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Ein Monat AliExpress-Lieferstopp: Wie geht es weiter?

Auf der Plattform AliExpress bieten chinesische Händler ihre Waren für den Versand in die ganze Welt an, vergleichbar etwa mit Ebay oder dem Amazon Marketplace. Seit Anfang des Jahres wurden die Lieferungen nach Österreich aber weitgehend eingestellt.

Hintergrund für den Lieferstopp ist die 2023 in Kraft getretene Verpackungsverordnung. Sie schreibt vor, dass Versandhändler außerhalb Österreichs einen „bevollmächtigten Vertreter für Verpackungen“ in Österreich brauchen. Bevollmächtigte können Personen oder Unternehmen sein, die Verpackungen sammeln, entsorgen und verwerten. Dazu werden Entpflichtungs- und Lizenzvereinbarungen zwischen Versender*innen und Bevollmächtigten geschlossen. Beispielsweise bietet die ARA diesen Service an.

AliExpress selbst verweist auf Anfrage der futurezone darauf, dass dies in die Zuständigkeit der einzelnen Händler falle. Man ermutige die Partner aktiv, sich darum zu kümmern, wie es in der schriftlichen Stellungnahme von Anfang Jänner heißt. Anfang Februar, also einen Monat nach Inkrafttreten der neuen Verordnung, merkt man davon allerdings wenig. Zwar können einzelne Artikel tatsächlich wieder nach Österreich versendet werden. Zumeist heißt es auf der Webseite aber: “Dieses Produkt kann nicht an Ihre Adresse versendet werden. Wählen Sie ein anderes Produkt oder eine andere Adresse aus.” Auf eine neuerliche Anfrage zum Status quo lieferte AliExpress bzw. die Mutter Alibaba keine Antwort. 

Bastler "verzweifelt"

AliExpress ist entgegen mancher Wahrnehmung nicht nur ein Umschlagplatz für billige Kleidung und gefälschte Markenprodukte. Oft sind Ersatzteile für ursprünglich in Fernost produzierte Elektronikgeräte hierzulande kaum auf einem anderen Weg erhältlich. Für Bastler*innen und die Maker-Szene ist der Verlust äußerst schmerzlich. Argumentiert wird die Verpackungsverordnung mit Umweltgründen. Das sehen manche anders: Ein Nutzer eines Online-Forums schreibt etwa  "Ich habe einen Laptop mit defektem Lüfter. Ein Ersatzlüfter von Ali kostet  5 Euro und erzeugt Müll in Form von einem kleinen Plastiksackerl. Den Laptop wegschmeißen und ersetzen kostet 1.000 Euro und erzeugt mehrere Kilo Elektroschrott."

Auch der Funkamateur und Bastler Josef Tschapka erzählt gegenüber der futurezone von deutlichen Einschnitten. “Ich habe eine große Community, die verzweifelt ist. Da geht es um Dinge, die man in Österreich oder in ganz Europa nicht bekommt”, sagt er auf Anfrage. Funkamateur*innen würden defekte Geräte gerne instand setzen bzw. reparieren. Dies sei nun eingeschränkt, weil es die Ersatzteile nicht mehr gibt. 

Keine Ersatzteile für Reparaturcafé

Ein Mitarbeiter eines Reparaturcafés, der aus beruflichen Gründen namentlich nicht genannt werden will, erzählt ebenfalls von Problemen. “Man hat einen Markt für Ersatzteile lahmgelegt”, so der Elektronikbegeisterte, der ehrenamtlich beim Instandsetzen kaputter Gerätschaften hilft. "Die Menschen kommen etwa mit einem Staubsaugroboter mit kaputtem Motor. Wir haben früher einfach auf AliExpress geschaut und einen neuen Motor bestellt”, so der Bastler. Oft waren es auch ganze Platinen, die man nicht selten um wenige Euros bestellen und so Geräte vor dem Sperrmüll bewahren konnte. “Wenn spezielle elektronische Bauteile benötigt werden, bekommt man das nicht mehr.” 

Beide Bastler fürchten, dass die Verpackungsverordnung künftig noch weitere Kreise ziehen könnte. Denn sie gilt nicht nur für China, sondern auch für alle Händler aus Ländern außerhalb Österreichs - auch aus EU-Ländern. Tschapka ist etwa der festen Überzeugung, dass man mit der Verordnung nur Riesen wie Amazon in die Hände spiele. Für sie sei es ein Leichtes, die Vorgaben zu erfüllen und sie würden davon profitieren, dass das Bestellen bei kleineren Shops schlichtweg nicht mehr möglich sei.

"Dieses Produkt kann nicht an Ihre Adresse versendet werden" liest man derzeit bei vielen Artikeln

Ministerium spricht von machbarem Aufwand

In einem anderen Forumsbeitrag heißt es, dass einige Nutzer*innen bereits im zuständigen Bundesministerium für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie (BMK) angerufen hätten, wo mitgeteilt wurde, dass sich ein “Fachbereich” der Sache angenommen hätte. Auf Anfrage der futurezone erklärt ein Sprecher des BMK, dass man entsprechende Registrierungen von Händlern in einer zuständigen Stelle bearbeite. “Wir haben dazu vereinzelt Anfragen von Bürger:innen und auch Unternehmen”, heißt es weiter. 

Dass die negativen Konsequenzen der Verordnung die positiven überstrahlen, sieht man im BMK nicht so, man hält an der “sinnvollen Regelung” fest. “Mit den Regelungen zum Bevollmächtigten sorgen wir dafür, dass sich alle Händler, die Produkte nach Österreich liefern, auch gesetzeskonform verhalten und ihren Beitrag zum Recycling der Verpackungen leisten”, so das BMK. Man wolle auch verhindern, dass österreichische Händler benachteiligt werden.

Wenn sich große internationale Händler nicht an die Regeln der Herstellerverantwortung halten, müssten nämlich am Ende jene die Kosten für Recycling und Entsorgung tragen, die sich gesetzeskonform verhalten”, so das Ministerium. Bislang war es so, dass die "Trittbrettfahrerquote" bei Plastikmüll bei 30 Prozent lag. Das bedeutet, dass nur 70 Prozent des anfallenden Mülls von Händlern kommt, die die Abgaben korrekt leisten. 

Weiters weist man darauf hin, dass die Registrierung beim Ministerium kostenfrei sei. Kosten würden lediglich abhängig von der Vertragsgestaltung mit dem jeweiligen Bevollmächtigten entstehen. “Dieser Prozess ist auch für kleinere internationale Händler durchaus zu bewerkstelligen, wir haben bereits über 1.800 entsprechende Anträge erhalten und bearbeitet”, so das BMK. Rechtlich gäbe es auch die Möglichkeit, dass AliExpress stellvertretend für seine Händler selbst einen Bevollmächtigten stellt und die Abgaben leistet, erklärt ein Sprecher weiter. 

Kontrolliert werden die Vorgaben jedenfalls vom BMK als Behörde. Konkret geht man auf die Suche nach Händlern, die nach Österreich versenden und überprüft dann, ob sie die entsprechenden Abgaben leisten bzw. einen Bevollmächtigten haben. Wenn nicht, wird gestraft. Verbraucher*innen sind jedenfalls nicht haftbar. Das heißt, wenn man bei einem Händler bestellt, der eigentlich nicht nach Österreich verschicken dürfte, bekommt man sein Paket dennoch.

Wie geht es weiter?

Vorerst ist  keine Lösung in Griffweite. Das Ministerium hält an der Regelung fest. Dass ein überwiegender Teil der einzelnen Händler die Registrierung plus Kosten auf sich nimmt, erscheint unrealistisch. Die umfassendste Lösung wäre zum jetzigen Zeitpunkt, dass AliExpress selbst ein System schafft, bei dem die Plattform den Verwaltungsaufwand für die Händler übernimmt. Ob das geplant ist, ist jedoch unklar.

Offen ist auch, wie sich die Situation  weiter entwickelt. Wenn mehrere ausländische Händler nachziehen, die ebenfalls der Verpackungsverordnung nicht nachkommen und aktuell lediglich aus Unwissenheit noch in Richtung Österreich versenden. Dann könnten noch weit mehr Unternehmen den Versand nach Österreich einstellen, weil sich für sie der Verwaltungs- und Kostenaufwand für einen vergleichsweise kleinen Markt schlichtweg nicht mehr lohnt.

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Thomas Prenner

ThPrenner

Beschäftigt sich mit Dingen, die man täglich nutzt. Möchte Altes mit Neuem verbinden. Mag Streaming genauso gern wie seine Schallplatten. Fotografiert am liebsten auf Film, meistens aber mit dem Smartphone.

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