Hunderte pilgern zu angeblicher NSA-Villa in Wien
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Eine laut dem Magazin "Format" im Besitz der USA stehende, hermetisch abgeriegelte Villa im Westen von Wien sorgt weiter für heftige Diskussionen. Nachdem der Verfassungsschutz die Existenz eines NSA-Horchpostens mitten in Wien in Abrede gestellt hatte und auch die zuständigen Stellen des Innenministeriums dementierten, ließ ein Zwischenfall mit einem Blogger die Diskussion wieder aufflammen. Wie der Blogger detailliert beschreibt, wurde er von einem Polizist vor dem Haus angehalten, weil er ein Foto machte, und zur Herausgabe seiner Personaldaten gezwungen.
Rund 200 Teilnehmer
Am Sonntag machten sich nach einem kurzfristigen Aufruf über Facebook schließlich etwa 200 Teilnehmer auf den Weg, um sich selbst ein Bild zu machen. Der Grüne Nationalratsabgeordnete Peter Pilz, der auch vor Ort war, kritisierte die Behörden: "Die Beamten machen sich strafbar, wenn sie die Aktivitäten eines ausländischen Geheimdienstes schützen. Es ist vollkommen klar, dass das illegal ist." Laut Grundbuchauszug, den Pilz auch gleich mitgebracht hatte, sei die Villa seit 1971 im Privateigentum der amerikanischen Botschaft und stehe nicht unter diplomatischem Schutz.
Pilz berief sich zudem auf eine Liste des Außenministeriums, welche vier schützenswerte Gebäude kenne. Das besagte sei jedenfalls nicht darunter. "Ob das Gebäude tatsächlich von der NSA verwendet wird, ist noch nicht bewiesen. Dass es dem US-Geheimdienst zuzuordnen ist, steht für mich außer Frage", so Pilz. Er kündigte zudem an, am Montag den Sicherheitsrat einzuberufen: "Da werden noch viele Fragen zu klären sein".
Teilnehmer berichteten der futurezone von einer friedlichen Stimmung vor Ort. Unter einigem Polizeiaufgebot ließen sich die "Spaziergänger" es sich aber nicht nehmen, Fotos von der Villa und von sich vor der Villa zu schießen und auch gleich in die sozialen Netzwerke zu stellen. Die Polizei schritt im Gegensatz zum Bericht des Radfahrers, der vor wenigen Tagen vor Ort fotografieren wollte, nicht ein. Neben vielen Privatpersonen und Politikern waren aber auch Fernsehstationen vor Ort.
Facebook-Aktion
Den Ursprung hatte die Aktion auf Facebook genommen. Dort hatten der PR-Berater Rudi Fußi und der Grüne Landtagsabgeordnete Michel Reimon am Samstag zu einem "gemütlichen Sonntagsspaziergang" und einer "Fotosafari zur NSA-Villa" eingeladen. Dabei handle es sich über keine Demo, sondern einen privaten Spaziergang für Freunde der Architekturfotografie. Am Samstagabend schon hatte Reimon zudem über Facebook mitgeteilt, dass die Veranstaltung unter dem persönlichen Ehrenschutz des Grünen NR-Abgeordneten Peter Pilz stehe, der ein Mitglied des Nationalen Sicherheitsrates sei. Erneut wurde darauf hingewiesen, dass es sich um keine Demo oder Parteiveranstaltung handle, sondern um einen "Privatspaziergang".
Während sich in Wien die Leute selbst ein Bild machten, vergeht kein Tag, an dem nicht neue Details über die NSA-Abhorchmethoden ans Tageslicht gelangen. Nachdem bereits am Donnerstag Informationen durchsickerten, dass die US- und britischen Geheimdienste auch verschlüsselte Daten wie Bankdaten und Gesundheitsdaten knacken können, sollen laut einem Bericht des Spiegels auch bisher als sicher geltende Systeme wie das Mail-System von BlackBerry kein Hindernis für die NSA darstellen.
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