Mobilfunker wollen keine Miete für 5G-Masten zahlen
„Die Mieten für Funkstationen auf öffentlichem Grund wie Straßen müssen entfallen“, fordert Drei-Chef Jan Trionow am Mittwoch vor Journalisten. Nur so könne man ausreichend Antennen hinstellen, um Österreich mit 5G zu versorgen", sagt Trionow. Man habe dem Infrastrukturministerium am Dienstag einen ersten Vorschlag zur Umsetzung eines 5G-Plans vorgelegt, heißt es seitens der Mobilfunkindustrie. „Wir sind auch bereit, in einer Task Force mitzuarbeiten“, so Trionow.
Die österreichischen Mobilfunkbetreiber A1, Drei und T-Mobile wollen gemeinsam den neuen Mobilfunkstandard 5G in Österreich auf Schiene bringen. 5G soll all dabei all jene Ansprüche erfüllen, die durch eine Reihe boomender Technologien gestellt werden. Das Internet der Dinge, autonome Fahrzeuge, Cloud-Speicher, Streaming-Dienste oder smarte Städte verlangen immer höhere Bandbreiten. Das soll 5G schaffen, indem Datenverkehr mit einer Rate von zehn Gigabit pro Sekunde ermöglicht wird.
„Wir brauchen 5G für die Industrie 4.0 und dafür, dass Dinge oder Fahrzeuge miteinander kommunizieren können. 5G ist außerdem eine Basis für Start-ups und der Motor der Volkswirtschaft“, erklärt die A1-Chefin Margarete Schramböck im Zuge des „IKT-Konvents“, der vom Interessensverband „Internetoffensive“, zu dem auch die drei Mobilfunker gehören, organisiert wurde.
Aufruf an die Politik
Die drei Mobilfunker drängen darauf, dass es in Österreich rasch zu einer Strategie kommt, um diese wertvolle Entwicklung, ganz vorne dabei zu sein, nicht zu verschlafen. „Es darf keine Zeit mehr verloren gehen, um Österreich 5G-fit zu machen“, sagt Trionow. Eine solche 5G-Strategie hat die österreichische Bundesregierung bereits für Mitte 2017 angekündigt. Die Förderung von 5G ist im Plan A des Kanzlers vermerkt, auch Infrastrukturminister Jörg Leichtfried hat sich dazu bekannt, dass „Österreich eine 5G-Nation“ werden soll. Bis Mitte 2017 will man einen Plan erarbeiten, heißt es dazu aus dem Ministerium.
Die Mobilfunker legen allerdings bereits jetzt los. A1, Drei und T-Mobile stellen gemeinsam ihren Forderungskatalog an die Politik vor, damit Österreich zur „5G-Nation“ wird. Eine dieser Forderungen etwa lautet, dass Geld aus der nächsten Tranche der Breitbandmilliarde in den Ausbau von 5G fließen soll. „Bisher wurde vor allem der Ausbau von Glasfaser im ländlichen Bereich gefördert. Wir wünschen uns, dass der 5G-Ausbau in den nächsten Förderphasen berücksichtigt wird“, sagt Trionow.
Forderungen der Mobilfunker
Zusätzliche müssen weiter rasch regulatorische und gesetzliche Weichenstellungen gestellt werden. „Dazu zählen ein investitionsfreundliches Klima, das derzeit in Österreich nicht herrscht“, so Trionow, „wie eine Deregulierung und eine faire, transparente Verteilung von Frequenzen und Rollout-Vereinfachungen.“ Um 5G-Vorreiter zu werden, müssen etwa Frequenzvergaben „wirtschaftlich vertretbar“ sein. Maßnahmen wie das Aufstellen von Sendemasten auf öffentlichem Grund ohne Mietkosten sollen dazu beitragen.
Konkret sehen die Pläne der Mobilfunkbetreiber vor, Glasfaser bis zu ihren Mobilfunkmasten zu verlegen. Von ursprünglichen Ankündigungen „Fiber to the Home“, als Glasfaser bis zu den Haushalten, betreffend, ist nichts mehr zu hören. Laut Schramböck kommt es durch den 5G-Ausbau aber zu „keiner Abweichung des Breitbandausbaus“. „In der ersten Fördertranche zum Breitbandausbau wurden 300 Millionen Euro vergeben. Glasfaser und 5G gehört zusammen und beides muss gleichzeitig ausgebaut werden“, so die A1-Chefin auf futurezone-Anfrage. Weitere Förderungen von 5G werden zudem anvisiert. "Es sollen auch konkrete Projekte gefördert werden", heißt es im Positionspapier der Internetoffensive.
5G fürs autonome Fahren
„Gebraucht wird 5G zum Beispiel dringend für autonomes Fahren. Die Vorstellung, dass wir in 20 Jahren noch manuell auf der Autobahn fahren, ist absurd. Die Steuerung der Fahrzeuge geht in Echtzeit und ist viel sicherer“, sagt Bierwirth als eines der dringlichsten Anwendungsgebiete für den Einsatz des schnellen Mobilfunkstandards 5G.
Auf die futurezone-Frage, ob man beim Fahren wirklich von Funkverbindungen abhängig sein möchte, antwortete die A1-Chefin: „Bis dahin wird die Anzahl der Sender noch steigen und flächendeckend sein. Wir sind überzeugt, dass die Vernetzung der Fahrzeuge in Echtzeit funktionieren wird. Ausfälle sind in einem solchen Netz engmaschiger und werden nicht auftreten.“ Die Latenzzeiten von 5G werden laut Schramböck künftig so niedrig sein, dass man den neuen Mobilfunkstandard etwa auch im Operationssaal bei einer Live-OP einsetzen könne. Auch das Schlagwort "99,9999 Prozent Versorgungssicherheit" fällt.
Netzneutralität
Es ist allerdings schwer fraglich, ob das mit den Latenzzeiten und der „geteilten Bandbreite“ und der Funktechnologie als Medium, bei dem sich alle die Bandbreite teilen, wirklich möglich sein wird, ohne, dass etwa „Spezialdienste“ bevorzugt behandelt werden. Dies ist allerdings derzeit laut der Telekomverordnung der EU zur Netzneutralität nur unter hohen Auflagen möglich. Die Mobilfunkbetreiber gehen allerdings scheinbar davon aus, dass die Netzneutralitätsregeln in Österreich so umgesetzt werden, dass sie dies ermöglichen. „Hier kommt es vor allem auf die Details an und wir wollen eine weniger strenge Auslegung des EU-Gesetzes“, antwortete Trionow.
Marcin Kotlowski, neben den drei Mobilfunk-CEOs einer der Vizepräsidenten der Internetoffensive, ist der Ansicht, dass es sich bei 5G gar um eine „Kulturrevolution“ handelt. „5G ist ein Quantensprung in der Virtualisierung von Content.“
Neue Jobs durch 5G
Laut Schramböck sollen durch den 5G-Ausbau in Österreich 35.000 neue Jobs geschaffen werden und für eine „industrieübergreifende Reduktion der Arbeitslosenquote um ein Prozent“ führen, wie eine neue Studie von Arthur D. Little ergab, die allerdings im Auftrag der Mobilfunker erstellt wurde. Zudem seien „eine Vielzahl höhere indirekte Effekte“ zu erwarten, wie etwa eine Reduktion der Abwanderung.
Laut der neuen Studie liegt Österreich international derzeit auf Platz 24, wenn es um darum geht, wie „bereit“ das Land für den neuen Mobilfunkstandard 5G ist. „Führende 5G-Nationen wie Schweden, Dänemark und Korea haben früh die Wichtigkeit von 5G erkannt und sind bereits in den Umsetzungsschritten ihrer verabschiedeten 5G-Strategien. Für Österreich ist es nun essenziell, diesem Vorbild zu folgen und rasch die richtigen Stellschrauben zu setzen“, sagt der T-Mobile-Chef Andreas Bierwirth. "Wir glauben, dass mit einem Schulterschluss aus Politik und Wirtschaft Österreich die Aufholjagd gelingt“, sagt Trionow mit Blick in Richtung Bundesregierung.
Kritik
Kritik an den Plänen der Mobilfunkindustrie kommt derzeit vor allem aus der Zivilgesellschaft. Der Chaos Computer Club Wien (C3W), der sich als Vertreter der Zivilgesellschaft sieht, fordert etwa, dass stattdessen der Glasfaser-Ausbau zu den Haushalten weiter forciert werden sollte. „5G ist der Versuch, eine begrenzte Ressource, also Frequenzen, optimal zu nutzen. Das führt zwangsläufig zu Engpässen. Glasfaser hingegen kann beliebig ausgebaut werden, das verlegen kostet und dauert, ist aber zukunftssicher und erreicht bereits mit etablierter Technik Bandbreiten, die weit über dem Hundertfachen der versprochenen (theoretischen) maximalen Bandbreite von 5G liegen. So sieht kein sinnvoller Wettbewerb aus", heißt es in einer futurezone-Anfrage zu dem Thema.