
Wie funktioniert Starlink und warum ist es so schwierig zu ersetzen?
Starlink hat sich seit seinem Start 2018 zum wichtigsten Player im Bereich Satelliten-Internet entwickelt. Das System versorgt in über 100 Ländern auch abgelegene Gebiete ohne Glasfaser- oder Mobilfunk-Abdeckung mit schnellem Internet.
Elon Musk bezeichnete Starlink in einem Tweet vom Sonntag als „Rückgrat der ukrainischen Armee“. Die Frontlinie würde „zusammenbrechen“, wenn er es abschalten würde. Auch wenn er wenig später betonte, dass er so etwas niemals tun würde, wird wieder einmal deutlich, wie gefährlich es ist, wenn einzelne Akteure alleinige Kontrolle über kritische Infrastruktur haben. Doch für Starlink gibt es derzeit noch keinen adäquaten Ersatz.
Nicht-terrestrisches Netzwerk
Starlink basiert auf einem sogenannten Nicht-terrestrischen Netzwerk (NTN). Dieses besteht aus über 7.000 vergleichsweise kleinen Satelliten, die auf einer Höhe von circa 550 Kilometern um die Erde kreisen.
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Ein Satellit der aktuellen Starlink-Generation V2 ist rund 1.200 Kilogramm schwer und etwa 7 Meter lang. Insgesamt 8 Antennen senden Mikrowellen-Frequenzen im Ku-Band (12-18 GHz), das Fernseh-Satelliten ebenfalls nutzen, im Ka-Band (26,5-40GHz) sowie im extrem hochfrequenten E-Band (71-76 GHz zur Erde, 81-86 GHz von der Erde). Je höher die Frequenz, desto mehr Daten können übertragen werden, allerdings steigt gleichzeitig die Störungsanfälligkeit bei Regen.
Satellitenschüssel braucht freie Sicht
Um Starlink zu nutzen, braucht man auf der Erde die passende Hardware, oft als „Terminal“ bezeichnet: Das Starlink Standard-Kit besteht aus einer etwa pizzaschachtelgroßen Satellitenschüssel, einem WLAN-Router, Kabeln und einem Ständer.
Die Satellitenschüssel braucht zwingend eine direkte Sichtlinie zum Satelliten am Himmel. Das heißt, man baut sie am besten auf einer Freifläche oder auf dem Dach auf. Bei der Ausrichtung hilft eine App.
Die Starlink-Satellitenschüssel funktioniert auch in Bewegung: Montiert man sie zum Beispiel auf dem Dach eines Wohnmobils, kann man darüber im Internet surfen, vorausgesetzt man fährt nicht schneller als 160 km/h und kann ausreichende Stromversorgung sicherstellen.
Außerdem gibt es Starlink für Schiffe und Flugzeuge, die sich ohne Satelliten überhaupt nicht mit dem Internet verbinden könnten. In den USA ist bei manchen Mobilfunk-Anbietern, zum Beispiel T-Mobile, auch Starlink für iPhone und Samsung-Smartphones verfügbar. So kann man Nachrichten versenden und empfangen.
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Von der Erde ins All, ins Internet und zurück
Wenn man nun über Starlink im Web surfen will, leitet der Router die Anfrage zuerst an die Satellitenschüssel weiter, die diese wiederum im Ku-Band an den nächstgelegenen Starlink-Satelliten weitergibt. Dieser schickt die Anfrage dann im Ka-Band an eine Bodenstation.
Wenn der Satellit keine freie Sicht auf eine Bodenstation hat, werden die Daten in einem Zwischenschritt per Laser an einen anderen Starlink-Satelliten weitergegeben und von dort zur Bodenstation geschickt, die per Kabel mit dem Internet verbunden ist.
Zusätzlich zu den geschätzten 150 Bodenstationen weltweit gibt es noch über 30 „Points of Presence“ (POPs), zum Beispiel in Frankfurt, Lagos oder Sydney, wie diese Studie zeigt. Daten können von den Bodenstationen per Kabel innerhalb des Starlink-Netzwerks an diese POPs umgeleitet werden, sodass sie noch schneller an ihr Ziel kommen.
Niedrige Latenz
Satelliten-Internet wurde ursprünglich von geostationären Satelliten aus betrieben, die zum Beispiel auch für Fernsehübertragung zum Einsatz kommen. Diese befinden sich auf einer Höhe von gut 35.000 Kilometern und rotieren mit der Erde mit. Weil sie so weit weg sind, kann ihr Signal zwar ein recht großes Gebiet auf der Erde abdecken, gleichzeitig ist dadurch die Latenz, also die Verzögerung bei der Datenübertragung, hoch.
Starlink ermöglicht wegen seiner niedrigen Umlaufbahn geringe Latenz, laut eigenen Angaben nur etwa 25 Millisekunden. Das ist etwas mehr als das österreichische Mobilfunknetz und theoretisch geeignet, um Videos zu streamen. Der geringe Abstand zur Erde hat aber auch einen Nachteil: ein Starlink-Satellit kann im Vergleich zu einem geostationären bloß ein wesentlich kleineres Gebiet auf der Erde abdecken. Starlink gleicht das durch die ungleich höhere Anzahl an Satelliten aus, die über die schon erwähnte optische Intersatellitenverbindung per Laserstrahl miteinander vernetzt sind.
SpaceX bringt noch mehr Satelliten ins All
Die Satelliten werden mithilfe einer Falcon-9-Rakete von SpaceX – übrigens Mutterunternehmen von Starlink – ins All geschossen. Aufgrund ihrer flachen Bauweise lassen sie sich besonders gut transportieren.
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Einmal in der Umlaufbahn angekommen, bewegen sich die Satelliten noch mithilfe ihrer eingebauten Antriebe auf ihre finale Höhe. Währenddessen sind sie bei klarem Himmel nachts mit bloßem Auge zu sehen. Astronominnen und Astronomen kritisieren Starlink deshalb wegen Lichtverschmutzung, die Teleskop-Bilder stört.
Europäische Alternativen hinken hinterher
Die EU hat vergangenen Dezember das Projekt IRIS2 beschlossen. Hinter diesem Namen steckt ein Netzwerk aus knapp 300 Satelliten, das weltweiten Breitband-Internetzugang sicherstellen soll. Es ist für staatliche Anwendungen wie Grenzüberwachung, Katastrophenhilfe und geheime Kommunikation gedacht. Es soll aber auch Firmen und Privatpersonen zur Verfügung stehen.
IRIS2 kombiniert Satelliten auf verschiedenen Höhen und verfolgt damit einen anderen Ansatz als Starlink, das nur im erdnahen Bereich aktiv ist. Das Problem: Die Fertigstellung ist erst für 2030 geplant.
OneWeb
Eutelsat, der drittgrößte Satellitenbetreiber weltweit und auch bei IRIS2 beteiligt, will mit Oneweb schon jetzt eine europäische Starlink-Alternative bieten. Derzeit betreibt der britisch-französische Konzern etwa 600 Satelliten – also nicht einmal ein Zehntel so viele wie Starlink – auf 1200 Kilometer Höhe. Innerhalb Europas soll OneWeb in Sachen Netzabdeckung und Latenz mit Starlink mithalten können.
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Doch auch hier gibt es einen Haken: Die Terminals für OneWeb kosten bis zu 10.000 Euro, die von Starlink nur um die 600 Euro. Und: Auch OneWeb-Satelliten werden mit Falcon-9-Raketen ins All geschossen, wie space.com berichtet. Unabhängigkeit von SpaceX und Elon Musk ist daher auch nicht gegeben.
Luxemburger Satelliten auf mittlerer Erdumlaufbahn
Das Luxemburger Unternehmen SES – ebenfalls involviert in IRIS2 – betreibt unter dem Namen O3b mPower eine kleine Flotte an Satelliten in der mittleren Erdumlaufbahn auf 8000 Kilometern Höhe. Auch sie wurden von SpaceX an ihren Einsatzort gebracht.
Das System erlaubt Übertragungsraten von mehreren Gigabits pro Sekunde, die Latenz beträgt wegen der größeren Entfernung zur Erde allerdings 150 Millisekunden. Der Service richtet sich derzeit hauptsächlich an Großkunden wie Schifffahrtsunternehmen.
Starlink ist seiner Konkurrenz um Jahre voraus
Zusammengefasst kann man sagen, dass Starlink seiner Konkurrenz schlicht um Jahre voraus ist. An die Zahl von 7.000 aktiven Satelliten – und es werden mehr – kommt kein Mitbewerber heran.
Außerdem hat Starlink mit seinem Mutterunternehmen SpaceX gleich passende Raketen für die Reise in die Erdumlaufbahn zur Verfügung. Diese Möglichkeit fehlt alternativen Anbietern. Dennoch ist es gerade wegen der geopolitischer Verwerfungen der letzten Wochen wichtig, sich bei kritischer Internet-Infrastruktur nicht von einem einzigen Anbieter abhängig zu machen.
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