Meinung

Die neue Magenta TV Box nervt gewaltig

Wenn ich so viel fluchen würde, wie ich gerne möchte, wäre ich 3 Wochen heiser. Schon lange hatte ich nicht mehr so dringend das Bedürfnis, ein technisches Gerät anzuschreien, wie die neue Magenta TV Set-Top-Box.

Diese wird gerade zwangsverteilt. Denn wer nicht die bestehende TV-Box austauscht, kann ab März nur noch per App fernsehschauen. Ein mehrseitiger Brief kündigte das Ende 2022 an. Darin war aufgelistet, was die neue TV-Box alles nicht kann, was die alte schon konnte. Nicht dabei war eine Erklärung, wie furchtbar diese Box und die User Experience sind. Wer auch immer freigegeben hat, dass die Box so an Kund*innen vergeben wird, hat sie nie verwendet.

Exkurs: DPD nervt

Den ersten Grant gibt es schon, weil Magenta die Box mit DPD verschickt und DPD Pakete lieber direkt beim Abholshop abgibt, anstatt bei mir zu läuten. Dafür kann zwar die Box nichts, aber Magenta, weil man auch mit der Post hätte verschicken können. Und nein, das ist nicht Pest oder Cholera, sondern eher Pest oder Schnupfen. Dank Abholbox und einer Person in gelber Jacke, die tatsächlich bei meinem Haus auftaucht, wenn es ein Paket zu liefern gibt, ist der Ärger über die Post weit seltener als über DPD (GLS steht DPD in dieser Sache übrigens um Nichts nach).

Magenta ist nicht Magenta

Hat man die Magenta-TV-Box erhalten (oder abgeholt), wird die alte Box abgesteckt und für die Rücksendung verpackt. Nicht auf die zeitnahe Rücksendung vergessen, sonst gibt es böse Nachrichten von Magenta.

Ist das erledigt, heißt es: Neue Box auspacken, anstecken und loslegen – könnte man meinen. Aber: Die Box ist nichts Natives, sondern eine Android-TV-Box des Herstellers Strong, auf der lediglich eine Magenta-TV-App vorinstalliert ist. Und für diese TV-App muss man sich anmelden. Ist schnell erledigt, dachte ich in meiner naiven Vermutung, als Magenta-Kunde hier einfach nur meine Anmeldedaten einklopfen zu müssen. Magenta ist aber nicht Magenta. Ich musste erst ein neues Magenta-Konto für TV anlegen. Mit meinem Magenta-Konto, mit dem ich meinen Internetvertrag und Telefonvertrag verwalte (ist ein Kombivertrag, bei dem TV auch inkludiert ist), geht das nämlich nicht.

Die Übernahme von UPC durch T-Mobile war am 1.8.2018 offiziell abgeschlossen und bis jetzt wurde nicht geschafft, die Kund*innendaten vernünftig zu fusionieren? Rechtliche Situation hin oder her: Wenn Magenta es gewollt hätte, hätte das Unternehmen das wohl auch hingekriegt. Was es auf jeden Fall hinkriegen hätte können, ist, dass ich mich beim Einrichten des Kontos und Anmelden bei der Box nicht 3x hätte anmelden müssen, bis das alles erledigt war.

Ärgerlich, aber trotzdem in unter 10 Minuten erledigt, wenn man die Magenta-TV-Kundennummer griffbereit hat (steht auf den Rechnungen). Jetzt kann ich dafür aber fernsehen. Die Favoriten und Einstellungen muss man neu einrichten, aber davor wurde man ja schon in dem Brief gewarnt. Und ab hier beginnt der wirkliche Ärger mit der TV Box.

So wirbt Magenta für die Box auf seiner Website

Abstürze, langsamer TV Guide, asynchroner Ton

Das Teil braucht schon mal über 20 Sekunden, vom Moment des Einschaltens, bis tatsächlich ein Fernsehsender erscheint. Der TV Guide ist unfassbar träge. Will man von der Zeit her zurückschauen oder nach vorne springen, muss man 3 bis 5 Sekunden warten, bis der nächste Bildschirm geladen ist. Für manche Sendungen funktioniert die Replay-Funktion einfach nicht, obwohl sie das tun sollte. Hier startet einfach die Wiedergabe nicht.

Ebenfalls lästig: Wählt man eine Sendung um 18:10 aus, werden „Optionen“ angezeigt. Entweder man kann sich die Sendung von heute 9 Uhr früh anschauen, oder eben die um 18:10, die man ausgewählt hat. Wenn ich die Wiederholung von gestern hätte sehen wollen, hätte ich diese im Guide ausgewählt und nicht die aktuelle…

Die Box hat sich, seit ich sie seit 4. Februar in Betrieb habe, mehrmals aufgehängt. Total eingefroren, Neustart durch das Abziehen des Stromkabels war die einzige Lösung. Das Senderwechseln ist noch langsamer als bei der alten Box. Durch Drücken von oben und unten kann man nur noch alle Sender durchgehen, obwohl man im TV Guide den Filter auf Favoriten gesetzt hat. Das bedeutet, man muss jetzt eigentlich immer den TV Guide öffnen, der so unfassbar langsam ist. Dann ist zwischendurch immer mal wieder der Ton asynchron mit dem Bild. Herumprobieren in den Einstellungen brachte keine Lösung.

Wenn laut TV Guide eine Sendung zu Ende ist und die nächste beginnt, wird kurz im Vollbild die Info zur neuen Sendung angezeigt. Toll, wenn man gerade Sport live schaut und dann poppt das auf, während ein Tor oder Touchdown erzielt wird. Nervt aber genauso, wenn man eine Serie oder einen Film schaut. Auch die Timecodes stimmen nicht mehr: Aufgenommene Sendungen bzw. Replay-Sendungen starten ein paar Minuten zu spät oder hören zu früh auf. Will man zB. eine Quiz-Sendung nachschauen, fehlt die erste Frage.

Keine nativen Apps für Smart-TVs verfügbar

Es ist einfach ein Graus. Immerhin die Fernbedienung, die jetzt „Made in Austria“ ist, ist nicht mehr so grauslich wie die alte. Und weil die Box Android-TV ist, kann man diverse Apps aus dem Play Store darauf installieren. Bringt mir halt nichts, wenn ich eigentlich nur Magenta TV damit schauen will.

Aber es gibt eine Alternative. Weil Magenta TV ja nur noch eine App ist, nutze ich doch einfach diese auf einem anderen Gerät. Tja, da ist wieder meine naive Vermutung, dass große Unternehmen Wert auf die Zufriedenheit ihrer Kund*innen legen. Es gibt zwar eine entsprechende App, nicht aber für aktuelle Samsung TVs. Samsung ist ja auch nur der Weltmarktführer mit fast 30 Prozent Marktanteil, den kann man schon mal ignorieren. Immerhin: Auch LG, die Nummer 2 hinter Samsung, hat keine native Magenta-TV-App. Die gibt’s nur für iOS und Android.

Selbst wenn man Apple TV oder einen TV mit Android TV oder Google Chromecast nutzt, macht es das aber womöglich nicht besser. Aus aktueller Sicht ist es nämlich schwer zu sagen, ob die Hardware der Box das Problem ist oder die Magenta-App oder beides.

Kostenfrage

Warum tut Magenta seinen Kund*innen das also an? Vielleicht hat das Unternehmen eh nichts gegen Kund*innen-Zufriedenheit, liebt aber Geld und Gewinnmaximierung mehr. Und Beta-Tests und das Entwickeln einer guten App sind nun mal teurer als das Veröffentlichen einer verbuggten App.

Böse Zungen behaupten auch, dass Magenta ohnehin nichts am TV-Angebot liegt. UPC wurde wegen der Kabel-Infrastruktur übernommen – TV ist kein lohnendes Geschäft mehr, vor allem seit Netflix und Co. dem linearen Fernsehen Konkurrenz machen. Möglicherweise wäre es Magenta ganz recht, wenn die TV-Kund*innen sich andere Lösungen suchen, damit das Angebot abgedreht werden kann. Zumindest wird es wohl bald keine Boxen mehr geben. Dass Bestandskund*innen die neue Box erhalten haben, ist wohl ein Gnadenakt. Neukund*innen müssen für die Box bereits 2 Euro monatlich zahlen, falls sie in diesen „Genuss“ kommen wollen. Wenn man den Zugang zur TV-App zum Internettarif dazubuchen möchte (ohne Box), kostet das mindestens 7 Euro.

Zu faul, um die Qual zu beenden

Da unweigerlich die Frage aufkommen wird, warum ich Magenta TV überhaupt noch nutze, wenn es doch so schlecht ist: Weil ich faul bin. Ich bin ich die Magenta-Kombifalle getappt und zu bequem, um mich daraus zu befreien. Wenn ich die Verträge entkopple, kündige und mir zum Beispiel einen Smartphone-Tarif bei einem anderen Unternehmen hole, spare ich mir 3 Euro pro Monat durch Verzicht auf ein kostenpflichtiges Fernsehangebot.

Alternativ kann ich es mir mit journalistisch-masochistischer Neugier schönreden: Ich will sehen, wie viel schlimmer es noch wird, bis Magenta sein TV-Angebot einstellt. 3 Euro im Monat ist mir der Logenplatz wert, um der RMS Magenta TV beim Sinken zuzusehen.

 

Update: Magenta hat sich auf diesen Kommentar hin gemeldet und betont, dass weder geplant ist die TV Box noch das TV-Angebot einzustellen.

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Update 2, 27.2.2023: Aufgrund dieses Kommentars hat sich der Magenta-Kundenservice bei mir gemeldet. Hier könnt ihr nachlesen, was der Kundenservice zur Behebeung einiger der Probleme empfiehlt.

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Gregor Gruber

Testet am liebsten Videospiele und Hardware, vom Kopfhörer über Smartphones und Kameras bis zum 8K-TV.

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