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Peter Glaser: Zukunftsreich

Kronjuwelen der PC-Frühzeit

Waren es früher Trichtergrammophone oder mit einem Magischen Auge leuchtende Röhrenradios, so finden sich heute in Garagen, Kellern und auf Dachböden die Überreste einer neuen Medienfrühzeit: Mikrocomputer und Homecomputer aus dem Morgenrot der digitalen Revolution. Mit den kleinen Pionierrechnern standen erstmals auch privaten Haushalten die Segnungen vormals etagengroßer Elektronengehirne zur Verfügung; ein bißchen jedenfalls (engl.: a bit).

Falls man nun beispielsweise beim Aufräumen auf etwas stößt, das gerade mal elf Kilo wiegt und aussieht wie ein als Campingkühltasche getarntes Feldtelefon, sollte man es keinesfalls wegwerfen. Es ist der erste tragbare Computer der Welt, ein Osborne 1 aus dem Jahr 1981, damals für 1.795 Dollar zu haben; heute kostet er auf Auktionen das Doppelte aufwärts.

Sechsstellige Summen für kleine Rechner

Mit Geräten, die in den Achtzigerjahren teils noch auf Flohmärkten gehandelt wurden, lassen sich inzwischen in Einzelfällen fünf- bis sechsstellige Summen aufrufen. Der erste Apple-Computer etwa, der (nachträglich so benannte) Apple-1, war im Juli 1976 für 666.66 Dollar in den Verkauf gegangen (Steve Wozniak, die eine Hälfte von Apple, hatte ein Faible für sich wiederholende Zahlen). Etwa 200 der Geräte wurden produziert und gehören heute zu den Kronjuwelen der PC-Frühzeit.

Heute existieren nachweislich noch 61 Apple-1, sechs davon in funktionsfähigem Zustand. Anfang des 21. Jahrhunderts schwankten die Preise für die Rechner im Holzgehäuse noch zwischen 17.000 und 50.000 Dollar. 2012 erreichte ein betriebsbereiter Apple-1 bei Sotheby's in New York mehr als das Doppelte des erwarteten Preises – 374.500 Dollar (277.000 Euro). Im selben Jahr ging eine weitere der Maschinen für 400.000 Euro an einen neuen Besitzer. Im Mai 2013 wurde in Köln ein Apple-1 mit Signatur von Steve Wozniak, einem Brief von Steve Jobs und dem Originalhandbuch für 516.000 Euro verkauft.

Eine blaue Blechbox ohne Bildschirm und Tastatur

Jeder, der sich in den Siebziger- und Achtzigerjahren mit Computern zu befassen begann, mußte als erstes einen grundlegenden Unterschied der neuen Technik erlernen: Hardware ist das, was einem auf die Füße fallen kann und Software das, was einem auf die Nerven fallen kann. Mit anderen Worten: Es reicht nicht, nur eine tote Hülle zu besitzen – auch wenn sie manchmal ein bemerkenswertes Designerstück abgibt, etwa das pyramidenförmige Bildschirmgehäuse des Commodore PET 2001, dem der legendäre C64 nachfolgte.

Wer also neben Marmeladegläsern und alten Schulheften eine blaue Blechbox ohne Bildschirm und Tastatur finden sollte (Eingabe über Kippschalter, Ausgabe über rote Leuchtdioden), beschriftet mit ALTAIR 8800, der sollte sehen, dass auch die Software läuft. Das BASIC für die nach einem Star Trek-Planeten benannte Maschine aus dem Jahre 1975 war das erste Produkt der Firma Microsoft, programmiert von einem Jüngelchen namens Bill Gates.

Wer nicht von Zufallsfunden abhängig sein will, kann auch eine Mikrocomputer-Sammlung aufbauen. Aber was soll man sammeln? Exotische Geräte, die keiner kennt? Also nicht den erfolgreichen C64-Nachfolger Atari Mega-ST, der seit seiner großen Zeit Mitte der Achtziger noch in zahllosen Regalen schlummert, sondern die Atari Transputer Workstation, die einmal der Supercomputer des armen Mannes werden sollte, von der aber nur 350 Maschinen gebaut wurden. Oder ungewöhnliche High-End-Prototypen, etwa einen Apple Macintosh in einem transparenten Gehäuse, durch das die Ingenieure beobachten konnten, welche Wärmeströmungen im Inneren des Geräts verliefen?

Man kann sich auf bestimmte Rechnerfamilien spezialisieren, etwa TRS-80, Sinclair oder Amiga, auf portable Rechner („Schlepptops“) oder auf Spielemaschinen. Auf Ebay kam, als perfekte Ergänzung dazu, vor einiger Zeit eine von einem verspielten Phantom namens „collectors_king" in 30 Jahren zusammengetragene Sammlung aus 7000 Videospielen in perfektem Zustand unter den virtuellen Hammer – zum Rekordpreis von 999.999,99 Euro zuzüglich 1000 Euro Versand blieb das Konvolut allerdings unverkauft.

Die erste Webcam der Welt

Auch auf den ersten Blick unscheinbares Computer-Zubehör kann erstaunliche Preise erzielen. So erwarb die Online-Redaktion des Magazins „Der Spiegel“ im August 2011 bei einer Auktion für 3.350 britische Pfund (etwa 5.300 Euro) eine defekte Kaffeemaschine der deutschen Firma Krups. Seit 1991 hatten bequeme Studenten im Computerlabor der Universität Cambridge - und mit ihnen Netsurfer von überallher - über die erste Webcam der Welt übers Netz nachsehen können, ob sich fertiger Kaffee in dieser Maschine befindet oder erst welcher zubereitet werden mußte.

Als das Labor 2011 umzog, wurde die Kamera abgeschaltet und die zu planetarer Bekanntschaft gekommene Kaffeekanne aus dem sogenannten Trojan Room auf den Markt geworfen - ein Ereignis, das unter anderem auf den Titelseiten der Times, des Guardian und der Washington Post Erwähnung fand. Die reparierte Maschine ist wie zuvor via Webcam betrachtbar. Sie wird inzwischen als Aquarium benutzt: In der Kanne schwimmen jetzt batteriebetriebene Fische.

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Peter Glaser

Peter Glaser, 1957 als Bleistift in Graz geboren, wo die hochwertigen Schriftsteller für den Export hergestellt werden. Lebt als Schreibprogramm in Berlin und begleitet seit 30 Jahren die Entwicklung der digitalen Welt. Ehrenmitglied des Chaos Computer Clubs, Träger des Ingeborg Bachmann-Preises und Blogger. Für die futurezone schreibt er jeden Samstag eine Kolumne.

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