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Edward Snowden bittet Russland um Asyl

Der flüchtige US-Computerspezialist Edward Snowden hat nach Informationen der russischen Staatsagentur Ria Nowosti um Asyl in Russland gebeten. Das meldete die Agentur am Freitag unter Berufung auf einen Teilnehmer des Treffens mit Snowden am Moskauer Flughafen Scheremetjewo. "Hallo. Mein Name ist Ed Snowden." Mit diesen Worten begann der IT-Experte seinen Appell vor den zusammengerufenen Menschenrechtlern, auf die der Flüchtige nun seine Hoffnungen setzt. Mit ihrer Hilfe will er seinen Asylantrag in Russland vorbringen - und angeblich auch auf die Forderung von Kremlchef Wladimir Putin eingehen, dass er nicht mit neuen Enthüllungen den USA weiter schaden dürfe.

Er sehe keinen Ausweg und könne angesichts der Kontrollen von Flügen nicht ohne weiteres nach Lateinamerika ausreisen, betont Snowden. Der 30-Jährige will in Russland bleiben - als von den USA politisch Verfolgter mit Asyl. Zwar unterschrieb Snowden bei dem Treffen auch den Asylantrag, verließ zunächst den Airport aber nicht. Ein Sprecher von Präsident Wladimir Putin meint gegenüber der Nachrichtenagentur Reuters zudem, dass ein formeller Asylantrag immer noch fehlt.

Laut der Nachrichtenagentur Associated Press nahmen unter anderem folgende Personen an dem Treffen mit Snowden teil: Der Parlamentsabgeordnete Wjacheslaw Nikonov, der Chef von Amnesty International in Russland, Sergej Nikitin, Tanya Lokshina von Human Rights Watch, der russische Menschenrechtsbotschafter Wladimir Lukin und der Anwalt Genri Reznik.

Hilferuf an internationale Organisationen
Wie der Guardian berichtet, bittet Snowden internationale Organsationen, für ihn einzutreten und ihm eine Reise zu ermöglichen, ohne von den USA oder der EU daran gehindert zu werden. Bezüglich seiner momentanen Situation soll Snowden sehr zufrieden sein. Er schlafe und lebe derzeit auf dem Moskauer Flughafen. Dies berichtet Aktivistin Tanya Lokshina von der Organisation Human Rights Watch, die mit Snowden gesprochen hat.

Der holländische Reporter Olaf Koens twittert, dass Wladimir Lukin, Russlands Menschenrechts-Botschafter, Snowdens Zustand folgendermaßen beschreibt: "Er schaut nicht sehr gut aus, ein schmächtiger Typ. Aber er hat einen großartigen Haarschnitt."

Die New York Times schreibt, dass die USA unterdessen Druck auf Venezuela und Ecuador ausübt, um zu verhindern, dass diese Staaten Snowden Asyl gewähren.

Statement über WikiLeaks veröffentlicht
Die Enthüllungsplattform Wikileaks veröffentlichte Snowdens Statement zur Pressekonferenz im Internet. Die Nachrichtenagentur dpa dokumentiert Auszüge daraus in eigener Übersetzung: „Hallo. Mein Name ist Ed Snowden. Vor etwas mehr als einem Monat hatte ich Familie, ein Zuhause im Paradies, ich habe sehr angenehm gelebt. Ich hatte auch die Fähigkeit, ohne Befugnis nach Ihrer Kommunikation zu suchen, sie mir zu nehmen und sie zu lesen. Jedermanns Kommunikation zu jeder Zeit. Mit dieser Macht kann man das Schicksal von Menschen verändern. Es ist auch ein schwerwiegender Verstoß gegen das Gesetz.

(...) ich tat, was ich für richtig hielt und startete eine Kampagne, um diese Vergehen zu korrigieren. Ich wollte mich nicht bereichern. Ich wollte keine US-Geheimnisse verkaufen. Ich habe mich nicht mit ausländischen Regierungen verbündet, um meine Sicherheit zu gewährleisten. Stattdessen habe ich das, was ich wusste, öffentlich gemacht, damit das, was uns alle betrifft, von uns allen bei Tageslicht diskutiert werden kann. Und ich bat die Welt um Gerechtigkeit.

Diese moralische Entscheidung, der Öffentlichkeit über die Spionage, die uns alle betrifft, zu berichten, war folgenschwer. Aber sie war richtig und ich bereue nichts.

Seither haben die Regierung und die Geheimdienste der USA versucht, ein Exempel an mir zu statuieren, eine Warnung an all jene, die wie ich ihre Stimme erheben könnten. (...)

"Bedrohung für die Grundrechte"
Ländern, die sich für meine Menschenrechte und das UN-Asylsystem eingesetzt haben, drohten sie (die USA) mit Sanktionen. Auf der Suche nach einem politischen Flüchtling haben sie sogar die beispiellose Maßnahme ergriffen, Militärverbündete anzuweisen, das Flugzeug eines lateinamerikanischen Präsidenten nicht fliegen zu lassen. Diese gefährliche Eskalation stellt eine Bedrohung dar, nicht nur für die Würde Lateinamerikas, sondern für die Grundrechte, die jedem Menschen und jeder Nation zustehen. Nämlich frei von Verfolgung zu leben und Asyl zu suchen und es wahrzunehmen.

Trotz dieser historisch unverhältnismäßigen Aggression, haben Länder Unterstützung und Asyl angeboten. Diesen - darunter Russland, Venezuela, Bolivien, Nicaragua und Ecuador - gebührt mein Dank und Respekt. Denn sie waren die ersten, die Widerstand gegen Menschenrechtsverletzungen durch die Mächtigen und nicht die Machtlosen leisteten. (...) Es ist meine Absicht, in jedes dieser Länder zu reisen, um ihren Menschen und Oberhäuptern meinen persönlichen Dank auszusprechen.

Formelle Annahme der Asylangebote
Ich verkünde heute meine formelle Annahme aller Hilfs- oder Asylangebote, die mir übermittelt worden sind und aller weiteren, die in der Zukunft vielleicht noch folgen. Mit dem Asyl, das mir etwa Venezuelas Präsident Maduro gewährt hat, ist mein Asylstatus nun offiziell. Und kein Staat hat das Recht, mich darin zu beschränken oder zu behindern, dieses Asyl wahrzunehmen.

Doch wie wir gesehen haben, haben einige Regierungen in Westeuropa und Nordamerika eine Bereitschaft demonstriert, außerhalb des Gesetzes zu agieren, und dieses Verhalten dauert bis heute an. Diese gesetzeswidrige Drohung macht es mir unmöglich, nach Lateinamerika zu reisen und das Asyl wahrzunehmen, das mir dort in Einklang mit unseren gemeinsamen Rechten gewährt wurde.

Diese Bereitschaft mächtiger Staaten, außerhalb des Gesetzes zu agieren, stellt eine Bedrohung für uns alle dar und darf nicht weiter andauern. Folglich bitte ich Sie, meine Forderung an die betroffenen Länder nach Garantien für eine sichere Überfahrt zu unterstützen, damit ich nach Lateinamerika reisen kann sowie dabei, in Russland um Asyl zu bitten, bis jene Staaten dem Gesetz folgen und meine legale Reise zugelassen wird. Ich werde heute meinen Antrag in Russland einreichen und hoffe, dass positiv darüber entschieden wird.“

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