wikipedia. Dort gebe es auch keine Clickbait-Schlagzeilen und dennoch sei die Wikipedia eines der erfolgreichsten Angebote im Netz, sagt Wales. Dieses Prinzip wolle er auch auf soziale Netzwerke übertragen. Zahlreiche Nutzer hätten bereits Geld für das Netzwerk gespendet: "Es funktioniert."
Die Leute hätten sich in den vergangenen 500 Jahren nicht verändert, meint Wales. Man müsse an der Menschheit nicht verzweifeln. Wenn man ihnen aber ein Umfeld biete, das auf die Verbreitung von fragwürdigen Inhalten optimiert sei, dann würden auch mehr davon verbreitet. Das müsse aber nicht sein. Dies werde auch für Netzwerke wie Facebook selbst zunehmend zum Problem, meint Wales: "Wenn sich die Überzeugung durchsetzt, dass dein Geschäft die westliche Zivilisation zerstört, dann ist das auch ein Problem für die Marke."
Wikipedia hat kein Fake-News-Problem
Anders als soziale Netzwerke habe die
Wikipedia mit Fake News kein Problem, sagt Wales. Desinformation werde in der Regel schnell erkannt. Was ihm aber Sorgen bereite, sei das Verschwinden von regionalen Medien. In
Huntsville, Alabama, wo er herkomme, gebe es etwa keine Lokalzeitung mehr. Das schaffe auch für die
Wikipedia Probleme. Wikipedia-Einträge über Lokalpolitik würden damit zunehmend schwierig.
Für die Zukunft des Internets ist Wales trotz Fake News und Hass-Postings optimistisch. "Es hat uns auch viel Gutes gebracht." Als er zuletzt die chinesische App TikTok heruntergeladen habe, haber er sich aber zum ersten Mal alt gefühlt, sagt Wales.