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NSA-Skandal

PRISM: EU-Parlament setzt Kontrollgremium ein

In einer am Donnerstag in Straßburg mit 483 zu 98 Stimmen angenommenen Entschließung werden die EU-Staaten aufgerufen, bei den Bemühungen zur Aufklärung der Affäre „alle ihnen zur Verfügung stehenden Mittel einzusetzen (...), unter anderem auch, indem sie die Vereinbarungen über die Verarbeitung von Fluggastdatensätzen und das Programm zum Aufspüren der Finanzierung des Terrorismus aussetzen". Das neue parlamentarische Kontrollgremium für Geheimdienste soll bis Jahresende einen Bericht ausarbeiten.

Die Resolution wurde von den vier großen Fraktionen im Europaparlament getragen. Sozialdemokraten und Grüne konnten sich mit ihrer Forderung nach einem Stopp der Freihandelsgespräche mit den USA nicht durchsetzen, da Konservative und Liberale gegen einen entsprechenden Abänderungsantrag stimmten.

"Handlanger der amerikanischen Interessen"
Der unabhängige EU-Abgeordnete Martin Ehrenhauser zeigte sich enttäuscht über die fehlende Mehrheit zum Stopp der Verhandlungen über das Handelsabkommen mit den USA: „Die Qualität der Untersuchung wird stark vom Kooperationswillen der US-Behörden abhängig sein. Hier wäre erforderlich gewesen, Druck auf die US-Regierung aufzubauen. Diese Notwenigkeit wurde mit der heutigen Resolution verabsäumt. Es ist ein Armutszeugnis, dass sich die Europäer abermals als Handlanger der amerikanischen Interessen präsentieren."

Der SPÖ-EU-Abgeordnete Josef Weidenholzer begrüßt das Abstimmungsergebnis im EU-Parlament: „Es wurde mit breiter Mehrheit beschlossen, dass eine Arbeitsgruppe im Ausschuss für bürgerliche Freiheiten, Justiz und Inneres eingerichtet wird, um sobald als möglich mit der Untersuchung der US-Spionageaffäre zu beginnen. Die erste Sitzung wird bereits kommenden Mittwoch, 10. Juli, stattfinden. Es müssen alle Fakten auf den Tisch, denn wir haben ein Recht darauf, zu erfahren, wie weit die USA gegangen sind.“

Datenschutzniveau darf "nicht ausgehöhlt" werden
In der gemeinsamen Resolution heißt es, dass die EU-Kommission in den Gesprächen darauf achten müsse, dass das EU-Datenschutzniveau „nicht ausgehöhlt" werde. Allerdings hatte auch EU-Justizkommissarin Viviane Reding den USA bei der Parlamentsdebatte am Mittwochnachmittag die Rute ins Fenster gestellt. „Damit man bei Verhandlungen erfolgreich sein kann, braucht man Vertrauen und Klarheit. Das schließt Spionage bei EU-Institutionen aus", betonte sie.

In der Entschließung fordert das Europaparlament die USA auf, „ohne weitere Umschweife sämtliche Informationen über PRISM und weitere Programme dieser Art (...) zur Verfügung zu stellen" und genaue Angaben zum Umfang der bisherigen Aktivitäten zu machen. Sollten die bisherigen Informationen über PRISM zutreffen, handle es sich „um eine schwere Verletzung der Grundrechte". Das Ausspionieren von EU-Vertretungen verurteilen die Mandatare als „schweren Verstoß gegen das Wiener Übereinkommen über die diplomatische Beziehungen".

"Ernsthafte Bedenken" gegen Überwachungsprogramme
Allerdings heißt es in der Entschließung auch, „dass mehrere Mitgliedsstaaten Überwachungsprogramme haben, die dem Programm PRISM ähneln". Konkret angeführt wird dabei das britische TEMPORA-Programm, aber auch Überwachungssysteme in Schweden, den Niederlanden, Deutschland und Polen. Das Europaparlament äußert diesbezüglich „ernsthafte Bedenken" und fordert alle EU-Staaten auf, bei ihren Aktivitäten die Grundrechte zu achten. Als Konsequenz aus der Spionageaffäre wird auch die EU-Kommission aufgefordert, ihre Arbeiten für ein EU-Datenschutzpaket „zu beschleunigen".

Politisches Asyl für Snowden - abgelehnt
Ein Abänderungsantrag der Linken, in dem die Erteilung politischen Asyls für den US-Geheimdienstaufdecker Edward Snowden in europäischen Staaten gefordert wird, wurde erwartungsgemäß abgelehnt. 114 Abgeordnete stimmten dafür, 422 Abgeordnete dagegen. "Es ist eine Schande, dass wir jene Behörden, die unsere Rechte brechen, verteidigen, und jene, die uns über den Rechtsbruch aufklären, jagen. Eine solche Gesellschaft kann früher oder später nur seine Akzeptanz verlieren. Wir sollten Edward Snowden Asyl in Europa gewähren", sagte Ehrenhauser dazu.

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