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Microsoft: "Mit ChatGPT sitzt man nicht allein vor einem Problem"

Microsoft konnte den Hype um ChatGPT nutzen, um sich mit der hauseigenen Suchmaschine Bing plötzlich als Google-Konkurrent hervorzutun. Auch wenn die KI-Suche noch Probleme hat, bleibt die Nachfrage nach dem neuen "Copiloten" groß. Wir sprachen mit Harald Leitenmüller, CTO von Microsoft Österreich, über Stärken und Schwächen der Suche und wie das System rentabel wird.

futurezone: Microsoft hat es nach Jahren mit Bing geschafft, sich in der öffentlichen Wahrnehmung als Google-Alternative zu positionieren. Was braucht es, um dem Marktführer Konkurrenz zu machen?  
Harald Leitenmüller
: Es gab lange Zeit keine wirkliche Innovation beim Suchen. Anwender*innen müssen wissen, welche Begriffe sie eingeben müssen und das ist nicht wirklich befriedigend. Leute geben im Schnitt 3 Suchbegriffe ein und hoffen, dass dabei etwas herauskommt. Dadurch ist der Kontext beschränkt, der die Relevanz ja massiv beeinflusst. Wir haben die Kombination aus künstlicher Intelligenz und einer doch relativ guten Suchmaschine. Zusammen mit dem Supercomputer, den wir mit OpenAI entwickelt haben, werden die Ergebnisse bis zu 20 Prozent relevanter und das ist natürlich ein Innovationsschub. Der Hype um KI trägt natürlich auch zur Vermarktung bei.  

Wofür nutzen Sie Bing-Chat? 
Ich verwende das in der Regel nicht für Details und Fakten, sondern für Brainstorming  bzw. für kreative Prozesse. Das macht einfach Spaß, weil man das Gefühl hat, man sitzt nicht alleine vor einem Problem. Ein Beispiel sind Interviews. Man erhält in der Regel eine Themenliste und ich kann den Chat bitten, mir mögliche Fragen und Antworten zu den Themen zu generieren. Da sind dann Sachen dabei, die offensichtlich sind, aber auch Dinge, an die ich nicht gedacht hätte. Dann lasse ich den Chat Schwachstellen in den eigenen Antworten suchen. Dadurch entsteht ein iterativer Prozess und so habe ich eine Art Themenportfolio, mit dem ich arbeiten kann. 

Ich unterrichte auch den verantwortungsvollen Umgang mit künstlicher Intelligenz. Vergangenes Jahr habe ich gefragt, welche Prüfungsfragen ich den Studierenden stellen kann, mit meiner Agenda als Vorgabe. Dann habe ich gefragt: Wonach würden die Studierenden fragen? Das habe ich mit den Studierenden diskutiert. Sie haben wiederum versucht zu erraten, welche Fragen drankommen könnten. Nun ist ein Wettbewerb entstanden, wer welche Fragen prognostizieren kann.

Wie genau erkennt die künstliche Intelligenz, wonach eine Person wirklich sucht?  
Zum einen hat das Sprachmodell von ChatGPT gelernt, welche Intentionen über Sprache transportiert werden. Der Bing-Chat leitet aus dieser Intention relevante Suchanfragen ab. Man sieht, nach welchen Begriffen die KI sucht. Dahinter steht eine klassische Suchmaschine. Diese Ergebnisse werden dann zusammenfassend aufgearbeitet, um die wichtigen Aspekte herauszuarbeiten, die für Anwender*innen relevant sind.  

Jetzt haben unsere Marktbegleiter versucht, den Kontext durch Werbung anzureichern. So erstellt man ein Profil über Menschen und mit der Zeit entsteht ein Kontext zur Person. Das ist heute aber nicht mehr ideal. Wir glauben, da werden große Veränderungen passieren, auch was Werbemodelle betrifft. Man muss ehrlich sagen, dass die Anwender*innen nicht immer glücklich damit sind, dass jetzt vieles werbegesteuert ist. Da müssen bessere Lösungen gefunden werden. 

Wird es Werbung im Bing-Chat geben? 
Aktuell ist keine Werbung im Chat direkt eingebunden. Die Werbungen, die jetzt aufscheinen, kommen über die Suchergebnisse. Dann wird das entsprechend von Bing als Werbung gekennzeichnet. 

Ganz fehlerfrei funktioniert die KI-Suche noch nicht. Wo liegt das Problem?   
Durch Erfahrung und die Art und Weise, wie man mit der KI interagiert, könnte das noch besser sein. Die Kompetenz, wie man den Dialog mit der KI führt, beeinflusst massiv das Ergebnis. Wenn ein Manager seinen Mitarbeiter*innen einfach nur sagt: “Machts was Gscheits”, braucht er sich nicht wundern, wenn nichts dabei rauskommt. Man ist gut beraten, klare Anweisungen zu geben und das ist bei Bing Chat genauso.  

Harald Leitenmüller, CTO von Microsoft Österreich

Insbesondere bei sehr aktuellen Daten und Fakten hat die Suche Probleme. Woran liegt das?
Das trainierte ChatGPT-Modell ist nicht aktuell. Es ist dazu da, um Sprache zu verstehen. Die Ergebnisse, die da kommen, sind die, die mit der gegebenen Information über das Internet auffindbar sind. Das sind vielleicht nicht immer die aktuellsten Abfragen, das ist etwas an dem wir noch arbeiten. Da kommen wir auch in den kommerziellen Bereich.  

Inwiefern hängt das zusammen?  
Dabei steht nicht Werbung im Vordergrund, sondern das Anbinden von Datenquellen. Es geht darum, mit Zeitungen und anderen Unternehmen Verträge abzuschließen, um eben immer aktuellste Informationen liefern zu können. Das Geschäftsmodell ist noch nicht final, aber wir wollen einen fairen Markt schaffen, damit jeder, der heute seine Informationen einbringt, davon auch profitieren kann.  

Also wird Microsoft da auch mit Nachrichtenplattformen zusammenarbeiten?  
Das passiert bereits über MSN. Die Daten in ChatGPT zu integrieren, damit sie gut funktionieren, ist einer der wichtigsten nächsten Schritte. Die Daten, die wir entweder einkaufen oder die aus Medienpartnerschaften stammen, fließen da ein. Wir haben nicht endlos viele aktuelle Quellen, das ist ja alles kostenpflichtig. Da entsteht jetzt ein Marktplatz. 

Es hieß, man habe die KI “zügeln” müssen, nachdem sie bedenkliche Aussagen getroffen hat. Was steckt dahinter? 
Es ist interessant, wie viel Energie und Aufwand die Leute reinstecken, um die Grenzen eines Systems auszuloten. Das ist einerseits gut, weil wir uns in einer Testphase befinden und nachbessern können. Man muss aber auch verantwortungsvoll damit umgehen. Wie beim Finden von Sicherheitslücken in Software ist es üblich, Herstellern zuerst die Schwachstellen mitzuteilen, bevor man sie im Internet publiziert. Das würde ich mir hier auch wünschen, dass man uns die Chance gibt, nachzubessern, was wir auch gemacht haben. Wir sind in der ersten Phase und wenn der Kontext im Chat zu groß wird und die Leute zu viel ausreizen, dann entstehen dort Dinge, die man vielleicht nicht will. Wir haben die Anzahl der Dialoge eingeschränkt, damit der Dialog nicht so ausufert.

Wofür ist ChatGPT gedacht und wofür nicht? 
Man sollte es als Werkzeug, als “Copiloten” betrachten. Wie ein Kollege, eine Partnerin, mit denen man zur Unterstützung im Dialog stehen kann. Das ist ein kreativer Prozess, in dem man durchaus Neues lernen kann. Wir verfassen Etiketten, also Verwendungszwecke, zu unseren Produkten. Wir versuchen das noch verständlicher zu machen. Es ist nicht dazu gedacht, kreative Werke zu erschaffen oder Code zu schreiben. Bing ist zum Suchen geeignet. Für das Programmieren oder das kreative Schreiben gibt es eigene Software, zum Beispiel um schriftstellerisch tätig zu werden, ohne Urheberrechtsverletzungen zu begehen.

Das ist ein sehr teures Produkt mit großem Aufwand. Wie wird das rentabel? 
Wenn wir uns die OpenAI-Wachstumsraten anschauen, hatte es in den ersten 2 Monaten eine Million Anwender*innen. Der gewinnbringende Aspekt ist, dass Menschen bereit sind, für diesen Mehrwert monatlich zu bezahlen. Die Menge der Anfragen für die Azure OpenAI Services sind so groß, dass die Leute echt geduldig sein müssen, wie wir die Ressourcen freischalten können. Das weltweit verfügbar zu machen ist jetzt ein Fokus. Da gibt es aber natürlich noch viele weitere Anforderungen, wie Datenschutz und Kontrolle.  

Was können Firmen mit den OpenAI-Services machen? 
Es gibt Partnerunternehmen, aufbauend auf unseren Azure-Cloud-Diensten, die mit OpenAI Lösungen entwickeln. Ein Beispiel ist es, Rechtsdatenbanken zu entwickeln. Damit kann ich beispielsweise Verträge überprüfen lassen. Um das zu entwickeln, braucht man Fachwissen und das übernehmen Partner, die sich darauf spezialisiert haben.

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Franziska Bechtold

frau_grete

Liebt virtuelle Spielewelten, Gadgets, Wissenschaft und den Weltraum. Solange sie nicht selbst ins Weltall kann, flüchtet sie eben in Science Fiction.

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