Musk kauft Twitter: Viele Fragen und viel Kritik
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Twitter dürfte bald einer einzigen Person gehören: Tech-Milliardär Elon Musk, dem reichsten Menschen der Welt. Der Verwaltungsrat der Plattform gab seinen Widerstand gegen Musks Übernahmeattacke nach nur wenigen Tagen auf und stimmte einem Deal zu.
Der Tesla-Chef musste dafür nicht einmal das Gebot erhöhen - es reichte schon, dass er Finanzierungszusagen über 46,5 Milliarden Dollar auf den Tisch legte. Jetzt müssen noch genug Twitter-Aktionäre Musk ihre Anteile verkaufen, damit er die Kontrolle übernehmen kann.
Musk hält bereits gut 9 Prozent und es reicht ihm, über die Marke von 50 Prozent zu kommen. Denn anders als bei Google oder dem Facebook-Konzern Meta halten Gründer und Top-Manager bei Twitter keine Aktien mit mehr Stimmrechten, die ihre Kontrolle über die Firma absichern könnten. Twitter und Musk gaben sich Zeit bis Ende des Jahres, um den Verkauf abzuschließen.
Offene Fragen
Was will der Chef eines Elektroauto-Herstellers, einer Weltraumfirma und eines Entwicklers von Gehirn-Implantaten mit Twitter? Wie wird sich der Dienst, der zu einer Art Nervensystem der Nachrichtenbranche wurde, als sein Privatbesitz verändern? Wer kann sicherstellen, dass Musk Twitter nicht für seine geschäftlichen Interessen einspannt? Wird man ohne die Transparenz von Börsenberichten überhaupt erfahren, wie Twitter sein Geld verdient und ob das Geschäft läuft? Das sind alles Fragen, auf die es bisher keine zuverlässigen Antworten gibt.
Begrüßt wurde die bevorstehende Übernahme vom ehemaligen Twitter-Chef Jack Dorsey, der seine Reaktion mit dem Radiohead-Song „Everything is in the Right Place“ einleitete. Twitter sei eine Art „globales Bewusstsein“ schrieb Dorsey. Er vertraue darauf, dass Musk die richtigen Schritte setze. "Elons Ziel, eine Plattform zu schaffen, die 'maximal vertrauenswürdig und umfassend inklusiv' ist, ist das richtige", fügte er hinzu. Dorsey bedankte sich dafür, dass sie "das Unternehmen aus einer unmöglichen Situation herausgeholt haben."
Große Töne
Musk schlug bei seinen Erklärungen für den Übernahmedrang große Töne an. Es gehe hier nicht um Geld, sondern darum, die Redefreiheit auf der Plattform zu stärken, sagte er. Das sei nur möglich, wenn der Kurznachrichtendienst die Börse verlasse. Seine Vorstellung von Redefreiheit umriss Musk so: „Wenn jemand, den man nicht mag, etwas sagen darf, was man nicht mag.“ Im Rahmen der Gesetze sollten alle Meinungen erlaubt sein. Twitter mit Redefreiheit sei wichtig für die Demokratie und minimiere die Risiken für die Zivilisation, sagte er.
Nun ist es allerdings so, dass über angebliche „Zensur“ bei Twitter besonders lautstark vor allem zwei Gruppen klagten: Leute, gegen deren Beiträge wegen falscher oder irreführender Informationen zum Coronavirus vorgegangen wurde, sowie Anhänger von Ex-Präsident Donald Trump, die nicht ohne weiteres behaupten können, ihm sei die Wahl 2020 gestohlen worden. Aus den Lagern kam Applaus für Musks Visionen.
US-Senatorin schlägt Alarm
Andere schlugen dagegen Alarm. So schrieb die demokratische US-Senatorin Elizabeth Warren bei Twitter: „Dieser Deal ist gefährlich für unsere Demokratie. Milliardäre wie Elon Musk spielen nach anderen Regeln als alle anderen.“
Besorgt zeigte sich auch die Bürgerrechtsorganisation ACLU (American Civil Liberties Union): Obwohl Musk ihr Mitglied und einer der wichtigsten Unterstützer sei, sei es „sehr gefährlich, so viel Macht einer Person in die Hand zu legen“. Musk nutzte Kritik zur Demonstration seiner Ansätze: „Ich hoffe, dass selbst meine schlimmsten Kritiker bei Twitter bleiben - weil genau das Redefreiheit bedeutet.“
„Hassrede ist inakzeptabel“
Die Menschenrechtsorganisation NAACP (National Association for the Advancement of Colored People) versuchte, Musk ihre Sicht von Grenzen für Meinungsäußerung zu vermitteln: „Redefreiheit ist wunderbar, Hassrede ist inakzeptabel.“ Auch für Falschinformationen sei kein Platz bei Twitter. NAACP-Präsident Derrick Johnson appellierte an Musk speziell, Trump nicht zurück auf die Plattform zu lassen. „Leben sind in Gefahr - und auch unsere amerikanische Demokratie.“ Im Weißen Haus von Präsident Joe Biden sei man ebenfalls besorgt, Trump könne vor den Kongresswahlen in diesem Herbst und der Präsidentenwahl 2024 bei Musks Twitter wiederauftauchen, berichtete der TV-Sender CNBC.
Trump wurde bei Twitter verbannt, nachdem er Sympathie für seine Anhänger bekundet hatte, die am 6. Januar 2021 das Kapitol in Washington erstürmt hatten. Das Management betonte bisher, dass es für ihn keinen Weg zurück auf die Plattform gebe. Musk könnte das anders sehen: Er finde vorläufige „Timeouts“ besser als permanente Ausschlüsse, sagte der Tesla-Chef allgemein. Musk hatte in der Anfangszeit der Pandemie die Gefahren durch das Coronavirus heruntergespielt und Einschränkungen in Kalifornien als „faschistisch“ bezeichnet.
Donald Trump will nicht zurück
Trump selbst sagte jedenfalls dem Sender Fox News, er wolle nicht zu Twitter zurückkehren, selbst wenn er es dürfte. Der Ex-Präsident baut stattdessen seine eigene Twitter-Alternative mit dem Namen Truth Social auf, die jedoch bisher ein Schattendasein führt.
Während Musk als Twitter-Besitzer niemandem Rechenschaft schuldig sein wird, so muss er jedoch die Schulden bedienen, die er für den Twitter-Deal braucht. Der 50-Jährige präsentierte Zusagen für Kredite über 25,5 Milliarden Dollar und will darüber hinaus Aktien im Wert von rund 21 Milliarden Dollar einbringen. Musk ist die mit Abstand reichste Person der Welt mit einem geschätzten Vermögen von rund 257 Milliarden Dollar. Sein Reichtum besteht aber fast ausschließlich aus Aktien von Tesla und seiner Weltraumfirma SpaceX, so dass er für einen Twitter-Kauf zu Krediten greifen muss.
Kein Geschäft
Er wird dafür eine Plattform besitzen, die ihr Gewicht für Politik und Medien nie in ein so lukratives Geschäft wie etwa bei Facebook ummünzen konnte. So machte Twitter im gesamten vergangenen Jahr gut fünf Milliarden Dollar Umsatz - und schrieb unterm Strich einen Verlust von 221,4 Millionen Dollar. Zu Musks Ideen für Twitter gehört, dass ein Abo-Modell die Unabhängigkeit von großen Konzernen besser absichere als das heutige Werbegeschäft. Aber ob genug Nutzer bereit sind, für Twitter-Nutzung Geld zu bezahlen, ist zweifelhaft.
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