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Was mit der ISS passiert, wenn Russland aussteigen würde

Die Folgen des russischen Invasionskrieges in der Ukraine haben auch Auswirkungen auf die Raumfahrt. Der Leiter des russischen Raumfahrtprogramms Dmitri Rogosin hat bereits Ende Februar damit gedroht, die ISS absichtlich abstürzen zu lassen - und zwar auf europäisches oder amerikanisches Territorium. Es folgten wilde Wortgefechte zwischen dem Roskomos-Chef und US-Astronauten auf Twitter.

Daraufhin hatte die russische Raumfahrtbehörde ein verstörendes Video in Umlauf gebracht. Darin ist zu sehen, wie sich die russischen Kosmonauten in den russischen Teil der ISS zurückziehen und das Modul vom Rest der Raumstation trennen. In dem Clip wird angedeutet, dass das russische Modul weiter im Orbit bleibt, während die restliche ISS samt dem US-Astronauten Mark Vande Hei abstürzt.

NASA und Roskosmos arbeiten zusammen

Mittlerweile haben sowohl die NASA als auch Roskosmos ihre Kooperation bekräftigt und mitgeteilt, dass beide Raumfahrtagenturen auf einer professionellen Ebene auch weiterhin zusammenarbeiten. Auch Vande Hei soll wie geplant am 30. März mit einer russischen Raumkapsel zur Erde zurückkehren.

All diese Geplänkel und Auseinandersetzungen haben die NASA offenbar dazu veranlasst, ein ausführliches FAQ auf ihrer Website zu veröffentlichen. Darin adressiert die US-Raumfahrtagentur all jene Fragen zur ISS, die im geopolitischen Streit zwischen Russland und den USA aufgetreten sind.

Wer betreibt eigentlich die ISS?

Insgesamt sind 5 Raumfahrtagenturen an der ISS beteiligt: Kanada (CSA), Japan (Jaxa), Europa (ESA), USA (NASA) und Russland (Roskosmos). Die ISS ist so konzipiert, dass kein Land die Raumstation alleine betreiben kann. Grundsätzlich ist die ISS nicht dafür ausgelegt, dass ihre Module auseinandergebaut werden und einzeln fortbestehen können.

Jedes Land beziehungsweise jede Raumfahrtagentur ist für jene Hardware zuständig, die sie bereitstellt. Das bedeutet auch, dass das russische Modul nicht unabhängig vom US-Modul funktioniert und umgekehrt.

Wer betreibt die Triebwerke der ISS?

Russland stellt sämtliche Triebwerke für die ISS zur Verfügung und kontrolliert diese auch. Sämtliche Manöver - Ausweichen von Weltraummüll, Kurskorrektur und ähnliches - wird von Roskosmos durchgeführt. Der Antrieb dafür wird in erster Linie vom russischen Cargo-Raumschiff Progress zur Verfügung gestellt.

Wenn also die Zeit der ISS abgelaufen ist und sie in die Erdatmosphäre gesteuert wird, wo sie großteils verglühen sollte, wird dieses Manöver in erster Linie von russischen Triebwerken beziehungsweise von Roskosmos durchgeführt werden.

Könnte ein US-Raumschiff genug Schub für ISS liefern?

Nein, schreibt die NASA. Der Raumfrachter Cygnus von Northrop Grumman sei das einzige US-Raumschiff, das dafür in Frage kommen würde. Allerdings könnte Cygnus nur sehr eingeschränkte Kurskorrekturen vornehmen. Und überhaupt wurde der Raumfrachter bislang nur ansatzweise dafür getestet.

Manöver, die Triebwerke mit ausreichend Schubkraft verlangen, sind regelmäßig notwendig und werden ausschließlich von Russland durchgeführt, schreibt die NASA. Diese Vorgehensweise zu ändern und unabhängig von russischen Raumfrachter zu machen, würde tiefgreifende Änderungen in Hardware und Software verlangen. Außerdem würden sie viel Zeit und Geld in Anspruch nehmen.

Wer liefert die Positionsdaten der ISS?

Um derartige Manöver zur Kurskorrektur oder Positionsänderung auch entsprechend durchführen zu können, ist Russland allerdings auf Informationen der NASA angewiesen. Denn die US-Raumfahrtbehörde liefert in erster Linie die Daten zur Position der ISS.

Außerdem ist die USA für die Energieversorgung der Raumstation zuständig. Die Energie wird von den US-amerikanischen Solarpanelen erzeugt, wodurch alle ISS-Module mit Strom versorgt werden.

Kann Russland auf US-Systeme in der ISS zugreifen?

Der Großteil der Kommunikation zwischen der ISS und den Bodenstationen läuft über US-Systeme. Russland habe zwar eigene Kommunikationskanäle, allerdings seien diese lückenhaft, heißt es von der NASA.

"Die Mission-Control-Zentren von der NASA in Houston und von Roskosmos in Moskau befehligen und kontrollieren nur ihre jeweiligen Systeme und Segmente", schreibt die NASA. Die NASA kann die ISS also gar nicht zum Absturz bringen. Und auch für Russland wird es schwierig, die ISS ohne US-Hilfe abstürzen zu lassen.

Müssen Raumfahrer*innen in der ISS anwesend sein?

Ja, heißt es von der NASA. Der Betrieb der Raumstation erfordere physische Anwesenheit von russischen und US-amerikanischen Raumfahrer*innen. Denn die Kosmonaut*innen und die Astronaut*innen sind immer nur für die Systeme ihrer eigenen Module trainiert und somit voneinander abhängig.

Könnten Raumfahrer*innen mit einem anderen Raumschiff zur Erde zurückfliegen?

Diese Frage hat sich aufgetan, weil der US-Raumfahrer Mark Vande Hei bekanntlich mit einer russischen Sojus-Kapsel zur Erde zurückkehren soll. Sollte Russland ihm die Mitreise verweigern, könnte Vande Hei etwa auch von SpaceX von der ISS abgeholt werden?

Theoretisch ja, praktisch aber nicht wirklich, erklärt die NASA. Die Herausforderung liegt nämlich hautsächlich an den Raumanzügen. Alle Raumfahrer*innen haben speziell auf sie abgestimmte und maßgeschneiderte Raumanzüge, die wiederum an das jeweilige Raumschiff gekoppelt sind.

Für die Rückkehr in einer SpaceX-Kapsel könnte Vande Hei seinen Sojus-Raumanzug also nicht verwenden. Dafür müsste auf der Erde ein passender SpaceX-Raumanzug für den Raumfahrer produziert werden.

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