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Die langen Leiden des WeTab

Was lange währt, wird endlich gut - oder im Fall des deutschen Tablet-PC WeTab eben auch nicht. Wer das (Un)Glück hatte, nach der vollmundigen Ankündigung und mehrfach verschobenem Verkaufsstart ein Gerät zu ergattern, sah sich großteils ziemlich enttäuscht. Und glaubt man den Einträgen in diversen Foren, wird in Deutschland vom Rückgaberecht fleißig Gebrauch gemacht.

Dabei sieht das ganze WeTab-Konzept auf dem Papier mehr als nur vielversprechend aus: Ein offenes System auf Meego-Linux-Basis, Flash-fähig, zwei USB-Schnittstellen, ein SD-Karten-Slot, eine Webcam und sogar ein HDMI-Ausgang sollten mit einem etwas größeren Display eine Alternative zur engen Apple-Itunes-Welt des iPads bieten. Entsprechend eifrig gingen die Vorbestellungen bei Amazon ein, wo die Geräte an die Spitze der Tablet-Verkäufe katapultiert wurden.

Schneller Start in unausgereiftem Zustand

Dann allerdings begann das lange, lange Warten, während bereits Millionen Stück des iPads verkauft waren. Offenbar wurden nicht nur die Vorbesteller ungeduldig, sondern auch der Hersteller Neofonie: Man brachte nach neuerlichen Verzögerungen um den 20. September die ersten Geräte auf den deutschen Markt, die aber alles andere als ausgereift waren.

Hier eine kurze Auflistung der Probleme: Nicht alle USB-Sticks wurden erkannt, die HDMI-Schnittstelle funktionierte nicht, ebenso wenig wie Multitouch, 3G-Karte (mit Pin-Eingabe) oder GPS. Und diese Liste erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Die im letzten Moment auf etwas über ein Kilogramm gesteigerte Masse oder der von manchen als laut empfundene Lüfter fällt da kaum mehr ins Gewicht. Schlimmer allerdings ist, dass die wenige vorhandene Software nicht oder nur teilweise auf eine Touchscreen-Bedienung ausgelegt war bzw. immer noch ist.

Fehlerhafte Updates

Zwei größere Updates halfen bisher ein wenig weiter, allerdings verstellte eines davon die Kalibrierung des Touchscreens, was bei den nur pixelgroßen Schaltflächen von Open-Office zu bisher unbekannten Frustrationserlebnissen sorgte. Erst nach Tagen (!) wurde dieser Bug wieder beseitigt. Aber auch so reagiert das Display oft nicht so, wie man es gerne hätte. Auch beim Drehen vom Quer- ins Hochformat wechselt nicht bei allen Programmen die Darstellung - und wenn, dann nur nach einem ein-, zweisekündigen "Aussetzer" und nicht immer in die gewünschte Richtung.

Die meisten dieser, nennen wir es "Probleme", könnten wohl ausgeräumt, die tristen Programme durch stylische Apps aus dem derzeit noch traurig leeren Store ersetzt und das ganze Ding zum Laufen gebracht werden. Ein Beispiel für eine "Baustelle": Der aktuelle E-Book-Reader kann nicht einmal Lesezeichen setzen.

Display für Videos ungeeignet

Was Neofonie jedoch beim besten Willen nicht gelingen wird: das Display der ausgelieferten Geräte so zu ändern, dass es zum Anschauen von Videos brauchbar wird. Filme müssen nämlich in einem ganz bestimmten Winkel betrachtet werden. Nur wenige Grad Abweichung und man sieht praktisch nichts mehr. Dabei wäre das WeTab durch SD-Karten und USB-Sticks im Gegensatz zum iPad ganz leicht mit entsprechenden Streifen zu füttern. Die Akkuleistung kann ebenfalls nicht mit der Apple-Konkurrenz mithalten: Drei bis vier Stunden, je nach Nutzung, sind gegenüber den rund acht des iPads einfach zu wenig.

Die Frustration vieler Käufer wird bei den Amazon-Rezensionen deutlich. Besonders peinlich, dass Helmut Hoffer von Ankershoffen, einer der beiden WeTab-Geschäftsführer, dabei erwischt wurde, unter falschem Namen sein eigenes Produkt dort über den grünen Klee gelobt zu haben. Er trat deswegen zurück.

Bastler-Tool für Linux-Fans

Sogar im Forum der Wetab-Community wird heiß diskutiert: Wahre "Gläubige", die hoffen, dass alles durch Updates besser wird, fühlen sich mittlerweile durch kritische Kommentare jener beleidigt, die sich frustriert entschlossen haben, ihr Rückgaberecht in Anspruch zu nehmen. Am glücklichsten scheinen jene zu sein, die kurzerhand auf die Updates pfeifen und das WeTab als eine Art Bastelgerät in der Linux-Welt verwenden. Zumindest ein Unentwegter hat sogar Windows 7 installiert. Man sieht, von der Hardware her, abgesehen vom Display, wäre genügend Potenzial vorhanden.

(APA)

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