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Canon M50 im Test: Schöne Fotos, schlampige 4K-Videos

Das Thema Systemkameras und Canon ist bislang ein leidiges. Der Kamera-Weltmarktführer hat mehrere Jahre Firmen wie Sony, Panasonic, Olympus und Fuji den Markt überlassen und ist erst spät auf den Systemkamera-Zug aufgesprungen. Jetzt muss Canon aufholen. Denn 2017 betrug der weltweite Marktanteil von Spiegelreflex- zu Systemkameras 59:41 Prozent. 2018 werden wohl mehr System- als Spiegelreflexkameras verkauft werden.

Trotz des späten Einstiegs konnte Canon mit seinen Systemkameras Platz zwei erkämpfen, was vor allem der starken Marke zu verdanken ist. Um Platz eins zu erobern, muss jetzt aber nicht nur der Firmenschriftzug auf dem Gehäuse stimmen, sondern auch die Qualität und das Preis-Leistungs-Verhältnis. Hier setzt die Canon EOS M50 an. Sie richtet sich an Ein- und Umsteiger, bietet aber auch fortgeschrittene Features. Nur das Gehäuse kostet 590 Euro (UVP), mit 14-45mm Objektiv 710 Euro (UVP).

Gehäuse

Beim Design gibt es keine Experimente: Die M50 sieht wie eine geschrumpfte DSLR aus. Das Plastikgehäuse vermittelt einen robusten Eindruck. Der Griff erleichtert das Halten, besonders für Nutzer mit großen Händen. Diese leiden dafür aber unter den kleinen Tasten an der Rückseite. Es ist eine fummelige Angelegenheit und man muss öfters auf die Tasten schauen, weil sie zu knapp beisammen liegen, um sie intuitiv zu erfühlen.

Canon selbst dürfte sich nicht sicher gewesen sein, wie die Tasten belegt werden sollen. So gibt es etwa keine ISO-Taste. Dafür ist die ISO-Funktion aber werksseitig auf die AF/MF-Taste gelegt. Wenn Canon sowieso die ISO-Funktion für wichtiger hält als AF/MF, hätten sie auch gleich die Taste mit ISO beschriften können. Immerhin gibt es noch an der Oberseite eine konfigurierbare Taste, die sich für die Belegung mit der ISO-Funktion eignet.

An der Oberseite gibt es ein Einstellrad für Zeit und Blende. Wie bei günstigen Systemkameras üblich, gibt es kein zweites Einstellrad – im manuellen Modus wird per Tastendruck zwischen Zeit und Blende umgeschaltet. Die Auslösetaste ist etwas streng zu drücken, aber noch im akzeptablen Bereich.

Schwenkbarer Touchscreen

Um Systemkamera-Neulinge nicht zu verschrecken, bietet die M50 ein vereinfachtes Menü. Wer will kann auf das gewohnte Canon-Menü umschalten und sich, wie üblich, seitenweise durchklicken, bis man schließlich den Menüpunkt findet, den man sucht.

Die Bedienung per Touchscreen funktioniert sehr gut. Er reagiert präzise und verzögerungsfrei auf das Antippen. In vielen Situationen war es für mich komfortabler den Touchscreen als die fummeligen Vier-Wege-Tasten zu benutzen.

Der Touchscreen ist schwenk- und klappbar. Spannend für die Generation Selfie und Vlogger: Der Touchscreen kann um 180 Grad gedreht werden, um sich selbst zu sehen, wenn man vor der Kamera posiert. Aber auch als Normalfotograf kann man davon profitieren, etwa wenn man aus ungewöhnlichen Winkeln Bilder und Videos machen will.

Elektronischer Sucher

Eine kleine Schwäche des Touchscreens: Die maximale Helligkeit reicht nicht aus, damit er bei starkem Sonnenlicht nutzbar ist. Das ist bei der M50 kein allzu großes Problem, da sie einen elektronischen Sucher hat. Die Darstellung ist gut, allerdings ist der Kontrast etwas zu stark, weshalb das tatsächliche Foto manchmal deutlich von der Sucherdarstellung abweicht.

Die M50 schaltet per Sensor automatisch zwischen dem Sucher und Display um. Diese automatische Umschaltung ist ein bisschen zu scharf eingestellt. Beim Fotografieren aus ungewöhnlichen Winkeln oder bei umgehängter Kamera hat die M50 öfters das ausgeklappte Display ungewollt deaktiviert.

Wenn durch den Sucher geschaut wird, kann der Touchscreen der M50 zur Auswahl des Fokusfelds genutzt werden. Dies ist per Wischen in die Richtung oder Antippen möglich. Es kann ausgesucht werden, welcher Bereich des Touchscreens aktiv sein soll, damit man nicht unabsichtlich mit der Nase des Fokuspunkt verstellt.

Leistung

Günstige System- und Spiegelreflexkameras haben oft das Problem, dass sie etwas träge wirken. Auch die M50 hat das nicht ganz in Griff. Das Speichern und Verarbeiten von Aufnahmen und das Umschalten zwischen manchen Modi ist nicht ganz so knackig, wie etwa bei der Sony A6300. Besonders beim Aufnehmen von 4K-Videos ist das merkbar.

Dafür schafft sie zehn Bilder pro Sekunde mit fixem Autofokus und 7,4 Bilder mit kontinuierlichem Autofokus, mit den vollen 24 Megapixeln. Durch das Dual Pixel CMOS AF fokussiert die M50 sehr schnell bei guten Lichtverhältnissen. Wird es dunkel und nur ein Fokuspunkt genutzt statt ein Feld, tut sich die M50 schwerer, liefert aber immer noch merkbar bessere Ergebnisse ab, als die früheren Canon-Systemkameras.

Die M50 beherrscht WLAN, NFC und Bluetooth. Per Bluetooth können Fotos automatisch zum Smartphone übertragen werden, aber nur in reduzierter Auflösung. Die großen Bilder werden per WLAN übertragen.

Selbst wenn man diese Funktionen nicht verwendet, ist die M50 sehr energiehungrig. Canon gibt die Akkuleistung mit 235 Aufnahmen an, was realistisch ist. In meinem Test war nach 210 Fotos und drei Videos Schluss. Wer vor hat mit der M50 längere Fototouren zu machen, sollte einen Ersatzakku kaufen.

Neue Modi

Fortgeschrittene Fotografen werden sich über das unterstützte RAW-Format CR3 freuen, mit dem die Fotos bis zu 40 Prozent kleiner sind. Ist die Gesichtserkennung aktiv, kann die Augenerkennung zum Fokussieren genutzt werden, was speziell mit lichtstarken Porträtobjektiven Sinn macht. Die Belichtungsoptimierung ALO versucht bei aktiver Gesichtserkennung Glanzlichter zu verhindern. Bei den Bildstilen ist „Feindetail“ dabei, mit dem Kanten bei engmaschigen Mustern verbessert werden.

Auch ein „Leiser Modus“ hat es auf die M50 geschafft, mit dem man komplett geräuschlos fotografieren kann. Im Gegensatz zu teureren Spiegelreflex- und Systemkameras ist es bei der M50 aber ein eigener Szenen-Modus und kann dementsprechend nicht auf die manuellen und halbautomatischen Modi angewandt werden.

Bildqualität

Die Fotos der M50 sind sehr anfängerfreundlich. Sie sind kräftig mit leichter Tendenz zu warmen Farben, ohne unrealistisch zu wirken. Die Detailzeichnung ist ebenfalls gut. Allerdings gibt es wieder das leidige Problem mit dem Dynamikumfang.

In Situation mit Mischlicht geht der M50 die Puste aus und man muss über- oder unterbelichten oder im Nachhinein mit Bildbearbeitungssoftware korrigieren. Um dem Entgegenzuwirken, hat die M50 eine erweiterte Tonwertpriorität-Einstellung „D+2“. Diese hilft zwar etwas, allgemein machen Sonys aktuelle Systemkameras aber die besseren Fotos.

Der ISO-Wert ist bis zu 51.200 erweiterbar. Bis inklusive ISO 1600 kann man noch gut mit JPGs fotografieren. Ab ISO 3200 wird das Bildrauschen störend.

Objektive

Die Fotos, die ich mit der M50 gemacht habe, weisen in der 100-Prozent-Ansicht eine kleine Unschärfe auf. Dies dürfte aber nicht so sehr ein Problem mit der Kamera, sondern eher mit den Objektiven sein. Die Systemkameras von Canon nutzen das EF-M-Bajonett. Die Auswahl an EF-M-Objektiven ist derzeit überschaubar: Sieben Objektive gibt es, die sich allesamt an Einsteiger richten. Bei Sonys Systemkameras hat man mehr Auswahl und bekommt auch hochwertige Objektive.

Wer hochwertige Objektive mit der M50 nutzen will, kann von Canon einen Adapter kaufen, mit dem die EF und EF-S-Objektive genutzt werden können. Dieser kostet ca. 120 Euro. Das EF-Objektiv 50mm 1.8 gibt es um etwa 110 Euro. So bekommt man um weniger als 250 Euro ein Objektiv, dessen Qualität alle derzeit verfügbaren EF-M-Objektive aussticht. Der Nachteil: Der Adapter und die größeren EF-Objektive machen die M50 schwerer und unhandlicher. Zudem ist der Crop-Faktor zu beachten. Ein EF-50mm-Objektiv entspricht auf der M50 einer Brennweite von 80mm.

Videos

Die M50 ist die erste Canon-Kamera im Einstiegspreissegment, die 4K-Videos aufnehmen kann. Die 4K-Aufnahme muss über den Movie-Modus gestartet werden. Drückt im normalen Kamerabetrieb die dedizierte Videoaufnahme-Taste, wird nur in 1080p aufgenommen.

Im 4K-Modus kann der Dual Pixel AF nicht genutzt werden. Das heißt: Langsamerer Fokus und das bekannte Pumpen, wenn der Autofokus versucht während eines Kameraschwenks scharfzustellen. Im 4K-Modus hat die M50 zusätzlich einen Crop-Faktor von 1,6. Ist die erweiterte Bildstabilisierung aktiv, wird der Crop noch höher. Aus dem 15-45mm Kit-Objektiv wird so ein 54-162mm-Objektiv. Wer wirklich mit der M50 in 4K filmen will, wird sich also das 11-22mm-Objektiv besorgen müssen, um mit der normalen Bildstabilisierung zumindest nur auf 31-62mm zu kommen.

Die Qualität im 4K-Modus ist mäßig und kann nicht mit Sonys A6300 (mit Objektiv ab 850 Euro) mithalten. Die 4K-Aufnahmen sind weniger scharf und detailreich, noch dazu gibt es einen starken Rolling-Shutter-Effekt. Wird die erweiterte Bildstabilisation aktiviert, nimmt die Qualität noch weiter ab.

Filmt man mit der M50 in FullHD, sieht die Sache deutlich besser aus. Hier funktioniert der Dual Pixel AF, der Rolling-Shutter-Effekt ist geringer und die Videos sind scharf und detailreich.

Fazit

Die Canon M50 ist eine gute Kamera für User, die vorher nur mit dem Smartphone oder der Digicam fotografiert haben und sich bessere Bildqualität wünschen. Die Fotos der M50 sehen sehr gut aus, der Autofokus arbeitet zuverlässig und für Amateure wird die spärliche Auswahl von passenden Objektiven reichen.

Hat man den Einstieg geschafft, kann man das Anfänger-Menü der M50 deaktivieren und den klapp- und schwenkbaren Bildschirm nicht nur für Selfies, sondern auch für kreativere Bildkompositionen nutzen. Und wer sich sicher genug mit der M50 fühlt, kann mit dem Bajonett-Adapter auch die teureren und besseren Spiegelreflexkamera-Objektive verwenden.

Die 4K-Videofunktion hat Canon leider nur schlampig umgesetzt, bzw. auf eine günstige Kamera gezwungen, deren Leistung dafür nicht ausreicht. Wer in UHD filmen will, sollte zur Sony A6300 greifen. Diese kostet mit Kit-Objektiv derzeit aber um die 850 Euro, während die Canon M50 mit Kit-Objektiv bei Händlern schon ab 650 Euro zu finden ist.

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Gregor Gruber

Testet am liebsten Videospiele und Hardware, vom Kopfhörer über Smartphones und Kameras bis zum 8K-TV.

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