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Architektur

Plus-Energie-Haus für Wettkampf und Praxis

LISI steht für "Living Inspired by Sustainable Innovation". Enwickelt wurde es von Studenten der TU Wien, der FH St. Pölten und der FH Salzburg gemeinsam mit dem Austrian Institute of Technology (AIT) und vielen Partnern aus der Privatwirtschaft. Das Haus soll in Zeiten von Klimawandel und Ressourcenverknappung für die Zukunft des Wohnens stehen.

Die Anforderungen bei der Planung waren groß. LISI sollte für sämtliche Klimazonen der Erde geeignet sein. Es sollte durch sehr viel Holz und weitere recycelbaren Materialien besonders umweltverträglich sein. Es sollte möglichst wenig Energie verbrauchen und dennoch modernen Komfort bieten. Nicht zuletzt sollte LISI auch barrierefrei bewohnbar sein. Theoretisch erfüllt das Haus alle diese Ansprüche, nun muss es sich im Praxistest, beim Solar Decathlon, bewähren.  

Architektonische Fußspuren
"Mein Herz schlägt höher, wenn ich solche Ergebnisse bei Bemühungen zu mehr Nachhaltigkeit sehe", sagt Ministerin Doris Bures bei der Präsentation von LISI am Freitag. Das Bundesministerium für Verkehr, Innovation und Technik (BMVIT) ist Hauptgeldgeber für das Projekt. "LISI - ein Frauenname für so ein intelligentes Haus - das find ich gut", meint Bures und merkt an, dass Österreich eine gewisse Tradition bei der Modernisierung des Wohnens vorweisen kann. Die Ministerin weckt an dieser Stelle Erinnerungen an die österreichische Architekin Margarete Schütte-Lihotzky, die in der Zwischenkriegszeit mit der "Frankfurter Küche" den Ursprung für die moderne Einbauküche gelegt hat.

Innenhöfe
Bei der Planung von LISI wurde besonderer Wert auf ein optimales Zusammenspiel verschiedener Komponenten geachtet. Zunächst sollte das Haus nach dem Innenhof-Prinzip konstruiert werden. Die Überlegungen dabei: Ein Innenhof strukturiert den Raum, ist ein geschützer Privatbereich unter freiem Himmel und hilft bei der Durchlüftung. Außerdem kann man damit Wohneinheiten dicht verbauen, verbraucht wenig Fläche und erhält dennoch Grünraum.

LISI hat gleich zwei Innenhöfe, einen Nord- und einen Südhof. Dazwischen liegt das Wohnhaus. Es kann mittels großer Glas-Schiebetüren zu beiden Höfen hin geöffnet werden. Haus und Höfe sind durch eine Fassade aus beweglichen Elementen umgeben. Diese können geöffnet und geschlossen werden, um die Grenzen zwischen privatem und öffentlichem Raum flexibel zu gestalten. LISI ist nach einem modularen Konzept gestaltet. Das bedeutet eine einfache Errichtung und die Möglichkeit eines wiederholten Auf- und Abbaus.

Anpassungsfähigkeit
Das Dach des Hauses ist mit Photovoltaikzellen übersät. Damit erzeugter Strom wird ins Netz eingespeist. Je nach Klimazone kann das Haus mit reflektierenden Außenschichten (für heiße Zonen) oder zusätzlicher Wärmedämmung (für kalte Zonen) ausgestattet werden. Der Hauseingang liegt seitlich neben dem Südhof. Eine Rampe führt zum Nordhof. Von dieser Seite wird der Innenraum betreten, während das Haus einladend Richtung Süden ausgerichtet ist.

Zur Errichtung von LISI werden 200 Quadratmeter Grundfläche benötigt. 65 Quadratmeter Wohnnutzfläche bleiben übrig. Der Großteil davon entfällt auf eine große Wohnküche. Daneben gibt es ein Bad, einen Technikraum und ein Schlafzimmer. Auf ein Kinderzimmer wurde aufgrund der Wettbewerbsregeln verzichtet. Das Haus könne aber erweitert werden, betonen die Planer.

Zehn Einzelwettbewerbe
Beim Solar Decathlon geht es darum, ein Haus für mindestens zwei Personen in einem mehrstufigen Bewerb antreten zu lassen. Wie in einem Zehnkampf gibt es zehn Einzelbewerbe. Diese beurteilen die Leistungsfähigkeit des Hauses, aber auch, wie gut man darin leben kann und wie leistbar das alles ist. Bei einem der Bewerbe muss man etwa einen Kinoabend im Haus veranstalten, bei einem anderen ein Abendessen. "Die Studenten müssen also auch Kochen lernen", sagt Karin Stiefdorf, die Projektleiterin von LISI.

Das österreichische Team ist beim Bewerb 2013 nur einer von zwei europäischen Teilnehmern. Um in den Endbewerb zu kommen, musste sich das Projekt bereits gegen 130 internationale Gegner durchsetzen. Der Solar Decathlon wird von 3. bis 13. Oktober in Irvine, Kalifornien, stattfinden. In den kommenden Monaten wird das LISI bereits in Österreich errichtet und einem Testlauf unterzogen. Danach wird das Gebäude abgebaut, in sechs Schiffcontainer verpackt und in die USA transportiert. Dort muss es innerhalb von neun Tagen inklusive Innenmöblierung wieder aufgebaut werden. Ein 40-köpfiges Team wird dabei im Einsatz sein.

Dickes Fell gefragt
Danach steht das Haus für private Besucher und die Wettkampfjury offen. In jedem Bewerb sind maximal 100 Punkte zu holen. Insgesamt geht es also darum, möglichst nah an die 1000-Punkte-Marke zu kommen. Neben aller Planung und Technik wird wahrscheinlich auch etwas Glück vonnöten sein, um als Sieger aus dem Solar Decathlon herauszugehen. Aus diesem Grund überrechte Ministerin Bures dem LISI-Team auch einen Glückbringer für den Wettkampf: Ein Murmeltier. Laut Bures steht dies für Heimat, niedrigen Energie-Verbrauch im Winter und ein dickes Fell.

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David Kotrba

Ich beschäftige mich großteils mit den Themen Mobilität, Klimawandel, Energie, Raumfahrt und Astronomie. Hie und da geht es aber auch in eine ganz andere Richtung.

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