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Unruhe in "Silicon Saxony": Globalfoundries geht neue Wege

22FDX lautet die Formel, auf die der Dresdner Chiphersteller Globalfoundries setzt. Auch Ulf Brinkmann, Vertrauensmann der Gewerkschaft IG BCE, hofft auf diese neue Technologie. Damit will sein Arbeitgeber künftig kostengünstigere, leistungsfähige und energieeffiziente Chips für die Industrie 4.0 und das Internet der Dinge herstellen und so das Dresdner Werk, die Fab1, gegen die Konkurrenz aus Asien sichern. Doch ganz sicher ist Brinkmann nicht, denn schon jetzt ist klar: Viele seiner Kollegen werden ihren Arbeitsplatz verlieren - trotz 22FDX.

Hinzu kommen Gerüchte, dass der Investor, das Golf-Emirat Abu Dhabi, das Globalfoundries 2009 über seinen Staatsfonds Mubadala übernommen hat, verkaufen will. Angeblich an die Chinesen. In Dresden gibt es dazu keinen Kommentar. Aber es wird deutlich, wie sehr die gesamte Branche in Bewegung - und wie sehr Globalfoundries unter Druck ist.

Intensiver Wettbewerb

Der Wettbewerb sei intensiv, sagt Rutger Wijburg, Geschäftsführer von Globalfoundries Dresden. Der Niederländer, der seit 2012 auch das Werk in Malta im US-Bundesstaat New York managt, ist aber überzeugt, die Fab1 mit der neuen Technologie auch die nächsten 20 Jahre am Laufen zu halten.

Vor genau 20 Jahren, am 14. Dezember 1995, fiel im fernen Kalifornien die Entscheidung, in Dresdens Norden eine weitere Halbleiterproduktion aufzubauen. In Sunnyvale verkündete damals der US-Hersteller Advanced Micro Devices Inc. (AMD), 1,9 Milliarden Dollar in „Silicon Saxony“ zu investieren. Ein Jahr zuvor hatte Siemens in Dresden den Grundstein für die bis dato größte Chipfabrik Europas gelegt.

Seitdem ist viel passiert: Was früher Siemens war, ist heute Infineon. Aus der Dresdner AMD-Chipproduktion wurde 2009 die Fab1 des Auftragsfertigers Globalfoundries. Derzeit sind dort rund 3700 Mitarbeiter beschäftigt. Noch.

2200 Firmen

Darum herum haben sich zahlreiche mittelständische und kleine Unternehmen der Informations- und Kommunikationstechnologie angesiedelt. 2200 Firmen bieten laut sächsischem Wirtschaftsministerium etwa 57 000 Menschen Arbeit. „Allein im vergangenen Jahr erwirtschaftete das Cluster 13 Milliarden Euro Umsatz, was rund 13 Prozent am gesamten verarbeitenden Gewerbe in Sachsen entspricht“, sagt Minister Martin Dulig (SPD).

„Die erste Halbzeit im Internetzeitalter haben wir an Amerikaner und Asiaten verloren - die Technologiefirmen und Softwareriesen des Internets stammen alle nicht aus Europa“, konstatiert er. „Nun geht es in die zweite Halbzeit: Wir müssen bei der Umsetzung des Internets der Dinge, Industrie 4.0, Mobilität 4.0, Mobilfunknetz der Zukunft dabei sein, die Führung verteidigen - uns nicht abhängen lassen.“

Ungeahnte Möglichkeiten

All das kann 22FDX, glaubt man Wijburg. Die Chips sollen mit extrem niedrigem Energieverbrauch, geringerer Wärmebelastung und kleineren Gehäuseabmessungen ungeahnte Möglichkeiten für Endprodukte eröffnen.

In der Vergangenheit sei es erst darum gegangen, Computer über das Internet miteinander zu verbinden, dann die Menschen über Smartphones. „Und jetzt kommt die Vernetzung aller Dinge - sei es Auto mit Auto oder Auto mit Verkehrsinfrastruktur oder sei es entlang von Logistikketten“, meint Wijburg. Die Zahl der möglichen Anwendungen sei unendlich. „Aber alle verlangen preiswerte, leistungsstarke und höchst energieeffiziente Chips. Die wollen wir in Dresden bauen.“

Doch die Kosten müssten sinken. 20 Prozent müsse er bei den Mitarbeitern einsparen, um profitabel zu sein. Bis zu 800 Stellen sind betroffen. Ende Januar soll feststehen, wer gehen muss.

Verunsicherung

In der Belegschaft gebe es natürlich „große Verunsicherung“, sagt Betriebsratschef Ralf Adam. Sein Betriebsratskollege Brinkmann rechnet vor, dass inklusive Leiharbeitern und befristet Beschäftigter am Ende bis zu 1300 Kollegen ohne Job dastehen könnten. Zum Stand der laufenden Verhandlungen wollen weder Betriebsrat noch Firmenleitung etwas sagen. Die Einführung der neuen 22FDX-Technologie findet auch der Gewerkschaftsmann spannend. „Aber das Risiko halten wir bei einem Abbau von bis zu 1300 Leuten einfach für zu hoch.“

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