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Österreich

Überwachung: "Regierung im Blindflug unterwegs"

Grüne, NEOS und der AK Vorrat untermauern ihre Kritik am Entwurf zum neuen Staatsschutzgesetz: Eine parlamentarische Anfragenserie habe ergeben, dass die Regierung wenig Wissen über bestehende Überwachungsinstrumente habe. Bevor neue Befugnisse geschaffen werden, müssten die bestehenden evaluiert und der Rechtsschutz ausgebaut werden, forderten sie in einer gemeinsamen Pressekonferenz am Dienstag.

„Die Regierung weiß nichts“

Bei der Pressekonferenz präsentierten sie die Ergebnisse der Anfragebeantwortungen im Rahmen des Projektes HEAT (Handlungskatalog zur Evaluierung von Anti-Terror-Gesetzen) des Arbeitskreises Vorratsdaten (AK Vorrat). „Das Ergebnis kann man so zusammenfassen: Die Regierung weiß nichts, außer, dass sie mehr überwachen will“, kritisierte der Grüne Justizsprecher Albert Steinhauser.

Dem Entwurf zum neuen Staatsschutzgesetz, dessen Begutachtungsfrist am Dienstag abläuft, stehen die Grünen kritisch gegenüber: „Wir würden dem Gesetz in der derzeitigen Form nicht zustimmen“, sagte Steinhauser. Niko Alm, Sicherheits- und Netzpolitiksprecher der NEOS, sieht zwei Punkte besonders kritisch: zum einen den Einsatz von Vertrauenspersonen und zum anderen die Beschränkung der Kontrollmöglichkeiten des Rechtsschutzbeauftragten. Stattdessen müssten die parlamentarischen Kontrollmöglichkeiten ausgebaut werden, forderte Alm.

„Gesamtberechnung“

Ziel des HEAT-Projektes ist es, eine „Gesamtabrechnung“ über das Ausmaß der Überwachung der österreichischen Bevölkerung zu erstellen, sagte Vorstand Christof Tschohl. Unterstützt wurde der AK Vorrat dabei von den Abgeordneten der Grünen und NEOS, die insgesamt 43 parlamentarische Anfragen an sieben Ministerien einbrachten. Die Antworten, die Anfang Mai einlangten, seien wenig zufriedenstellend, kritisierte Tschohl. Neben ausweichenden Antworten vor allem mit Hinweis auf das Amtsgeheimnis seien teilweise „schwere Wissenslücken“ zu beklagen. Nur etwas mehr als ein Viertel der Fragen wurde vollständig beantwortet. „Die Regierung ist offenbar im Blindflug unterwegs“, kritisierte er.

Vor diesem Hintegrund warnten die Beteiligten der Pressekonferenz vor einer Erweiterung der behördlichen Ermittlungsbefugnisse, wie sie im Entwurf für eine neues Staatsschutzgesetz enthalten sind. „Es gibt offensichtlich kein Monitoring, was, wer oder wie oft überwacht wird. Manches wir statistisch erfasst, anderes nicht“, sagte Steinhauser. „Eine einzelne Maßnahme erscheint vielleicht unproblematisch, durch die Summe entsteht aber eine Aushöhlung der Grundrechte.“ So werde etwa der Einsatz polizeilicher Videoüberwachung nicht statistisch erfasst. „Massenüberwachung führt zu Selbstzensur und damit zu einer psychologischen Verletzung der Meinungsfreiheit“, meinte auch Alm.

„Es braucht mehr Rechtsschutz“

Es gebe eine Vielzahl an Überwachungsinstrumenten, aber es fehle ein begleitendes Monitoring, sagte Steinhauser. „Die Bürger werden eher als Objekt der Überwachung, als als Subjekt, das zu schützen ist, betrachtet. Daher glauben wir, es braucht nicht mehr Überwachung, sondern es braucht mehr Rechtsschutz.“

Bis November soll der fertige Kriterienkatalog des AK Vorrat, der für die Evaluierung bestehender und geplanter Gesetze in diesem Bereich eingesetzt werden soll, vorliegen.

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