Kontaktloses Zahlen am Fridge Festival 2013.
Kontaktloses Zahlen am Fridge Festival 2013.
© Barbara Wimmer

NFC in der Praxis

Fridge Festival: Kontaktloses Zahlen mit Frustpotenzial

„Bezahlung nur mit Quick.“ Diese Aussage bekamen Gäste des Fridge Festivals spätestens an einem der zahlreichen Gastronomie-Stände zu hören, wenn sie sich mit dem ersten Glühwein aufwärmen wollten. Dann hieß es: Ab zu einem der sechs Ladecontainer, die am Gelände verteilt standen und bei denen man einerseits eine kontaktlose Quick-Karte erwerben (gegen fünf Euro Kaution) oder seine eigene Bankomatkarte mit kontaktloser Quick-Funktion aufladen konnte.

Das Outdoor-Festival auf der Wiener Donauinsel, das von 22. bis 23. November stattfand, war nicht nur das erste Winterfestival in der Großstadt, sondern auch das erste Festival, bei dem man nur kontaktlos zahlen konnte. Die Veranstalter aus Ungarn, die dieses Konzept auf dem Sziget Festival in Budapest bereits seit drei Jahren umsetzen, holten sich für diese Aktion Paylife mit ins Boot. Paylife designte eine eigene Fridge Festival-Wertkarte, von der 10.000 Stück hergestellt wurden. „Quick funktioniert besonders für geschlossene Anwendungen wie Betriebskantinen. Das Festival kann man als große Betriebskantine betrachten“, erklärte Michael Bratl, Head of Payment Innovation bei Paylife, beim Rundgang über das Festival-Gelände.

Gute Akzeptanz

Neben den Quick-Karten, die man sich ausborgen konnte, gab es bereits viele Gäste, die mit ihrer eigenen Bankomatkarte mit kontaktloser Quick-Funktion gekommen sind. „Es gibt bereits rund drei Millionen Bankomatkarten im Umlauf, die über die Kontaktlos-Funktion von Quick verfügen“, so Bratl. Die Reaktionen der Festival-Besucher auf das Kontaktlos-System gestalteten sich als sehr unterschiedlich. „Ein Großteil scheint es zu akzeptieren oder steht dem System positiv gegenüber, manche hinterfragen es aber auch“, sagt Bratl. Den einen oder anderen jungen Festival-Gast hörte man durchaus beim Eingang fluchen: „Jetzt muss ich mich schon wieder bei dem sch*** Ladecontainer anstellen.“

Von Paylife kümmerten sich rund 30 Mitarbeiter, die per Funk miteinander permanent verbunden waren, rund um die Uhr darum, dass die Technik hinter dem System funktioniert hat. Die Catering-Stationen waren mittels Richtfunk mit den Containern verbunden, jedes Zahlungsterminal war im Netzwerk live zu sehen. „Bei Ausfällen gibt es ein Fallback auf 3G und 2G. Aber es ist mit dem System auch möglich, offline zu kassieren“, so Bratl. Das war auch einmal nötig – und zwar während des Stromausfalls in Floridsdorf, der am Freitag stattgefunden hat.

Kaum technische Schwierigkeiten

Insgesamt gab es rund 170 Cashless-Terminals, mit denen an den einzelnen Ständen bezahlt werden konnte. „Mit den Terminals selbst gab es keine Probleme. Nur ein Terminal wurde mit Bier beschüttet und musste ausgetauscht werden“, erzählte Bratl. Dieses wurde binnen fünf Minuten von einem Techniker getauscht. Doch wie bewährte sich das System nun tatsächlich in der Praxis bei einem Ansturm von Menschenmassen?

Zu den Stoßzeiten am Abend zwischen dein einzelnen Musik-Acts und Freeskier-Performances waren die Schlangen sowohl vor den Ladecontainern als auch vor den Gastronomie-Ständen schlichtweg gigantisch. Wer nicht von Anfang an genug Geld auf seine Quick-Karte geladen hatte, musste sich doppelt anstellen. Als ein großes Problem stellte sich außerdem heraus, dass sich viele Gäste zu späterer Stunde nicht mehr genau erinnern konnten, wie viel Geld sie bereits ausgegeben hatten und wie viel Guthaben sich noch auf der Quick-Wertkarte befindet. Diese Auskunft wurde einem zwar bei den einzelnen Ladestationen bzw. auch Gastro-Ständen mittels „Value Checker“ erteilt, allerdings wurde diese Möglichkeit angesichts der langen Schlangen nicht besonders häufig genutzt.

Probleme in der Praxis

Einige Gäste beschwerten sich zudem darüber, dass das Gastro-Personal häufig versucht haben soll, falsche Beträge abzubuchen. Dies ließ sich tatsächlich in der Praxis beobachten. Für einen Tee zahlte man in so einem Fall statt 3,5 Euro (mit Becherpfand) rasch 6 Euro (mit Becherpfand). „Entschuldigung, ich hatte die Preise für den Glühwein im Kopf. Der wird häufiger bestellt als der Tee“, so die Entschuldigung der Kellnerin. So etwas kann natürlich auch bei Bargeldzahlung passieren. In der Praxis am Festival hieß dies aber dennoch: Legte der Gast blindlings seine Karte auf das Terminal, war die falsche Summe mit dem kurzen Pieps, der bei erfolgreicher Transaktion zu hören war, weg. Unwiderruflich abgebucht von der Prepaid-Karte. Hat der Gast mitgedacht und nachgefragt, wurde die Transaktion zwar abgebrochen, bis die Verbindung des Terminals neu aufgebaut war, verstrich aber einige unnötige Wartezeit.

Doch nicht nur bei falschen Beträgen mussten Transaktionen abgebrochen werden, auch wenn jemand die Karte nicht richtig hingehalten hat, scheiterten Transaktionen. Auch wenn zu wenig Geld auf der Prepaid-Karte war, kam es zu Verzögerungen. Die langen Schlangen lassen sich daher nicht nur mit den Massen an Festival-Besuchern erklären, sondern damit, dass das System zwar in der Theorie schnell sein kann, aber in der Praxis Probleme auftauchen, die in die Kategorie „menschliche Schwäche“ fallen. Um lange Schlangen zu reduzieren, hat sich das System am Festival definitiv nicht bewährt.

Fazit: Potenzial da, aber...

User auf Facebook beschwerten sich: „Quick war doch nicht so quick.“ Die Stimmung gegen die neue Bezahl-Technologie war im Gesamten aber nicht negativ, viele Festival-Besucher sahen lediglich ein „Verbesserungspotenzial“. Für Gastronomen brachte das kontaktlose System zudem sehr wohl Erleichterungen mit sich: Sie mussten kein Wechselgeld bereit halten und es bestand keine Diebstahlsgefahr der Tageseinnahmen. Alles in allem dauerte die finale Abrechnung, bei der die Transaktionen und der Umsatz ermittelt wurden, lediglich eine Stunde. „Wir konnten die ersten Erfahrungen sammeln“, so Bratl von Paylife, denn das Fridge Festival wird nicht der letzte Großevent mit kontaktlosem Zahlen sein. „Wir führen bereits Gespräche mit Veranstaltern, auch von Fußballstadien und Konzerten.“ Ein Ding konnte am Fridge Festival zudem nicht mit Karte bezahlt werden: der Toilettenbesuch. Hier waren 50 Cent-Münzen gefragt.

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Barbara Wimmer

shroombab

Preisgekrönte Journalistin, Autorin und Vortragende. Seit November 2010 bei der Kurier-Futurezone. Schreibt und spricht über Netzpolitik, Datenschutz, Algorithmen, Künstliche Intelligenz, Social Media, Digitales und alles, was (vermeintlich) smart ist.

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