Ein kurzer 3D-Hörausflug an den Traunsee
Libellen haben den Rundumblick. Mit mehr als 30.000 einzelnen Augen besitzen sie einen Sichtradius von 360 Grad. Der Mensch hat mit zwei Augen immerhin ein horizontales Gesichtsfeld von 180 Grad.
Was darüber hinaus geht, gleicht er über die Ohren aus. Während Libellen gar nicht hören, bewegt sich der Mensch akustisch im dreidimensionalen Raum und erkennt im Normalfall, von wo eine Geräsuchquelle kommt.
„Aus prähistorischen Zeiten sind wir es gewohnt, Gefahrenquellen über den Gehörsinn aus allen Richtungen wahrzunehmen”, erklärt Thomas Maislinger, Toningenieur und Teil des Sound Design Kollektivs Totem Warriors.
Komplexe Technologie
Was in der Realität nicht weiter auffällt, wird im Kinosaal zum Erlebnis. Wenn ein Flugzeug von hinten über die Köpfe der Besucher rast, muss man es auf der Leinwand gar nicht mehr sehen.
Über zahlreiche Lautsprecher kommt der Zuhörer dem realen Erleben möglichst nahe. Damit das klappt, hat jeder Kanal seinen eigenen Lautsprecher, der separat angesteuert wird. In der Gesamtheit ergibt sich so eine umfassende Klangkulisse.
3D-Klang mit Kopfhörern
Schaut man sich einen Film in den eigenen vier Wänden an, ist man meistens wieder auf das Hören in Stereo zurückgeworfen, also über zwei Lautsprecher. Die wenigsten besitzen ein mehrkanaliges rundum Soundsystem wie beispielsweise Dolby Atmos.
Neueste Entwicklungen ermöglichen das dreidimensionale Hören jedoch auch zu Hause. „Beinahe jede Person besitzt Kopfhörer, daher hat man versucht, 3D Audio Technologien über diesen Weg zu simulieren”, erzählt Thomas Maislinger. Damit beim Konzert der Philharmoniker in den Kopfhörern die Geigen von links, die Kontrabässe von rechts und die perkussiven Instrumente aus der letzten Reihe kommen, muss intensiv getrickst werden.
Die Technologie eruiert zunächst, wo Schall das erste Mal aufschlägt und welche Schallwellen er in Bezug auf die Objekte im Raum zieht. Vergleichbar ist das mit einem Stein, der ins Wasser fällt und Kreise zieht, die immer schwächer werden.
Jeder Mensch hört anders
Der Mensch hört unbewusst, wo die Reflexionen abnehmen und wie sich Schall im Raum bewegt. Mit der so genannten binauralen Übertragung wird exakt berechnet, wie der Ton auf dem linken und rechten Ohr zu klingen hat, damit er möglichst realistisch ist.
Die größte Herausforderung dabei ist, dass Hören je nach Kopfform und Kopfgröße der Ohrmuschel und sogar je nach Körperbau unterschiedlich funktioniert. Mit fremden Ohren entspricht die Wahrnehmung nicht mehr der eigenen.
Daher basiert das 3D hören derzeit auf einem Mittelmaß. „Das funktioniert im Normalfall schon sehr gut", sagt Maislinger. Die Zukunft des kopfhörerbasierten 3D Audio geht allerdings noch einen Schritt weiter.
Technologie wird auf den Körperbau angepasst
Anhand einer personalisierten HRTF (Head Related Transfer Funktion, zu Deutsch: kopfbezogene Übertragungsfunktion) werden 3D Audio Technologien erstmals individuell auf die eigene Anatomie zugeschnitten.
Über diverse Apps wird je nach Körpermaßen eine maßgeschneiderte akustische Karte gezeichnet, die in weiterer Folge auf die Kopfhörer übertragen wird. Damit ist es tatsächlich fast so, als ob die Philharmoniker im eigenen Wohnzimmer aufspielen würden.
Es ist übrigens seit 2015 Tradition, dass der Mittschnitt des alljährlichen Neujahrskonzerts, der Wiener Philharmoniker mit Auro 3D-Ton auf Blu-Ray Disc erscheint.
Mit 3D-Klang am Ufer des Traunsees sitzen
Im Rahmen des Projekts Tiefenrausch hat der Kurier den Traunsee und seine Umgebung binaural aufgenommen. Für den 3D-Klang unbedingt Kopfhörer benutzen.