Science

iKnife erkennt krankes Gewebe

Das „i“ in iKnife steht für „intelligent“. Ein intelligentes Skalpel also. Während einer Operation bestimmt es fast in Echtzeit, ob der Chirurg in Krebs- oder gesundes Gewebe schneidet. Das Messer ist dabei ein so genannter Elektrokauter ,– ein Standardinstrument der Chirurgie, das durch Gewebe brennt statt schneidet.

Rauchsignale im OP
„Seit es die Elektrochirurgie gibt, beklagen sich Ärzte über die Rauchentwicklung dabei“, erklärt Zoltan Takats vom Imperial College London. Verbranntes Gewebe riecht nicht nur übel, der Rauch enthält auch toxische Substanzen. Moderne Geräte saugen den Rauch ab. Zoltan Takats, der das iKnife federführend entwickelt hat, erkannte in dem unliebsamen Nebenprodukt der Elektrochirurgie eine diagnstische Chance.

 „Unser iKnife saugt zwar auch den Rauch ab, aber dann fischen wir uns diverse Ionen heraus und leiten sie in ein Massenspektrometer.“ Dort werden sie chemisch analyisert und interpretiert. Und das Feedback an den Chirurgen folgt innerhalb von Sekunden. Das schlägt die übliche Methode, wie man verdächtiges Gewebe während einer Operation analyisiert. Die traditionelle Histologie mit Mikroskop kann gut 20 Minuten dauern.

Krebs als chemisches Muster
Im Massenspektrometer werden hunderte Moleküle auf ihre Verteilung im Gewebe untersucht. „Besonders wichtig sind uns Substanzen der Zellhülle. Zum Beispiele Fette oder Phospholipide“, erklärt Zoltan Takats. Die Gesamtheit der Moleküle ergibt ein Muster, eine Art Signatur. Die Interpretation überlassen die Forscher einer Mustererkennungssoftware. Am Ende dieses Prozesses ergibt sich aus dem Muster eine Gewebsbestimmung.

Wie sich die chemischen Muster von gesunden und krankem Gewebe unterscheiden, muss man auch erst einmal lernen. Die Forscher testeten das iKnife im Labor an 1624 Krebs- und 1309 gesunden Gewebsproben von insgesamt 302 Patienten. Und dann getrauten sie sich versuchsweise in den OP. Bei 91 Operationen wurde das iKnife parallel zu den traditionellen histologischen Gewebsbestimmungsmethoden eingesetzt. Das Ergebnis: Histologie und iKnife stimmten zu ganz erstaunlichen 100 Prozent überein.

„Wir waren schon sehr überrascht“, meint Jeremy Nicholson, Chef der Chirurgie und Krebsabteilung am Imperial College London. „Wann erreicht man bei irgendeiner Studie schon 100 Prozent?“ Er glaubt, die Identifizierung von chemischen Mustern mit dem iKnife könnten weit über die Chirurgie hinaus wertvoll sein. „Vielleicht bieten die abnormalem chemischen Signaturen des Rauches künftige Ansatzpunkte für Therapien. Denn wenn man weiß, wie diese biochemische Veränderung zustande kommt, kann man dagegen vielleicht neue Medikamente entwickeln.“

Allgemeines Diagnosewerkzeug
Die erste, aufsehenerregende Studie des Teams, das das iKnife entwickelte, drehte sich zwar ausschießlich um Krebs, doch die Forscher haben zumindest im Labor getestet, wie sich das iKnife bei der Geweberkennung anderer Krankheiten verhält.

„Wir können mit dem iKnife unterscheiden, ob ein Morbus Crohn oder eine andere entzündliche Darmerkrankung vorliegt“, erklärt Jeremy Nicholson. Dabei versagen traditionelle Methoden oft, und es kann Wochen, ja Monate dauern, bis Patienten endich korrekt diagnostiziert werden. Doch die chemische Signatur aus dem Rauch ist eindeutig und unmissverständlich.

„Wenn wir Diagnosen schneller hinkriegen, tut das dem Patienten gut. Und kommt außerdem dem Gesundheitswesen billiger“, meint Jeremy Nicholson. Mit diesem Argument rechtfertigen die Forscher auch den stolzen Preis des iKnifes. Der Prototyp kostete 300.000 Euro. Doch so schnell wird das iKnife nicht zum Einsatz kommen. Es ist noch Jahre von der Zulassung entfernt. Die Forscher bereiten derzeit klinische Studien mit tausenden Patienten vor.

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