Netzpolitik

Verbergen statt löschen: So läuft es auf der Facebook-Seite von Kurz

Moderator*innen von Facebook-Seiten stehen 2 Möglichkeiten beim Umgang mit unliebsamen Kommentaren zur Verfügung: Sie können gelöscht werden oder sie werden "verborgen". Das heißt, wer auch immer den Kommentar verfasst hat, bekommt ihn auf der Facebook-Seite weiterhin angezeigt, ebenso seine Freunde im Social Network. Alle anderen Facebook-Nutzer*innen sehen jedoch nichts davon.

Wie ein kleines Experiment gezeigt hat, wissen die Moderator*innen der Facebook-Seite von Sebastian Kurz über die Möglichkeit gut Bescheid.

"Weg mit Sebastian Kurz!"

Der ZDF-Journalist Christoph Schattleitner beschreibt in einem Twitter-Thread, wie er mehrfach versuchte, einen Kommentar mit der simplen Botschaft "Weg mit Sebastian Kurz!" auf der Facebook-Seite von Sebastian Kurz zu veröffentlichen. Innerhalb weniger Minuten wurde der Kommentar jedes Mal verborgen. Dass er nicht gelöscht wurde, wurde nachgewiesen, weil der Deep-Link, der direkt zu dem jeweiligen Kommentar führt, weiterhin geöffnet werden konnte.

Herabwürdigender Aktionismus

Auf futurezone-Anfrage bei der ÖVP heißt es, das Entfernen des "Weg mit Sebastian Kurz!"-Postings stehe im Einklang mit den eigenen Richtlinien. Kritik an Sebastian Kurz sei auf seiner Facebook-Seite willkommen, aber Beleidigungen, Unterstellungen und Parteiaktionismus seien tabu. Der Spruch "Weg mit Sebastian Kurz!" werde in Verbindung mit Slogans gebracht, die bei Demonstrationen von Corona-Leugnern skandiert wurden.

"Wir sehen es als notwendig an, auf den von uns betreuten Kanälen gegen Beleidigungen, untergriffige Kommentare und rassistische wie antisemitische User-Beiträge konsequent vorzugehen", heißt es in einer Stellungnahme der ÖVP gegenüber der futurezone. "Darüber hinaus wird ebenso herabwürdigender Aktionismus anderer Parteien auf unseren Kanälen verborgen."

Das Social-Media-Team der ÖVP kenne beide Optionen, mit unerwünschten Kommentaren umzugehen, und wende beide an. Weiter heißt es, man sei überzeugt davon, dass dies gängige Praxis bei allen politischen Parteien sei. Das kann auch tatsächlich nicht ausgeschlossen werden.

Häufig vorkommende Meinungsäußerung

Journalist Schattleitner meint zur futurezone, dass Corona-Leugner einen anderen Spruch verwenden. Die Formulierung "Weg mit .... !" stamme aus der Recherche für einen Artikel von 2017, bei dem es darum ging, herauszufinden, welche Politiker auf der Facebook-Seite des damaligen FPÖ-Chefs Heinz-Christian Strache kritisiert werden durften und welche nicht ("Weg mit Kern!" bliebt auf Straches Seite stehen, "Weg mit Mitterlehner!" wurde verborgen). Die Formulierung sei damals gemeinsam mit einem Anwalt gewählt worden, weil sie eine rechtlich zulässige und in politischen Auseinandersetzungen häufig vorkommende Meinungsäußerung darstellt.

Sebastian Kurz Facebook-Seite

Eine Million in der Echokammer

Dass Kommentare auf der Facebook-Seite von Kurz verschwinden - egal ob durch Löschen oder Verbergen - finde Schattleitner einfach eine spannende Frage. Die Kurz-Seite bei Facebook wird von über einer Million Menschen abonniert. "Das ist eigentlich ein riesiges Online-Medium. Nach welchen Regeln die ÖVP Kommentare entfernt, wird aber weder im Impressum noch auf der Facebook-Seite von Sebastian Kurz angeführt", so Schattleitner.  Wie mit Kommentaren umgegangen wird, lasse erahnen, wie "Echokammern" entstehen, also Bereiche in sozialen Medien, auf denen sich Menschen in ihren eigenen Einstellungen gegenseitig bestärken anstatt in Diskurs mit Andersdenkenden zu treten. Oftmals wird dafür auch der Begriff "Filterblasen" verwendet.

"Wir reden zu Recht viel über Facebooks Rolle beim Thema Echokammern. Wir sollten aber auch darüber reden, wie auf großen politischen Facebook-Seiten politische Meinungen moderiert werden." Im Falle der Facebook-Seite von Sebastian Kurz werde offenbar sehr umfassend moderiert. Vergleicht man die Anzahl der Kommentare, die Facebook unter jedem Posting ausweist, mit der Anzahl der tatsächlich angezeigten Kommentare, zeige sich, dass man bei einigen Postings der vergangenen Tage jeweils nur rund die Hälfte der eigentlich geposteten Kommentare sieht.

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David Kotrba

Ich beschäftige mich großteils mit den Themen Energie, Mobilität und Klimaschutz. Hie und da geht es aber auch in eine ganz andere Richtung.

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