Fluglärm ist ein ernstes Problem für viele Menschen. An der Reduktion des Lärms wird intensiv geforscht

Fluglärm ist ein ernstes Problem für viele Menschen. An der Reduktion des Lärms wird intensiv geforscht

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Digital Life

Wie kann man Flugzeuge möglichst leise machen?

Wenn man ständig einem gewissen Lärm ausgesetzt ist, kann das Menschen krank machen. Der Straßenverkehr ist eine der Hauptursachen für lärmbedingte Probleme wie Herz-Kreislauferkrankungen, Tinnitus oder psychische Störungen. Aber auch Flugzeuge können die Gesundheit von Menschen schwer belasten - vor allem von jenen, die in Gebieten leben, über denen die An- und Abflugschneisen von Flughäfen verlaufen.

Diese Lärmentwicklung wird aber ernst genommen, sowohl von Luftfahrtregulatoren als auch von Flugzeugherstellern. In den vergangenen Jahrzehnten hat es auch einige Verbesserungen gegeben.

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Schalldämpfer für die Triebwerke

"Die 2 großen Lärmquellen bei einem Flugzeug sind die Triebwerke und die Aerodynamik", erklärt Holger Friehmelt, Leiter des Instituts für Luftfahrt an der FH Joanneum. "Wenn ein Flugzeug nicht aerodynamisch optimiert ist und viel Luftwiderstand aufweist, braucht man auch viel Schub durch die Triebwerke. Deswegen kann man das nicht unabhängig voneinander betrachten."

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Der Lärm der Triebwerke entstehe hauptsächlich, weil Luft stark beschleunigt hinten raus käme. "Wie bei einem Föhn, aber mit viel höherer Geschwindigkeit", sagt Friehmelt. Bei der Akustik haben Hersteller bereits große Fortschritte erzielt, u.a. durch die Einführung von Mantelstromtriebwerken, wo ein Luftfluss das eigentliche Triebwerk im Kern umströmt. Die äußere Luftmasse wirkt dabei wie eine Art Schalldämpfer. Auch durch die Optimierung des Luftstroms im Inneren der Triebwerke lassen sich Verbesserungen erzielen.

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Zackenkränze und poröse Schilde

In den vergangenen Jahren sind an immer mehr Flugzeugtriebwerken so genannte "Chevron Nozzles" aufgetaucht. Die gezackten Umrandungen an der Hinterseite der Triebwerke sorgen dafür, dass sich die ausströmende Luft besser mit der Umgebungsluft vermischt. Luftwirbel an der Flugzeugaußenseite sind nämlich eine signifikante Lärmquelle. So erzeugen etwa ausgeklappte Fahrwerke, sowie Klappen an den Flügeln (Flaps, Slats) 30 bis 50 Prozent des Flugzeuglärms beim Landen. Auch hier kann man Gegenmaßnahmen treffen, etwa poröse Schilde vor dem Fahrwerk, um die Luftwirbel zu verkleinern.

Widerstand abgesaugt

Was den Flugzeuglärm und den Treibstoffverbrauch von Flugzeugen in Zukunft weiter reduzieren könnte, sind neue Flugzeugdesigns. Aktuell wird etwa das Prinzip "Boundary Layer Ingestion" untersucht. "Boundary Layer" bezeichnet die Region knapp über der Oberfläche von Flugzeugen. Luftmoleküle werden dort durch Reibung verlangsamt und üben einen Widerstand aus, den man durch Schubkraft der Triebwerke überwinden muss. Man könnte Triebwerke aber an der Hinterseite eines Flugzeugrumpfs unterbringen und den Luftfluss in die Triebwerkseinlässe so gestalten, dass die "Boundary Layer" gezielt abgesaugt wird. Weniger Luftwirbel bedeuten weniger Lärm und weniger Widerstand.

Noch geringer wäre der Luftwiderstand bei Flugzeugen mit "Blended Wing Body". Mit Flugzeugen, die wie ein einziger großer Flügel aussehen, könnte man massive Lärmreduktionen erreichen. Es gibt bereits eine Untersuchung dazu, die zeigt, dass sich solche Nurflügler positiv auf die Gesundheit von Anwohner*innen in der Nähe von Flughäfen auswirken würden. Die Geräusche, die solche Flugzeuge produzieren, können bisher aber nur simuliert werden.

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Veränderte Flugrouten können Belastung verringern

Genaue Zahlen dazu, wie viele Österreicherinnen und Österreicher unter Fluglärm leiden, gibt es nicht. Eine Umfrage aus Wien zeigt immerhin, dass 3 Prozent aller Personen, die sich allgemein durch Lärm belästigt fühlen, unter Fluglärm leiden. Es sind vor allem Menschen, die im An- oder Abflugbereich des Flughafens Wien leben. Über ihre Köpfe donnern die Jets in relativ niedriger Höhe hinweg.

Um den Lärm in der unmittelbaren Umgebung von Flughäfen zu reduzieren, kann man Änderungen bei den An- und Abflugverfahren vornehmen, wie Friehmelt erklärt. Indem man etwa sicherstellt, dass Flugzeuge nach dem Abheben schnell an Höhe gewinnen, kann man das Abstandsquadratgesetz ausnutzen: "Wenn ich den Abstand zu einer Lärmquelle halbiere, ist es 4-mal so laut." Im Umkehrschluss: Schafft man also schnell viel Distanz, kann man den Lärm signifikant verringern.

Steilere An- und Abflüge

Dasselbe gilt für Landevorgänge. Aus energetischer Sicht wäre es optimal, sich einem Flughafen in einem kontinuierlichen Gleitflug anzunähern. Man könnte aber auch einen steileren Anflugwinkel wählen.

Wartepositionen könnte man in größerer Höhe unterbringen. Bei manchen Flughäfen werden An- und Abflugrouten auch während des Tages abgewechselt, damit man die Lärmbelastung örtlich besser verteilt.

Belohnung und Mitsprache

Manche Flughäfen belohnen mit ihrem Gebührenmodell Fluglinien, die besonders lärmarme Maschinen einsetzen. Der Flughafen Innsbruck hat etwa bereits 2004 lärmabhängige Landegebühren eingeführt. Dabei wird nicht bei jeder Landung eine eigene Messung durchgeführt. Die Lärmwerte stammen von Messungen, die Gutachter*innen bei der Zulassung neuer Flugzeugtypen durchführen.

Seit Kurzem haben Bürgerinnen und Bürger in Österreich auch die Möglichkeit, sich bei der Luftfahrtbehörde Austro Control zu melden und Verbesserungsvorschläge bei der Gestaltung von Flugrouten einzubringen. Die Austro Control teilt der futurezone mit: "Das Festlegen einer Flugroute hängt von vielen Faktoren ab, die Sicherheit geht natürlich vor. Aber alle Stellungnahmen werden evaluiert und nach Möglichkeit zur Umsetzung gebracht."

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David Kotrba

Ich beschäftige mich großteils mit den Themen Mobilität, Klimawandel, Energie, Raumfahrt und Astronomie. Hie und da geht es aber auch in eine ganz andere Richtung.

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