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Deutschland

BND fordert ein Nachrüsten zur Abwehr von Cyberwaffen

Als Reaktion auf die wachsende Verwundbarkeit der Streitkräfte durch Cyberangriffe fordert der deutsche Auslandsgeheimdienst eine ständige technische Nachrüstung. "Es bedarf einer Aufklärungs- und Analysefähigkeit, vor allem aber einer kontinuierlichen Weiterentwicklung des eigenen militärischen Potenzials", heißt es in einer Freitag bekannt gewordenen Analyse des Bundesnachrichtendiensts (BND).

Das Verteidigungsministerium sieht sich damit in seiner Linie bestätigt. Die BND-Experten fordern in ihrem Papier: "Neue Bedrohungslagen müssen dabei einkalkuliert und technische Entwicklungen berücksichtigt werden." Besondere Sorge bereitet dem Geheimdienst, dass auch konventionelle Militärtechnik zunehmend digital gesteuert wird. "Sie ist damit auch ein Einfallstor für Cyberwaffen", warnt der BND. Militärische Ziele selbst seien als Ziel solcher Angriffe zwar weniger verwundbar, weil sie besonders gesichert seien. Deswegen zielten die Cyberangriffe hauptsächlich auf zivile Infrastruktur ab, wo sie auch großen Schaden für die Wehrfähigkeit anrichten könnten.

Angriffe auf Kraftwerke

Die BND-Analyse listet eine Reihe möglicher Szenarien auf: Cyberangriffe könnten etwa die Energieversorgung ins Visier nehmen, indem sie auf Kraftwerke zielten. Sie könnten IT-gestützte Regierungs- und Parlamentsnetze knacken, die Kommunikation stören, Daten löschen und Falschinformationen streuen. Auch Verkehrsnetze seien gefährdet.

Derartige Gefahren kommen nach Analyse des BND nicht nur von netzgestützten Cyberwaffen, sondern zusätzlich auch von hochspezialisierten Neuentwicklungen konventioneller Waffensysteme. Der BND verweist beispielhaft auf einen Versuch Chinas, 2006 einen US-Satelliten durch ein Hochenergie-Laser zu blenden. Neue Anti-Satelliten-Waffen stellten eine Bedrohung militärischer wie ziviler Ziele dar, resümieren die BND-Experten.

"Zur Zeit existieren noch keine Schutzmöglichkeiten gegen diese neuartigen Waffen", warnen sie. "Insbesondere weltraumgestützte Dienste könnten künftig gravierende Auswirkungen auf die zivile Infrastruktur haben."

Nachrüsten

Der BND hält es für unerlässlich, bei der Cyberabwehr technologisch kontinuierlich nachzurüsten. "Auch heute noch gilt: Wer über die besseren militärischen Fähigkeiten verfügt, entscheidet militärische Konflikte in der Regel für sich - vorausgesetzt, die Wehrtechnik wird zielgerichtet und zeitgerecht eingesetzt." In einem bewaffneten Konflikt könnten Cyberwaffen die konventionellen Waffen aber nicht ersetzen, sondern allenfalls ergänzen.

Die Militärdoktrinen der USA, Russlands und Chinas hätten sich bereits auf die Cyber-Gefahren eingestellt, heißt es in der BND-Analyse. Auch die Rüstungsindustrie habe "die Möglichkeit einer neuen Einnahmequelle seit längerem entdeckt". Allerdings seien derzeit "noch keine ganzheitlichen offensiven Produkte bekannt, die über eine Marktreife verfügen und von Staaten oder Militärs käuflich beschafft werden könnten".

Cyber-Verteidigungsbereich

Auch die deutsche Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU) hatte erst am vergangenen Wochenende gefordert: "Wir müssen uns noch viel besser gegen diese neue Bedrohung wappnen." Sie will "Cyber" als neuen Verteidigungsbereich neben den klassischen Räumen Land, See, Luft und Weltraum etablieren. Entsprechend breiten Raum nimmt der Bereich bei der laufenden Ausarbeitung eines neuen Weißbuchs der Bundeswehr ein, das 2016 fertig sein soll.

Um die Bedeutung des Themas zu unterstreichen, hatte von der Leyen zum Auftakt ihrer Sommerreise vor zehn Tagen das Zentrum für Informationstechnik der Bundeswehr in Euskirchen besucht, das unter anderem für die Cyber-Abwehr zuständig ist. Einem Medienbericht zufolge nahm die Zahl der Hackerangriffe auf das IT-Netz der Bundeswehr zuletzt rasant zu: Im ersten Halbjahr wurden demnach 4353 sogenannte Infektionen mit Schadsoftware erkannt und beseitigt, das waren 46 Prozent mehr als im Vorjahr.

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