Jeff Bezos tritt heuer als Amazon-Chef ab, bleibt aber Chef des Verwaltungsrats.

Jeff Bezos tritt heuer als Amazon-Chef ab, bleibt aber Chef des Verwaltungsrats.

© REUTERS/JASON REDMOND

Ermittlungen

EU-Kommission setzt Prüfung gegen Amazon wegen Steuervorteilen fort

Die EU-Kommission setzt ihr Prüfverfahren gegen den Onlineversandhändler Amazon wegen unlauterer Steuervorteile fort - trotz der geänderten Steuerpraxis des US-Konzerns. "Diese Änderungen betreffen nicht die laufende Prüfung, bei der es darum geht, ob Amazon in der Vergangenheit Steuervorteile erhalten hat", sagte ein Sprecher der EU-Kommission am Dienstag in Brüssel. "Das Verfahren läuft und wird weitergehen." Im Oktober 2014 hatte die EU-Kommission begonnen, die von Amazon in Luxemburg gezahlte Körperschaftssteuer unter die Lupe zu nehmen. Der Vorwurf lautet, Luxemburg habe Amazon unlautere Steuervorteile gewährt. Solche versteckte Beihilfen sind in der EU verboten, auf Amazon könnten hohe Nachzahlungen zukommen.

Amazon hat seine umstrittene Steuerpraxis in Europa geändert: Seit dem 1. Mai werden Gewinne nicht mehr zentral in der Europazentrale in Luxemburg, sondern in einzelnen europäischen Ländern direkt versteuert. Dies teilte Amazon am Dienstag auf Anfrage in Luxemburg mit. Zu den Staaten, in denen der US-Konzern neuerdings direkt Steuern zahlt, gehörten neben Deutschland auch Großbritannien, Spanien und Italien. Künftig solle das auch in Frankreich der Fall sein. Bisher hatte Amazon seine Verkäufe in Luxemburg verbucht. Über die vergangenen zwei Jahre seien aber in vier Staaten Filialen gegründet worden, über die nun direkt abgerechnet werde. An der Niederlassung in Frankreich werde noch gearbeitet. Der Kurswechsel sei bereits vor mehr als zwei Jahren eingeleitet worden. "Wir überprüfen regelmäßig unsere Firmenstruktur, um unsere Kunden bestmöglich bedienen zu können", teilte der Konzern mit. Dazu habe auch die Gründung der Landes-Filialen gehört.

Steuerdeal mit Luxemburg

Amazon war Ende 2014 nach der Veröffentlichung vertraulicher Steuerdokumente ("Luxleaks") in die Kritik geraten, weil das Unternehmen mit luxemburgischen Behörden besonders geringe Steuerzahlungen vereinbart hatte. Im Visier der Brüsseler Behörde ist nicht nur Amazon, sondern auch die US-Kaffeehaus-Kette Starbucks, die ihre europäischen Gewinne in den Niederlanden versteuert, der Technologie-Gigant Apple, dessen Gewinne über Irland laufen, und der italienische Autobauer Fiat, der ebenfalls das als Steueroase geltende Großherzogtum Luxemburg nutzt. Zahlreiche Staaten haben der Steuervermeidung großer Konzerne inzwischen den Kampf angesagt. Auf internationaler Ebene gehen unter anderem die 20 führenden Industrie- und Schwellenländer (G-20) sowie die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) gegen die Steuertricks vor. Der Leiter der OECD-Abteilung für Steuerfragen, Pascal Saint-Amans, sagte am Dienstag, große Konzerne würden sich zwar inzwischen zu mehr Transparenz verpflichten. Sie würden aber nach wie vor ein "extrem hartes Lobbying" betreiben, um ihre Interessen zu verteidigen, und könnten dabei auf die Unterstützung gewisser Regierungen zählen.

Der bekannte französische Wirtschaftswissenschaftler Thomas Piketty bezeichnete die Ankündigung von Amazon im Sender France Inter als "unglaubliches Eingeständnis" des Internethändlers. Verlangt werden müssten Steuernachzahlungen für die vergangenen Jahre, sagte der Autor des Bestsellers "Das Kapital im 21. Jahrhundert". Auch müsse eine europaweit einheitliche Unternehmensteuer erhoben werden. Die Debatte um die Steuervorteile für Konzerne in Luxemburg war unter anderem Ende vergangenen Jahres durch die sogenannten Lux-Leaks-Enthüllungen angeheizt worden, bei denen detailliert über hunderte solcher Fälle berichtet wurde. Ein Sonderausschuss des EU-Parlaments untersucht die Vorgänge inzwischen. EU-Abgeordnete von Linken und Liberalen warfen den Luxemburger Behörden am Dienstag aber eine Verschleppungstaktik vor. "Unsere Arbeit wird systematisch hintergangen", sagte der Linken-Europaabgeordnete Fabio De Masi der "Frankfurter Rundschau" vom Dienstag. Der FDP-Europaabgeordnete Michael Theurer warf zudem den großen Fraktionen im EU-Parlament in der Zeitung vor, die Arbeit des Ausschusses zu bremsen.

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