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Bold Glamour: Warum der neue TikTok-KI-Filter für Aufregung sorgt

TikTok war diese Woche mehrfach in den Schlagzeilen. Einerseits deshalb, weil die USA, Kanada sowie die EU-Kommission die Social-Media-App wegen eines Spionageverdachts auf ihren Diensthandys verbietet. Es wird vermutet, dass China mittels Hintertür auf die Daten zugreifen kann. Andererseits wegen eines neuen Filters, der für Aufruhr gesorgt hat: Der „Bold Glamour“-Filter stellt alle Filter, die es bisher auf TikTok gab, in den Schatten.

Einige dieser Videos zum „Bold Glamour“-Filter gingen auch viral, als es Memo Akten, ein Assistenzprofessor für Computer-Kunst am UC San Diego Visual Arts und bekannter, kreativer Technologe teilte. Darin ist etwa eine Frau zu sehen, die sich selbst in der Kamera ansieht und ihre Lippen, Lider und Wangen angreift. Memo Akten hat mehrere TikTok-Videos von Menschen gesammelt, die sich selbst sehen, als sie den TikTok-Filter zum ersten Mal aktiviert haben.

Was der Filter macht und was ihn unterscheidet

Der Filter, der Wangen, Lippen und Augenbrauen verändert und die Haut sichtbar glättet, funktioniert allerdings anders als wie die bisher bekannten, herkömmlichen Schönheitsfilter. Statt 3D-Effekte über ein 2D-Gesicht zu schmeißen, kommt hier voraussichtlich Machine Learning zum Einsatz (auch wenn es TikTok noch nicht fix bestätigt hat), also künstliche Intelligenz (KI).

Konkret kommen Generative Adversarial Networks (GAN, „erzeugende gegnerische Netzwerke“) zur Anwendung. „Es ist ein Meilenstein“, sagt Memo Akten. Denn bisher war so etwas nur auf Rechnern möglich, wenn man hohe Rechenleistung einsetzte, nicht auf Smartphones und bei einem Programm, das Millionen von Menschen nutzen.

„Bold Glamour“ ist außerdem der erste Filter, der in einem Social-Media-Dienst, der vor allem bei Teenagern und Jugendlichen beliebt ist, integriert ist, der anders ist, als alle anderen Smartphone-Filter, die vor allem dazu da waren, „Spaß“ zu machen und herumzuexperimentieren.

Der Schönheitsfilter wirkt echter, als alles, das es bisher gegeben hat. Man sieht keine Artefakte und künstliche Fehler durch die Filter. „Bold Glamour“ wurde deshalb schon von zigtausenden Nutzer*innen ausprobiert und zählt zu den beliebtesten TikTok-Filtern im Einsatz. Doch der neue Schönheitsfilter kommt nicht bei allen User*innen gut an.

"Psychologische Kriegsführung"

„Das bin gar nicht ich“, heißt es. Andere sprechen von „psychologischer Kriegsführung“ und davon, dass der Filter „furchtbar“ sei. Viele Menschen haben Videos von sich selbst mit und ohne diesen aktivierten Filter gemacht. Viele Menschen haben danach „Ich habe mich nie hässlicher gefühlt“ gesagt. Der Grund: Der Filter hat das Potential, einen unrealistischen Schönheitsstandard bei jungen Menschen zu etablieren. Wenn plötzlich alle nur noch Videos mit dem „Bold Glamour“-Filter auf TikTok veröffentlichen, werden derart unrealistische Schönheitsideale weiterverbreitet. Viele Menschen bekommen dann nur noch so etwas zu sehen und denken, es wäre die Normalität.

Aufgenommen mit dem Bold Glamour-Filter: Der Lidstrich, die gefärbten Wimpern, der Puder auf den Wangen: alles nicht echt

Ausprobiert: Was der Filter mit dem Gesicht macht

Auch ich habe den Filter auf TikTok ausprobiert. Bei mir hat er vor allem Make-up auf die Wangen gezaubert, die Augenbrauen nachgeschärft, meine Wimpern verlängert, die Haut glatter gemacht und mich jünger und stark geschminkt aussehen lassen - allerdings alles in einem Ausmaß, in dem es noch „natürlich“ wirkt und nicht künstlich übertrieben, so dass von vornherein klar ist, dass es sich dabei um einen Filter handelt. Im Original war ich an dem Tag ungeschminkt.

Ich konnte beim Filter aus technischer Sicht absolut keine Fehler feststellen, er wirkte tatsächlich perfekt auf das Gesicht abgestimmt und auch wenn man mit den Finger vor dem Gesicht herumfährt, waren keine Fehler zu erkennen, wie es bei vielen bisherigen Filtern der Fall war.

Selbstwertgefühl könnte darunter leiden

Das Problem daran: Während ich persönlich mich gefestigt genug sehe, um mich nicht von Schönheitsfiltern blenden zu lassen, und nicht glaube, dass ich auf TikTok die „Realität“ sehe, könnte das bei vielen jungen TikTok-Nutzer*innen, die ihre ganze Freizeit dort verbringen, einen ganz anderen Eindruck hinterlassen. Es gibt zahlreiche Studien dazu, dass Teenager traurig oder depressiv werden können, weil sie sich ständig mit anderen Social-Media-Nutzer*innen vergleichen, die sie auf TikTok oder Instagram sehen.

Der „Bold Glamour“-Filter ist aber sicherlich nur der Erste in einer ganzen Reihe von Dingen, die auf uns zukommen wird. Die Entwicklung hat gerade erst begonnen und TikTok hat angekündigt, KI-Filter-Tools für Entwickler*innen freigegeben zu haben.

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Barbara Wimmer

shroombab

Preisgekrönte Journalistin, Autorin und Vortragende. Seit November 2010 bei der Kurier-Futurezone. Schreibt und spricht über Netzpolitik, Datenschutz, Algorithmen, Künstliche Intelligenz, Social Media, Digitales und alles, was (vermeintlich) smart ist.

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