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Anstream: Das Netflix für Retro-Games im Test

Die Einführung des Digital Markets Act in der Europäischen Union hat bei Apple für viel Ärger, aber vor allem für einige Veränderungen gesorgt. Neben der Öffnung für alternative App Stores sind seitdem nämlich auch im Apple-App-Store Emulatoren zugelassen.

Eine Änderung, die Apple höchstwahrscheinlich runtergeschluckt hat, um Drittanbieter-App-Stores ein wenig an Attraktivität zu nehmen. Während Delta, RetroArch und Co. schon seit einigen Wochen verfügbar sind, hat sich nun auch das erste Game-Streaming-Angebot im App Store breit gemacht. Antstream, ein auf Retro-Games spezialisierter Anbieter, bietet seine App erstmalig auch für Apple-Geräte an.

Die Bibliothek ist aufgrund der vielen Spiele etwas unübersichtlich.

Unüberschaubare Bibliothek

Antstream ist ein Cloud-Gaming-Service, der sich auf Retro-Games spezialisiert hat. Mehr als 1.300 Spiele werden laut eigenen Angaben zur Verfügung gestellt und sollen dank Cloud immer sofort spielbar sein. Das Angebot von Anstream existiert in dieser Form bereits seit einigen Jahren unter anderem für PC, Xbox und auch Android-Geräte, der erstmalige Release für iOS hievt den Service nun erneut ins Rampenlicht. Wer mit dem Retro-Gaming loslegen möchte, muss nicht viel erledigen.

Der Download der App ist mit knapp 45 MB rasch abgeschlossen, danach müssen wir uns noch registrieren. Beim Start der App sehen wir gleich, dass Antstream ausschließlich im Querformat läuft, bequeme Einhand-Bedienung ist hier nicht möglich. Direkt nach dem Start müssen wir die Registrierung mit Mail, Username und Passwort abschließen, sonst können wir nicht einmal die Titel sehen. Danach gelangen wir direkt in die Anstream-Oberfläche. 

Hier bekommen wir Reihe für Reihe das gesamte Angebot der App präsentiert. Die Bibliothek ist für meinen Geschmack optisch etwas überladen und überfordernd. Bei Anstream hat man sich für rechteckige Kacheln mit dem jeweiligen Artwork zur Präsentation entschieden. Das führt dazu, dass immer wieder schwer zu erkennen ist, welches Game sich dahinter versteckt. Auch das Schmökern wird zur Herausforderung, verlieren wir doch recht schnell die Übersicht, was wir schon gesehen haben. 

Klassiker wie Space Invaders sind ebenfalls vertreten.

Echte Klassiker

Umso erfreulicher, vor allem für Retro-Gamer und jene, die gerne in früheren Zeiten schwelgen, sind die Titel, die es zu spielen gibt. Pac-Man, Space Invaders, Pinball oder Point-and-Clicker wie Indiana Jones and the Fate of Atlantis. Tippen wir auf das jeweilige Artwork, gibt es einen kurzen Überblick, ein nochmaliges Tippen auf den Play-Knopf zeigt uns dann alle Informationen zum jeweiligen Game.

Drücken wir dann ein drittes Mal Play, können wir nach der Auswahl des Modus das Spiel endlich beginnen. Hier gilt es noch zu wählen, ob wir Solo, gegen Freundinnen und Freunde oder gegen die Community spielen. Anstream erklärt uns dann noch, wie das jeweilige Game gespielt wird. Dazu gibt es unter anderem Erklärungen für die Steuerung per Controller- und virtuellen Knöpfen. 

Die virtuelle Steuerung ist bei manchen Games überfordernd.

Wacklige Steuerung

Mit einem wirklich letzten Tippen auf Play landen wir dann im Spiel. Pac-Man erscheint sofort auf dem Bildschirm, Ladezeiten sind kaum bemerkbar. Eine erste Runde mit den virtuellen Knöpfen lässt sich reibungslos spielen, Ruckler oder andere Probleme gibt es nicht. Nach jeder Runde verzeichnet Anstream unseren Highscore und speichert diesen. So können wir nicht nur unseren eigenen Fortschritt tracken, sondern den Score auch mir anderen vergleichen. Beim Wechsel zu Star Wars: Return of the Jedi, werden aber das erste Mal Schwächen bei der Steuerung bemerkbar. In der Erklärung werden die insgesamt sieben Knöpfe und ihre Funktionen erklärt, die dann im Spiel nur noch durch Farben unterscheidbar sind.

Alle Tasten auswendig oder gar per Muskelgedächtnis zu lernen, erscheint absurd. Hier bleibt dann lediglich der Griff zum Controller. Selbiges gilt auch für die 32-Bit-Version von Worms, welches mit einer virtuellen Maus gespielt wird. Die Maus an die gewünschte Stelle zu bringen ist fast unmöglich, da das virtuelle Pad dafür viel zu grob ist. Hier gab es zumindest die Möglichkeit, auf eine andere Konsolen-Version umzusteigen. Im Fall von Worms bietet Anstream nämlich die Versionen für SNES, Megadrive, Amiga und 32-Bit-Konsole zur Auswahl. 

Challenges und Offline-Frust

Wem das klassische Daddeln selbst bei 1.300 Titeln doch einmal langweilig wird, hat noch die Möglichkeit der Challenges. Anstream veröffentlicht immer wieder neue Herausforderungen, die oft eine alternative Herangehensweise von uns verlangen. Bei Pac-Man müssen wir beispielsweise den Highscore mit nur einem Leben erzielen, bei Worms gilt es mit unlimitierten Bananenbomben und Teleports möglichst viel Schaden in fünf Minuten anzurichten.

Während die Challenges für ordentlich Abwechslung sorgen, sollten wir diese sowie generell das Zocken mit Anstream nur bei stabiler Internetverbindung beginnen. Die App hat keinerlei Vorkehrungen gegen Aussetzer in der Internetverbindung. Bereits ein kurzer Empfangsverlust oder ein Schluckauf beim heimischen Modem unterbricht unser Spiel. Zwar wird unser Fortschritt gecached und kann direkt fortgesetzt werden, wenn das Internet wieder da ist, selbst bei Pac-Man gab es nach der Wiederherstellung aber Ruckler.

Für Zugfahrten oder dem Zocken an entlegenen Orten ist Anstream also eher nichts. Etwas eigenartig ist auch der Einsatz von Juwelen, die wir erspielen können und für Challenges sowie Mulitplayer-Games einsetzen müssen. Hier handelt es sich wohl um ein Relikt aus der Free-to-Play-Variante von Anstream, denn die iOS-Version bietet keinerlei Möglichkeit, kostenlos zu spielen. Ab 4,99 Euro pro Monat sind hier fällig, um in der Premium-Variante unbegrenzte alle Spiele spielen zu können. 

Fazit

Anstream ist eine Vorschau darauf, wie Cloud-Gaming in Zukunft auch auf iOS aussehen könnte. Die App bietet einen riesigen Katalog an Spielen, die wir mit einem Premium-Abonnement jederzeit abrufen können. Während die Retro-Games hauptsächlich für Nostalgiker interessant sein werden, bietet Anstream eine interessante Alternative zum Herunterladen und Aufspielen von ROMs für viele alte Games. Vor allem das UI und die Steuerung haben aber Verbesserungsbedarf.

Anstream Arcade ist kostenlos für iOS und Android erhältlich. Zur vollumfänglichen Nutzung ist ein Abonnement erforderlich.

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Amir Farouk

Early-Adopter. Liebt Apps und das Internet of Things. Schreibt aber auch gerne über andere Themen.

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