Experte: "Kleines Desaster" für TikTok-Chef bei Kongress-Anhörung
Bei einer Anhörung vor dem US-Kongress hat sich der Chef von TikTok am Donnerstag gegen den Vorwurf der Komplizenschaft mit der Kommunistischen Partei Chinas gewehrt. Die Parlamentarier*innen warfen Shou Zi Chew vor, sein Unternehmen sei ein Werkzeug der Datenspionage und eine Gefahr für die geistige Gesundheit von Jugendlichen, bei denen die Kurzvideo-Plattform besonders beliebt ist. „TikTok könnte so konzipiert werden, dass Schaden für Kinder minimiert wird“, kritisierte Kathy Castor, eine demokratische Abgeordnete im Energie- und Handelsausschuss des Repräsentantenhauses, der Chew vorgeladen hatte.
„Stattdessen wurde beschlossen, Kinder im Namen des Profits abhängig zu machen.“ Ihre ebenfalls demokratische Kollegin Diana DeGette kritisierte den unzureichenden Schutz vor Manipulation von Nutzer*innen. Chews Hinweis auf entsprechende Bemühungen TikToks ließ sie nicht gelten. „Sie haben mir nur ganz allgemein gesagt, dass Sie investieren, sich Sorgen machen, daran arbeiten.“ Das reiche nicht aus.
"Frei von jeglicher Manipulation"
Chew bekräftige darüber hinaus, dass sein Unternehmen in Bezug auf Inhalte keine Weisungen der chinesischen Regierung entgegennehme. „Wir verpflichten uns gegenüber diesem Ausschuss und allen unseren Nutzern, dass wir TikTok frei von jeglicher Manipulation durch eine Regierung halten.“ Wegen einer möglichen Weitergabe von Nutzer*innendaten haben zahlreiche Staaten die App von Diensthandys verbannt. Chew verwies zudem auf milliardenschwere Investitionen zum Schutz der Daten der 150 Millionen US-Nutzer*innen.
Diese würden im Land gespeichert und vor externem Zugriff geschützt. Die republikanische Ausschuss-Vorsitzende Cathy McMorris Rodgers hatte sich dazu vor der Sitzung in einem TV Interview skeptisch geäußert: „Es ist klar, dass TikTok alles sagen wird, um sicherzustellen, dass es in den USA nicht verboten wird.“
"Gefährlicher Präzendenzfall"
Der Analyst Dan Ives vom Vermögensverwalter Wedbush werte die Anhörung Chews als „kleines Desaster“. „TikTok ist jetzt das Aushängeschild für die Spannungen zwischen den USA und China. Die Parlamentarier haben viele Fragen, auf die es nicht genügend konkrete Antworten gibt.“ Im Kongress unterstützen 20 Abgeordnete und Senator*innen eine parteiübergreifende Initiative, die der Regierung die Möglichkeit geben soll, ausländische Technologie zu verbieten, wenn diese die nationale Sicherheit gefährdet.
Damit könnte eine hohe Hürde für das TikTok-Verbot aus dem Weg geräumt werden, an der der ehemalige Präsident Donald Trump 2020 gescheitert war: Gerichte hatten den per Dekret verordneten Bann gekippt, weil er das Recht auf freie Meinungsäußerung beschneide. Expert*innen zufolge muss allerdings auch bei einem neuen Gesetz mit Klagen gerechnet werden. „Die Beschränkung des Zugangs zu einer Plattform, die täglich von Millionen von Amerikanern genutzt wird, wäre ein gefährlicher Präzedenzfall für die Regulierung unserer digitalen Öffentlichkeit im Allgemeinen“, warnte Jameel Jaffer, Chef des Knight First Amendment Institute der Columbia Universität, das sich dem Schutz der Meinungsfreiheit verschrieben hat.