US-Kongress nimmt Chefs von Techkonzernen in die Mangel
In den USA müssen sich heute die Chefs der vier Technologie-Riesen Apple, Amazon, Facebook und Google den Fragen von Abgeordneten im US-Kongress stellen. Bei der Anhörung im Justizausschuss des Repräsentantenhauses, die auch live gestreamt wird, steht (ab 18.00 MESZ) die Marktmacht der Konzerne im Mittelpunkt. Die vier Top-Manager sollen per Videokonferenz teilnehmen.
Die US-Konzerne sind verschiedenen Vorwürfen unfairen Wettbewerbs ausgesetzt, denen die Abgeordneten seit gut einem Jahr nachgehen. Der Ausschuss veröffentlichte in der Nacht zum Mittwoch die Stellungnahmen der vier Konzernchefs, die sie vor Beginn der Fragerunde abgeben werden. In den Texten zeichnen sich einige gemeinsame Verteidigungslinien ab. So betonen die Manager, dass es sich bei den Tech-Schwergewichten um durch und durch amerikanische Unternehmen handele. Außerdem weisen sie darauf hin, dass es in ihren Märkten starke Konkurrenten gebe und ihr künftiger Erfolg alles andere als sicher sei.
Apple
Apple-Chef Tim Cook dürfte zu den Konditionen für App-Entwickler auf der Download-Plattform für iPhone-Anwendungen befragt werden. Anbieter wie Musikstreaming-Marktführer Spotify kritisieren als unfair, dass sie bei Verkäufen dort 15 bis 30 Prozent der Erlöse an Apple abgeben müssen.
Cook verteidigt „Apple ist ein einzigartig amerikanisches Unternehmen, dessen Erfolg nur in diesem Land möglich ist“, heißt es in der Stellungnahme von Cook. Er erinnert gleich am Anfang an die revolutionäre Rolle des iPhones für den Smartphone-Markt und verweist auf starke Rivalen wie Samsung, LG, Huawei und Google. „In keinem der Märkte, in denen wir aktiv sind, hat Apple einen dominierenden Marktanteil.“
Das App-Store-Ökosystem unterstütze 1,9 Millionen amerikanische Jobs - und die App-Abgaben an Apple seien vergleichbar mit denen auf anderen Plattformen oder niedriger. Zudem gäbe es 1,7 Millionen Apps im AppStore, von denen nur 60 vom Unternehmen selbst stammen. Diese Verteidigung nimmt unter anderem Bezug auf die derzeit laufende Untersuchung der EU-Kommission. Sie wirft Apple vor, die Entscheidungsgewalt darüber zu haben, wer im AppStore erfolgreich ist und wer nicht.
Im Fall von Google dürfte sich Sundar Pichai, der auch an der Spitze des Mutterkonzerns Alphabet steht, Fragen zur Marktmacht im Suchmaschinen-Geschäft und bei Online-Werbung stellen müssen. Google wickelt weltweit etwa 90 Prozent aller Suchanfragen ab und dominiert damit den Markt.
In seinem Eröffnungsstatement verweist der Google-Chef darauf, dass Internet-Nutzer zum Beispiel bei der Suche nach Produkten auch zu Amazon, Ebay, Walmart und anderen Online-Händlern gingen. „Ähnlich ist Google in Branchen wie Reisen und Immobilien starkem Wettbewerb bei Suchanfragen von vielen Unternehmen ausgesetzt, die Experten in ihrem Bereich sind.“ Zudem habe Google starke Konkurrenz durch Amazons Alexa.
Zugleich betont er, dass auch kleinere Firmen dank Google als Werbeplattform konkurrenzfähiger werden könnten, insbesondere in der Corona-Krise. Pichai nennt auch Konkurrenten beim Online-Marketing: Twitter, Instagram, Pinterest und Comcast. "Das Google seinen Erfolg fortführen kann, ist nicht garantiert", so Pichai. Google arbeite in einem sehr kompetitiven globalen Markt, in dem Preise frei gestaltbar sind und fallen können.
Das Betriebssystem Android, dass im ersten Quartal 2020 einen Marktanteil von 86,3 Prozent hatte, soll Hersteller dazu zwingen, auch andere Google-Dienste wie Maps und die Suche zu integrieren, so der Vorwurf. Laut Pichai mache Android Smartphones günstiger und erweitere die Auswahl an Geräten für Kunden.
Amazon
Gegen Amazon gibt es unter anderem den Vorwurf, der Konzern nutze Daten anderer Händler, die auf seiner Plattform verkaufen, um diese dann in lukrativen Bereichen aus dem Geschäft zu drängen. Als Besitzer der "Washington Post" ist Amazon-Chef Jeff Bezos ist den Republikanern im Repräsentantenhaus aber auch zusätzlich ein Dorn im Auge. In der Zeitung wird oft kritisch über US-Präsident Donald Trump berichtet.
Amazon-Chef Bezos, den sein Aktienanteil am weltgrößten Online-Händler zum reichsten Menschen der Welt gemacht hat, will die längste und persönlichste Stellungnahme abgeben. Er erzählt zunächst von seiner Mutter, die erst 17 Jahre alt war als er geboren wurde - und von seinem Adoptivvater, der mit 16 aus Kuba in die USA gekommen sei. Von seinem Großvater habe er gelernt, Probleme auf eigene Faust zu lösen und dabei kreativ zu sein. Er selbst habe einen sicheren Job aufgegeben, um ein Start-up in einer Garage zu gründen.
Inzwischen habe Amazon allein im vergangenen Jahrzehnt so viele Jobs in den USA geschaffen wie kein anderes Unternehmen, betont Bezos. „Genauso wie die Welt kleine Unternehmen braucht, benötigt sie auch große.“ Denn es gebe Dinge, die kleine Firmen schlicht nicht stemmen könnten. „Egal, wie gut man als Unternehmer ist - man baut keine Boeing 787 aus Verbundstoffen in einer Garage.“
Bezos gibt zudem an, Amazon habe nur einen kleinen Anteil am internationalen Markt mit nur einem Prozent Anteil an der weltweiten Einzelhandelsabsatz. Dass Amazon im amerikanischen Online-Handel einen Marktanteil von 38 Prozent hat, sagt Bezos allerdings nicht dazu. Als Konkurrenten nennt er Walmart, Target und Alibaba.
Facebook-Chef Mark Zuckerberg wurde in der Vergangenheit schon mehrfach im Kongress in die Mangel genommen. Dem Online-Netzwerk wird unter anderem vorgeworfen, durch Übernahmen wie Instagram und WhatsApp zu dominant im Social-Media-Geschäft geworden zu sein. So stehe man mit diesen drei großen Marken vor allem im Wettbewerb mit sich selbst.
„Facebook ist jetzt ein erfolgreiches Unternehmen, aber wir erreichten das auf die amerikanische Art: Wir starteten mit nichts und lieferten bessere Dienste, die Menschen wertvoll fanden“, wird etwa Zuckerberg den Abgeordneten in seinem Statement sagen. Er riskiert dabei einen etwas trotzigeren Ton als die anderen Tech-Bosse: „Wie ich unsere Gesetze verstehe, sind Unternehmen nicht schlecht, nur weil sie groß sind.“
Instagram und WhatsApp lieferten den Nutzern einen besseren und sichereren Service dank der Ressourcen von Facebook. Man arbeite gemeinsam gegen Hassrede und Spam. Allerdings solle es bessere Regulierungen zum Datenschutz, Privatsphäre und Inhalten wie Hassrede oder Politik geben, so Zuckerberg. Unternehmen sollten darüber nicht allein entscheiden dürfen.
Zuckerberg glaubt zudem, Facebook könnte in Zukunft von einem anderen sozialen Netzwerk ersetzt werden, man wolle aber das Unternehmen sein, dass dieses neue Netzwerk baut. Konkurrenz sieht er vor allem bei Twitter, aber auch TikTok.
Wie schon bei seinen früheren Auftritten im US-Kongress verweist Zuckerberg auf eine Bedrohung aus China. Facebook glaube an Werte wie Demokratie, Wettbewerb und Meinungsfreiheit. Es sei aber nicht sicher, dass sich diese Werte durchsetzen werden: „Zum Beispiel baut China eine eigene Version des Internets auf, die auf ganz andere Ideen ausgerichtet ist - und sie exportieren ihre Vision in andere Länder“, mahnt der Facebook-Chef.
Facebook hatte in den letzten Jahren immer wieder mit Problemen zu kämpfen, sei es das aktuell laufende Werbeboykott oder der Cambridge Analytica Scandal. Derzeit laufen mehrere Untersuchungen wegen Wettbewerbsverzerrung gegen Facebook, unter anderem von der Federal Trade Commission und dem Justizministerium, wie Cnet berichtet.