Wiim Amp im Test: Wie Sonos, nur besser und halb so teuer
Zu jener Zeit, als die Streaming-Services groß geworden sind, wurde man vor ein Problem gestellt: Wie bekomme ich die digitale Musik auf meine passiven Lautsprecher, die ich mir vor ein paar Jahren teuer gekauft habe? Sonos hat dieses Problem frühzeitig erkannt und mit seinen vernetzten Audiokomponenten ein ganzes Imperium aufgebaut.
Auch im Jahr 2024 kommt man um Sonos nicht herum, wenn man auf der Suche nach einer smarten Lautsprecherlösung ist. Allerdings hat das System seine Nachteile. Der Platzhirsch zeigt sich nämlich ziemlich reserviert, schottet sich gegenüber manchen Technologien ab und bietet insofern zum Teil nur einen begrenzten Funktionsumfang.
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Beispielsweise haben nicht alle Sonos-Geräte einen herkömmlichen Line-in-Eingang, können nicht per Bluetooth erreicht werden, bieten kein Chromecast und unterstützen nicht alle gängigen Dateiformate.
Genau hier setzt nun Wiim an. Das Unternehmen bietet vernetzte Komponenten und Verstärker, mit denen man Streaming-Dienste auf Lautsprecher bringt. Im Vergleich zu Sonos geht es dabei den umgekehrten Weg. Wiim ist möglichst offen für alle möglichen Anschlüsse, Technologien und Ökosysteme.
Harte Konkurrenz für Sonos
Angesehen habe ich mir den Wiim Amp. Das ist ein vernetzter Verstärker, der passive Lautsprecher mit Musik versorgt und auch für den Anschluss von Tape-Decks, CD-Playern und Plattenspielern mit Vorverstärker geeignet ist. Mit diesem Funktionsumfang ist er das direkte Konkurrenzmodell für den Sonos Amp.
Der Wiim Amp hat bei mir bereits einen Startvorteil. Seine Bezeichnung weckt Erinnerungen an den kultigen Winamp-Mediaplayer der frühen 2000er-Jahre. Die Namensähnlichkeit dürfte allerdings nur ein willkommener Zufall sein. Denn Wiim hat vor dem Amp bereits andere Streaming-Komponenten auf den Markt gebracht.
Wie dem auch sei: Schon allein beim Preis zeigt sich, dass es Sonos schwer hat, an Wiim heranzukommen. Der Sonos Amp kostet 799 Euro - hier auf Amazon. Den Wiim Amp gibt es bereits ab 349 Euro beim Wiener Fachhändler Audio Tuning, der den offiziellen Vertrieb für Österreich abwickelt - oder hier auf Amazon.
Schickes Design
Der Verstärker ist ein kleines Schmuckstück aus mattem Aluminium. Das Design ist minimalistisch und edel. Die Status-LED stört nicht und der Lautstärkenregler ist praktisch. Alles in allem macht der Wiim Amp eine gute Figur und fügt sich nahtlos und unaufgeregt in nahezu jedes Regal ein.
Technische Spezifikationen
Wiim Amp
- Maße: 190 x 190 x 63 Millimeter, Gewicht: 1,84 Kilogramm
- Leistung: 60 Watt/Kanal bei 8 Ohm, 120 Watt/Kanal bei 4 Ohm
- Prozessor: Texas Instruments TPA3255
- Wandler: ESS Sabre DAC ES9016K2M
- Eingänge: Line-in (Stereo-Cinch), HDMI Arc, Optisch, USB, Ethernet
- Ausgänge: Passive Lautsprecheranschlüsse (Stereo oder Dual-Mono), Subwoofer-Ausgang
- Streaming-Protokolle: Apple AirPlay 2, Chromecast, Spotify Connect, TIDAL Connect, Alexa Cast, DLNA
- Konnektivität: Bluetooth 5.1, WLAN 802.11 b/g/n/ac
- Dateiformate: MP3, AAC, ALAC, APE, FLAC, AIFF, WAV, WMA, OGG
- Heimkino-Format: Stereo, (kein Dolby Digital oder DTS)
- Sonstiges: kompatibel mit Amazon Alexa und Apple Siri, Bluetooth-Fernbedingung mit Mikrofon für Sprachassistenten
- Lieferumfang: Bluetooth-Fernbedienung, HDMI-, Toslink-, Cinch- und Stromkabel
- Farben: Space Gray, Silver
- Preis: 349 Euro
Wie offen ist Wiim tatsächlich?
Beim Blick auf die Spezifikationen wird deutlich, dass sich Wiim nicht abschottet und möglichst offen sein möchte. So verfügt der Amp über einen Line-in-Eingang per Stereo-Cinch-Verbindung, einen optischen Digitaleingang und HDMI Arc für die Wiedergabe von TV-Geräte. USB- und Ethernet-Port ist ebenso vorhanden.
Noch deutlicher wird es bei den unterstützten Streaming-Protokollen: AirPlay 2, Chromecast, Spotify Connect, TIDAL Connect, Alexa Cast und DLNA. Außerdem ist der Amp per Bluetooth erreichbar, WLAN ist ohnehin mit von der Partie.
Und wenn man lokale Festplatten, ein NAS oder einfach nur die Musik-Files am Computer wiedergeben möchte, werden folgende Dateiformate unterstützt: MP3, AAC, ALAC, APE, FLAC, AIFF, WAV, WMA und OGG.
Der Wiim Amp deckt also alle üblichen Eingänge ab, ist mit den Streaming-Standards von Apple und Google gleichermaßen kompatibel, lässt keine Dateiformate aus und sträubt sich auch nicht gegen eine Bluetooth-Verbindung. Ach ja... und es ist sogar eine Fernbedienung im Lieferumfang.
Dass die Anschlüsse von hoher Qualität sind, ist auf den ersten Blick ersichtlich - vor allem bei den soliden Schraubklemmen. Was beim Wiim Amp dennoch abgeht, ist ein herkömmlicher 3,5mm Kopfhörerausgang. Ebenso zu beachten ist, dass man für einen Plattenspieler - je nach Modell - möglicherweise einen Vorverstärker benötigt.
Meine neugewonnene Freiheit
Als jahrelanger Sonos-Nutzer freue ich mich wie ein kleines Kind über diese Offenheit. Seit der Wiim Amp in meinem Wohnzimmer steht, habe ich Musik über die Lautsprecher gedröhnt, die ich schon seit Jahren nicht mehr gehört habe: Konzerte auf YouTube, Radiosendungen, die auf Sonos nicht unterstützt werden, sowie meine uralte Sammlung an WAV- und hochauflösenden Flac-Dateien, die mit Sonos nicht kompatibel sind.
Der Alltag mit dem Wiim Amp
Die App ist selbsterklärend, aufgeräumt und wohltuend minimalistisch gestaltet. Alles läuft flüssig, ohne Verzögerungen oder lästige Ladezeiten. Das Steuern der Lautstärke funktioniert ohne Delays und auch bei Auswahl und Wiedergabe von allen möglichen Formaten treten keine Wartezeiten auf.
Es ist außerdem praktisch, die Musik per Alexa oder Siri zu starten, stoppen und pausieren. Dabei kann die laufende Wiedergabe auch auf dem Display von Echo-Geräten angezeigt werden. Auch die Integration in das Alexa-System oder in das Home-System von Apple kann je nach Gewohnheiten nützlich sein.
Für den Schnellstart gibt es in der App die Möglichkeit bis zu 12 Presets mit Radiosendern, Songs oder Playlists zu belegen. Die ersten 4 dieser Presets können auch mit einem Knopfdruck auf der Fernbedienung abgespielt werden. Auf welche Quelle der Wiim Amp zurückgreifen soll (Line-in, Bluetooth...), kann ebenso in der App ausgewählt werden.
Die App, ein Klon
Ein Umstieg von Sonos auf Wiim bedarf keiner Eingewöhnung, weil Wiim die Sonos-App ziemlich dreist kopiert hat. Design, Layout und Menüführung erinnern frappant an die Smartphone-Anwendung des Konkurrenten - das lässt sich nur schwer abstreiten.
Eines ist mir bei Wiim erst aufgefallen, nachdem ich den Amp bereits einen ganzen Tag lang verwendet habe: Es gibt keinen Wiim-Account und damit keinen Registrierungszwang. Einloggen kann man sich bei den zur Verfügung stehenden Streaming-Diensten und Radio-Anbietern.
Spotify macht hier eine Ausnahme und geht bei Wiim nur über Spotify Connect, was allerdings tadellos funktioniert. Die Wiim-App hat die allermeisten populären Services integriert. Und wenn eines nicht dabei ist, kann es immer noch über AirPlay, Chromecast oder Bluetooth auf die Lautsprecher geschickt werden.
Noch etwas: Während es von Sonos eine Anwendung für Windows und macOS gibt, befinden sich solche Apps für Wiim noch in der Beta-Phase. Aktuell sind sie ziemlich fehleranfällig und teils schwer zu gebrauchen. Möglicherweise ändert sich das in Zukunft.
Die Klangqualität
Wem es in erster Linie um eine möglichst hochwertige Audiowiedergabe geht, wird vermutlich ohnehin nicht bei Streaming-Diensten, Internetradios und Bluetooth-Verbindungen landen. Wer hauptsächlich einen Plattenspieler darüber betreiben will und auf Vernetzung und den digitalen Streaming-Schnickschnack verzichten kann, wäre mit dem Wiim Amp in der falschen Produktkategorie.
Wer beide Welten auf einem Gerät vereinen möchte, ist beim Wiim Amp an der richtigen Stelle. Der kleine Verstärker holt nämlich stets das Bestmögliche aus dem vorhanden Audiomaterial heraus. Gleichzeitig hat er ordentlich Kraft, sodass man ohne Qualitätsverlust lauter aufdrehen kann.
Wie all das am Ende klingt, hängt natürlich von den angeschlossenen Lautsprechern ab. Für Feineinstellungen kann man in der Smartphone-App auf einen detaillierten Equalizer zurückgreifen.
Was ist mit Multiroom?
Bei Multiroom ist Sonos nach wie vor der Platzhirsch. Hier wird wahrscheinlich auch der Wiim Amp nicht so schnell etwas ändern. Wer sich einen Wiim Amp kauft, hat aber vermutlich eher ein klassisches Stereo-Setup im Sinn als einzelne Lautsprecher, die man bei Bedarf zusammenschließen kann.
Wer mehrere Wiim-Komponenten besitzt, kann diese in der App zu einem Multiroom-System zusammenfügen. Testen konnte ich das leider nicht. Möglich ist auch, den Wiim Amp mit Echo-Lautsprechern zu einem Multiroom-Setup zusammenzuschließen. Wegen der höchst unterschiedlichen Audioqualität macht das zwar keinen Sinn, aber es funktioniert einwandfrei und synchron.
Der große Unterschied zu Sonos
Wiim will auf seinem Amp eine Plattform anbieten, auf der alle möglichen Streaming-Dienste versammelt werden und bei der es keine technologischen Beschränkungen gibt, wenn es darum geht, Musik auf Lautsprecher zu schicken.
Das unterscheidet Wiim von Sonos. Der Platzhirsch im Bereich vernetzter Lautsprecher hat sich lange gegen Bluetooth und Line-in gesträubt, in letzter Zeit aber nachgebessert. Chromecast ist aber noch immer nicht möglich und Dateiformate werden ebenso nicht alle unterstützt.
Das sind Einschränkungen, mit denen sich Sonos vor einigen Nutzer*innen verschlossen hat und immer noch verschließt. Hinzu kommen der hohe Preis und die Unsicherheit, weil man nie genau weiß, wie lange die vernetzten Lautsprecher software-mäßig unterstützt werden.
Mit dieser Unsicherheit muss man allerdings beim Wiim Amp auch leben. Es wird sich erst zeigen, wie lange Wiim seine Komponenten unterstützt und wie es nach dem Ende der Support-Dauer weitergeht - ob etwa die Line-in-Eingänge und Bluetooth noch funktionieren oder mit auch mit dem Support-Aus sterben.
Fazit
Wäre ich auf der Suche nach einem neuen Audio-Setup, ich würde zum Wiim Amp greifen. Mit seiner Vielfalt an Anschlüssen, Übertragungsprotokollen und eingebunden Streaming-Diensten lässt er keine Wünsche offen.
Die Bedienung per App funktioniert wunderbar und ohne Verzögerung. Die inkludierte Bluetooth-Fernbedienung ist eine praktische Sache und die Steuerung per Alexa oder Siri ebenso. Der schicke Verstärker deckt eigentlich alles ab, was derzeit in der Audio-Welt geboten wird.
All jene, die bereits passive Lautsprecher haben und diese ins Jahr 2024 befördern möchten, sollten den Wiim Amp unbedingt in Betracht ziehen. Zum Preis von 349 Euro ist er unschlagbar günstig. Vergleichbare Streaming-Verstärker kosten schnell das Doppelte.
Wer gleich voll in das System von Wiim einsteigen möchte, kann sich die anderen Komponenten ansehen. Die übrigen Wiim-Geräte sind zwar keine Amps, können aber einen bereits vorhandenen Verstärker einen ähnlichen Funktionsumfang verleihen, wie ihn der Wiim Amp hat.
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