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Dyson V10 im Test: Akku-Staubsauger als Muskeltrainer

Abgesehen davon, dass Dyson öde Haushaltsgeräte wie Staubsauger, Ventilatoren und Haartrockner als sexy Produktkategorien neu definiert hat, war der Erfolg des britischen Unternehmens seit jeher eng mit innovativen Entwicklungen wie dem beutellosen Staubsauger und digitalen Motoren verknüpft. Dass Revolutionen aber immer auch ihre Zeit brauchen, zeigt sich beim aktuellen Vorhaben, auf das Kabel beim Staubsauger endgültig verzichten zu wollen.

Bereits 2011, nach einigen Handstaubsauger-Vorläufern, brachte das Unternehmen mit dem DC35 seinen ersten "großen" Akku-Staubsauger auf den Markt, der mit vergleichsweise geringer Saugleistung maximal 15 Minuten durchhielt. Sieben Jahre später will Dyson mit dem Cyclone V10 kabelgebundenen Staubsauger endgültig den Geraus machen.

Dieser verspricht bis zu 60 Minuten Akkulaufzeit und bis zu 150 Air Watt Saugkraft, was zum Vorgängermodell V8 ein Plus von 50 Prozent in puncto Akkudauer (V8: 40 Minuten) und plus 20 Prozent bei der Saugkraft ausmacht. Darüber hinaus wurde die Staubkammer um 40 Prozent vergrößert, was weniger häufiges Entleeren des Behälters bedeutet. Wer den Dyson Cyclone V10 Absolute mit Maximalzubehör haben will, muss allerdings tief in die Tasche greifen: 669 Euro ist die unverbindliche Preisempfehlung.

Design und Verarbeitung

Wer die Akku-Staubsauger von Dyson kennt, weiß, dass sie im verhassten Haushaltsalltag praktische Begleiter sind. Die handliche Handhabung, ohne das schwere Gerät und Kabel hinter sich herziehen zu müssen, habe ich seit dem V6 sehr schätzen gelernt – gerade wenn es darum geht, schnell ein paar Staubflocken hinter der Tür oder Dreck rund um den Feuerofen wegzusaugen. Auch das schnelle Umfunktionieren der Dyson-Geräte zu Handstaubsaugern, um Betten, Couches und andere Oberflächen zu reinigen, haben mich stets begeistert.

Bei Design und Verarbeitung bleibt Dyson beim V10 der bisherigen Linie treu. Obwohl naturgemäß viel Plastik im Einsatz ist, wirkt der Staubsauger hochwertig. Alles ist genau gefertigt. Jede Klappe, wie beim überarbeiteten und deutlich verbesserten Staubbehälter, sitzt. Auch das in Aluminium gefertigte Rohr sowie sämtliches Zubehör rastet kinderleicht bei den vorgesehenen Öffnungen ein. Das Tauschen von Aufsätzen, aber auch das Umfunktionieren zu einem Handstaubsauger geht im Handumdrehen.

Ob das Design gefällt, muss jeder selber entscheiden. Der V10 fällt einmal mehr durch seine transparente und minimalistische Gestaltung auf. Die technischen Bestandteile, wie die im V10 verbauten 14 Zyklone, bilden den Ausgangspunkt für das Design, das sich stets der Funktionalität unterordnet und für den Dyson-typischen futuristischen und zugleich verspielten Look sorgen.

Saugleistung

Die im Vergleich zum Vorgängermodell V8 noch einmal um 20 Prozent gesteigerte Saugkraft in der höchsten Stufe ist in der Tat beeindruckend bzw. ekelerregend – wenn man etwa die vermeintlich saubere Matratze mit dem V10 bearbeitet und nach einer Minute saugen einen mittelgroßen feinen Staubhaufen im Behälter vorfindet. Dieser Aha-Effekt lässt sich bei praktisch jedem polsterüberzogenen Möbelstück, aber auch bei Teppichen und im Auto wiederholen.

Im Praxistest war die akkufressende Maximalstufe, die gerade einmal etwa zehn Minuten (!) Saugdauer ermöglicht, allerdings nur selten im Einsatz. Für Hartböden und Verschmutzungen wie Staub und Essenskrümel ist die akkuschonende Stufe eins völlig ausreichend. Auch Teppiche können auf diese Art oberflächlich gereinigt werden, wenngleich sich hierbei die leistungsstärkere Stufe zwei empfiehlt, um feineren Staub aus den Fasern zu holen.

Akku: 60 oder 6 Minuten?

Der Akku ist und bleibt der Flaschenhals moderner elektrischer Geräte, seien es E-Autos, Smartphones oder eben Staubsauger. Ich muss zugeben, die “bis zu 60 Minuten”, die Dyson bei der Präsentation des V10 versprach, haben mich beeindruckt. Ebenso ungläubig musste ich dann im Gespräch mit einem Produktmanager erfahren, dass der Akku bei der vielgepriesenen maximalen Saugkraft und mit elektronisch angetriebener Bürste gerade einmal sechs bis zehn Minuten durchhält. Da weiß man ungeachtet der enormen Fortschritte tatsächlich nicht, ob man jetzt lachen oder weinen soll.

Tatsächlich beziehen sich die von Dyson vermarkteten 60 Minuten auf die niedrigste Saugstufe und dann auch nur, wenn man einen Aufsatz verwendet, der nicht elektronisch rotiert. Mit der im Normalfall verwendeten Soft-Walze für Hartböden und der Bürstwalze, die für Teppiche und Tierhaare optimiert ist, erreichte ich im Test in dieser akkuschonenden Stufe 40 Minuten ununterbrochene Laufzeit.

Für größere Wohnung geeignet

Dass Dyson den Wert hier sehr hoch ansetzt, ist vielleicht nicht die feine englische Art, im Test konnte der V10 bei der Akkulaufzeit allerdings positiv überraschen. Denn anders als beim kabelgebundenen Staubsauger läuft der V10 nur, wenn man den Auslöseknopf mit dem Zeigefinger betätigt. Selbst eine recht große Wohnung mit Parkettböden und Teppichen von 110 Quadratmetern ließ sich so in 40 Minuten Arbeitsminuten vollständig reinigen, ohne dass dem V10 der Saft ausging.

Positiv zu vermerken ist, dass dabei teilweise auch der stärkere Saugmodus verwendet wurde und auch noch teilweise Couch-Oberflächen und Ablagen mitgereinigt wurden. Nach diesen 40 Minuten war der Akkustand bei einem von drei Strichen. Beim Maximalmodus konnte ich im Test bei voll aufgeladenem Akku zehn Minuten arbeiten, was allerdings locker reichte, um ein Doppelbett, ein Einzelbett, eine Couch und zwei Teppiche gründlich zu reinigen.

Das vollständige Aufladen dauert mit über drei Stunden relativ lang, Dyson zufolge wird auf eine Schnellladefunktion verzichtet, um die längere Haltbarkeit des Akkus zu gewährleisten. In der Praxis kommt man mit dem V10 auch in größeren Wohnungen problemlos durch. Wer ein großes Haus oder ausschließlich Teppichböden hat sowie bei jeder Staubsauger-Session auch alle Matratzen mit höchster Stufe reinigen will, muss dazwischen wohl andere Haushaltsdinge erledigen.

Muskelkater vom Staubsaugen

Während an Akkudauer und Saugleistung in der Praxis tatsächlich wenig bis gar nichts auszusetzen sind, gibt es für mich beim V10 einen Wermutstropfen. So angenehm ich den in meinem Haushalt bisher als Zweitgerät eingesetzten V6 empfand, kam mir der V10 überraschend schwer vor. So ganz erklären konnte ich mir das lange Zeit nicht. Zum einen mag es am tatsächlich höheren Gewicht liegen, das im Vergleich zum V6 um 380 Gramm auf 2,68 Kilogramm zugenommen hat.

Zum Vorgängermodell V8 ist das Gewicht praktisch gleich geblieben, obwohl der Staubbehälter von 0,54 Liter auf 0,76 Liter gewachsen und auch die Akkudauer verlängert wurde. Genau diese längere Akkudauer, die über 40 Minuten Staubsaugen am Stück erlaubt, könnte ebenfalls mit ein Grund sein, warum das Gewicht mehr ins Gewicht fällt. Nach längerem Studium der älteren Modelle fiel mir schließlich auf, dass die Staubkammer beim V10 nun völlig neu angeordnet ist. Und darin liegt wohl das ergonomische Kreuz.

Denn wie Dyson selber auf seiner Webseite angibt, wurden Motor, Behälter und Zyklon nun erstmals in einer geraden Linie angeordnet. Die lineare Luftbeförderung soll wesentlich für die Leistungssteigerung verantwortlich sein. Das bedeutet aber, dass der Gewichtsschwerpunkt, der vorher hinten bei der Halterung war, nun nach vorne verschoben wurde. Dadurch zieht das Gewicht in Richtung Stab bzw. Bürstenaufsatz stärker nach unten als früher und belastet folglich auch das Handgelenk stärker. Mir persönlich fiel das schon recht unangenehm auf, eben weil die früheren Modelle so leicht zu handhaben waren.

Schalter 40 Minuten drücken

Trainierte Menschen mit viel Muskelmasse können diesen Kritikpunkt vermutlich ignorieren, Schwächlinge wie ich bekommen zum Staubsaugen gratis ein Muskeltraining dazu oder können das Modell “Motorhead” mit kleinerem Staubbehälter ausprobieren, das eventuell besser ausbalanciert ist. Ebenfalls nicht ganz optimal ist der Umstand, dass der Knopf zum Saugen manuell gedrückt bleiben muss.

Bei einem alten Modell, mit dem man 15 bis 20 Minuten saugen konnte, spielte das keine Rolle. 40 Minuten und mehr einen Knopf gedrückt halten zu müssen, ist in der Praxis und in Kombination mit dem ohnehin schwereren Gerät aber ermüdend. Hier wäre für längere Saug-Sessions eine Schalter-Fixierung hilfreich.

Abgesehen davon macht die kabellose Bedienung weiterhin Spaß. Lediglich die für Hartböden vorgesehene Softwalze agiert etwas eigenwillig und schert oft nach rechts oder links aus, wenn man am Boden entlangfährt. Die leichter zu steuernde Elektrobürste mit Borsten blieb sowohl für Parkettböden, als auch für Teppiche meine erste Wahl, da sie eben auf allen Böden einen guten Dienst erweist.

Fazit

Mit dem V10 zeigt Dyson, wohin die Reise im Staubsauger-Segment geht. Was die Saugleistung betrifft, muss sich der Akku-Sauger definitiv nicht mehr vor kabelgebundenen Geräten verstecken – im Gegenteil. Welche Mikro-Staubanteile der V10 aus Matratzen und sonstigen Stoffüberzeugen herausholt, ist beängstigend. Und auch die Akkudauer ist mittlerweile so gut, dass man sogar in größeren Wohnungen locker damit durchkommt. Und ganz ehrlich: Sonst macht man halt kurz Pause und hängt den Staubsauger an die mitgelieferte Ladevorrichtung wieder an.

Das Zubehör ist gut durchdacht und hochwertig produziert und lässt kaum Wünsche offen. Auch der größere Staubbehälter, der sich nun einfacher und auf hygienischere Art öffnen und leeren lässt, wurde ein großes Stück weit verbessert. Auf der Minus-Seite bleiben der veränderte Schwerpunkt, der den Staubsauger trotz nur geringer Gewichtszunahme weitaus schwerer als auf dem Papier wirken lassen und das Handgelenk ermüden können.

Und dann ist da noch der stolze Preis von 669 Euro. Wer sich mit weniger Zubehör zufrieden geben kann, kann auf den V10 Motorhead für 569 Euro ausweichen oder sich eines der günstigeren V8-Modelle ab 449 Euro zulegen.

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Martin Jan Stepanek

martinjan

Technologieverliebt. Wissenschaftsverliebt. Alte-Musik-Sänger im Vienna Vocal Consort. Mag gute Serien. Und Wien.

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