Führerschein kann künftig am Smartphone hergezeigt werden
Führerschein kann künftig am Smartphone hergezeigt werden
© Michael Leitner

MIA

Pass und Führerschein künftig auf dem Handy

Die Frage, wie sich Menschen sicher digital ausweisen können, soll nicht von Facebook, Google und Co gelöst werden. Vielmehr soll österreichisches Know-how dazu beitragen, dass Personalausweise, Reisepässe und Führerscheine künftig nicht mehr in gedruckter Form mitgeführt werden müssen, sondern einfach und sicher auf dem Handy gespeichert werden können.

Ausweis am Smartphone MIA
Eine entsprechende Lösung inklusive App präsentierte die Österreichische Staatsdruckerei(OeSD) am Donnerstag in Wien. Das System, das auf den Namen MIA („My Identity App“) hört, soll nicht nur Identitätskontrollen in Österreich revolutionieren, sondern kann theoretisch von jedem Staat übernommen werden, der eine digitale Entsprechung zu herkömmlichen Ausweisen umsetzen möchte. Es soll in einem ersten Schritt diversen Staaten weltweit angeboten werden.

System in der Cloud

Um Datenmissbrauch zu verhindern, werden die sensiblen Daten nicht auf dem Mobiltelefon, sondern zentral auf in der Cloud gespeichert, an die das Handy über eine verschlüsselte Internetverbindung andockt. Der Austausch der Daten bei einer Ausweiskontrolle erfolgt erst nach erneuter Bestätigung des Ausweis-Inhabers auf dem eigenen Handy. Das Fremdgerät bekommt dabei über einen generierten Hash bzw. Zifferncode ebenfalls nur Zugriff auf die Cloud - die Daten bleiben dort sicher verwahrt.

Für Behörden – etwa bei Verkehrskontrollen – könnte die Arbeit damit wesentlich erleichtert werden. Zulassungsschein und Führerschein werden inklusive Foto digital übermittelt, aber auch der Unfallort sowie ein Unfallhergang könnten sofort vor Ort elektronisch erfasst werden. Neben der Ausstellung eines Strafzettels in digitaler Form erlaubt das System auch, die Führerscheinberechtigung mit einem Klick zu entziehen oder bei Verdachtsmomenten die Person genauer zu überprüfen.

"Besserer Datenschutz"

Was auf den ersten Blick stark nach gläsernem Mensch klingt, kann in vielen Situationen auch zu einem besseren Datenschutz führen, ist OeSD-Geschäftsführer Lukas Praml im Gespräch mit der futurezone überzeugt. So bekommt ein Türsteher bei der Altersüberprüfung eines Lokalbesuchers lediglich dessen Foto sowie die Bestätigung übermittelt, dass jener über 18 Jahre alt ist. Andere Daten wie Name, genaues Geburtsdatum etc. bleiben bei dieser Ausweiskontrolle geschützt, da sie irrelevant sind.

Lukas Praml, GF Österreichische Staatsdruckerei
Selbiges kommt auch bei einem privaten Autoverkauf oder beim Ausweisen in einem Hotel zur Anwendung, wo man bisher ohne Zögern seinen Reisepass oder andere persönliche Dokumente aushändigte. Weitere Anwendungsszenarien sind das sichere Einkaufen im Internet oder etwa das Eröffnen eines Bankkontos online inklusive Identitäts-Check. Auch Gesundheitskarten und andere Firmen-ID-Ausweise könnten künftig in MIA hinterlegt werden.

Um das System noch sicherer zu gestalten, wird die App zusätzlich mit Fingerprint- oder PIN-Eingabe geschützt. Auch der neue Authentifizierungsstandard FIDO wird bei der Zweifaktor-Umsetzung berücksichtigt. Geht das Handy verloren, können die für das Gerät erteilten Zertifikate gelöscht werden. Die darauf verknüpften Ausweise werden damit für Kriminelle wertlos - laut Praml ein weiterer Vorteil im Vergleich zu gedruckten Ausweispapieren, die nach dem Verlust oftmals in falsche Hände gelangen.

Innenministerium interessiert

Ob Ausweise in Österreich künftig am Handy gespeichert werden, hängt in erster Linie vom Gesetzgeber ab. Innenministerin Johanna Mikl-Leitner begrüßte die Lösung der Staatsdruckerei, die unter anderem für die Herstellung der Reisepässe verantwortlich zeichnet. „Die Chancen der Digitalisierung können nur genutzt werden, wenn wir wissen, mit welchem Gegenüber wir es zu tun haben. Es wäre wünschenswert, dass digitale Identitäten so sicher wie der Reisepass sind und solche Systeme auch in anderen Staaten zum Einsatz kommen“, sagte Mikl-Leitner.

MIA OeSD
Laut Praml ist das System technisch in einem halben Jahr umsetzbar. Bis die rechtlichen Rahmenbedingungen sowie Fragen zu Datenschutz und Kosten geklärt sind, dürfte es aber noch länger dauern. Die App ist für Android und iOS praktisch fertig entwickelt, auch Smartwatches auf Android-Wear-Basis sowie die Apple Watch werden mit adaptierten App-Versionen unterstützt. Wer bei der Entwicklung von MIA auf dem laufenden bleiben will, kann sich auf der Webseite der Staatsdruckereiper E-Mail eintragen.

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Martin Jan Stepanek

martinjan

Technologieverliebt. Wissenschaftsverliebt. Alte-Musik-Sänger im Vienna Vocal Consort. Mag gute Serien. Und Wien.

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