"Hasspostings im Unterricht thematisieren"
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Beim Round Table zum Thema „Wie verführerisch sind Soziale Medien?“ diskutieren Experten am Wiener Schulschiff im Rahmen der Education Sommertagung über wahre und falsche Informationen im Netz und über Online-Hetze. Auch auf Fragen wie „Wieso fallen Kinder auf die Online-Verführungen rein?“ oder „Welche Unterstützungen brauchen Kinder und Jugendliche bzw. deren Lehrende?“ gab es interessante und relevante Antworten.
Auch für Lehrerinnen und Lehrer sei es oft schwierig, zu erkennen, welche Inhalte im Netz stimmen, und welche nicht. „Lehrende haben oft Sorgen vor einem Gesichtsverlust vor ihren Schülern, aber man könnte einfach miteinander Kriterien entwickeln, wie man Inhalte im Netz beurteilt“, sagte Barbara Buchegger, pädagogische Leiterin von SaferInternet.at. Bei Hassposting im Netz müsse man unterscheiden, ob es hier um eine anonyme Gruppe gehe, oder ob sich die beteiligten Personen auch kennen und von einer Klasse stammen, so die Expertin.
Zurückziehen in die heile Welt
„Schüler gehen sehr differenziert mit Hasspostings um. Es gibt eine kleine Gruppe an Schülern, die sich explizit in der jetzigen Asyldiskussion für Asylsuchende stark macht, eine weitere kleine Gruppe, die selbst hetzt und die größte Gruppe, die sich in ihre eigene, heile Welt zurückzieht. Gerade bei den letzten beiden Gruppen braucht es viel Aufklärung im Unterricht und ein eigenes Pflichtfach politische Bildung“, sagte Lukas Faymann, Bundesschulsprecher aller 1,1 Millionen Schüler in Österreich.
"Bei Hasspostings innerhalb von Klassen muss der Umgang miteinander thematisiert werden sowie es müssen auch die strafrechtlichen Konsequenzen besprochen werden. Es hilft auch, Klassenregeln aufzustellen. Auf jeden Fall muss man die Opfer schützen und sie unterstützen, mit der Situation umzugehen, ohne viel Schaden daran zu nehmen", so Buchegger.
Facebook in der Pflicht zu handeln
Handelt es sich um „anonyme“ Hasspostings, die auf Facebook getätigt werden, soll man diese auch als Schüler bei Facebook melden und mit Erwachsenen des Vertrauens gemeinsam überlegen, wie man damit umgehen soll, ergänzte Buchegger. Verstöße, die das Verbotsgesetz betreffen, sollten zudem von den Portal-Betreibern, wie etwa Facebook, umgehend gelöscht werden, forderte Buchegger. Dies sieht auch Konrad Mitschka, beim ORF verantwortlich für den „Public Value“-Bericht, als die Pflicht des Portal-Betreibers an.
Mitschka hält auch Entlassungen nach Hasspostings, wie etwa die des KfZ-Techniker-Lehrlings, der aufgrund eines rassistischen Postings auf der Facebook-Seite eines Radiosenders seine Lehrstelle bei Porsche verlor, für gerechtfertigt. Er brachte auch ein aktuelles Beispiel mit: „Ein Mitarbeiter eines großen Unternehmens hat sich im Intranet aufgrund eines Berichts über Flüchtlinge abschätzig geäußert und wurde binnen zwei Tagen entlassen. Das finde ich gut, weil es ein klares Zeichen gegen Hassbotschaften setzt“, so Mitschka.
Lovestorms statt Shitstorms
Die Online-Marketing-Beraterin Larisa Stanescu sieht hingegen ausschließlich die Internet-Nutzer in der Pflicht zu handeln und nicht Betreiber von Portalen oder Medien. Sie empfiehlt, Postings an Facebook oder Betreiber von News-Webseiten zu melden, aber die Betreiber müssen ihrer Ansicht nach nicht von selbst aktiv werden. Um Hass im Netz in den Griff zu bekommen, empfiehlt Stanescu vor allem, als Nutzer wieder vom „Public Shaming“ wegzukommen und stattdessen mit ermutigenden, positiven Kommentaren zu reagieren, also sozusagen mehr „Lovestorms“ statt „Shitstorms“.
„Der Umgangston im Netz wird tatsächlich immer rauer“, sagt Ralph G. Schöllhammer von der Webster Privatuniversität Wien. „Deshalb wird ein Prozess zur Zivilisierung des Umgangstones benötigt.“ Schöllhammer empfiehlt deshalb, Diskussionen im Netz auf dafür eigens geschaffenen Plattformen zu führen, statt auf Facebook. Die feine Schule des Diskurses könne etwa auf Plattformen wie Parlio gelernt werden, welche gezielt versuchen, Personen mit unterschiedlichen Meinungen in „gepflegten“ Diskussionen“ zusammenzubringen. In einem derartigen Umfeld würden Personen einander zuhören, voneinander lernen, sowie ihre Positionen zumindest ein stückchenweise adaptieren. „Ein österreichisches Gegenstück zu diesem US-Trend wäre wünschenswert“, so Schöllhammer.
Vorbild sein und nicht mitmachen
Auf die Frage, was Lehrerende Schülern anbieten können, um Schüler nicht zu Hasspostern zu erziehen, antwortete Rüdiger Lohlker, Islamforscher an der Universität Wien: „Dasselbe wie offline. Offline und online sind nicht getrennt. Schüler brauchen die Möglichkeit, zu vollständigen Menschen zu werden. Geht das im System der Schule? Ansonsten überformt diese eine konkurrenzorientierte, verunsicherte, in der Krise befindliche Gesellschaft.“ Lehrer wären zudem gut darin beraten, selbst Vorbild zu sein, und sich nicht an Hasspostings zu beteiligen, hieß es zu guter jetzt.
Bei der Education Sommertagung nahmen rund 250 Lehrerinnen und Lehrer teil. Neben der Podiumsdiskussion gab es vor allem die Möglichkeit, sich mit Kollegen über Ideen auszutauschen und Projekte aus dem E-Learning-Bereich kennenzulernen.
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