Science

ArduSat: Erster Satellit für den Hausgebrauch

„Jeder denkt sich: Alles, was mit Weltraum zu tun hat, dauert Jahre und ist exorbitant teuer", sagt Peter Platzer, der Projektleiter von ArduSat. Eine irrige Meinung sei das. „Heutzutage kann man mit 100.000 Euro einen Satelliten bauen und launchen. Und für ein paar hundert Euro kann man jedem Menschen Zugang geben."

ArduSat ist ein wahrlich internationales Projekt: Der geborene Wiener entwickelte das Konzept gemeinsam mit einer Ungarin, einem Belgier und einem Kanadier unter dem Firmennamen Nanosatisfi. Derzeit sitzen alle in Kalifornien wie auf Nadeln, denn die Kickstarter-Kampagne zur Finanzierung endet am 15. Juli. Das ursprüngliche Ziel von 35.000 Dollar war – zur allseitigen Euphorie – in nur sechs Tagen erreicht. ArduSat ist auf dem besten Weg, die 100.000 Dollar-Marke zu erreichen. Launchdatum: im ersten Halbjahr 2013.

Mini Mikro Nano Pico
Unter Satelliten stellt man sich meist eine tonnenschwere Konstruktion aus Metall und Elektronik vor. Fast so groß wie ein Haus. Und furchterregend, wenn sich das Wunder der Technik in einen wertlosen Schrotthaufen verwandelt, der rasant in Richtung Erde taumelt. 2011 stürzten zwei massive Forschungssatelliten ab: der UAES der US-Weltraumbehörde NASA, und bald darauf folgte der deutsche ROSAT.

Doch so wie beim Handy und beim Computer schreitet die Miniaturisierung auch bei Satelliten voran. Die Reihung geht quasi nach Gewichtsklasse: Minisatelliten wiegen zwischen 100 und 500 Kilogramm, Mikrosatelliten von 10 bis 100 Kilogramm, Nanosatelliten von ein bis 10 Kilogramm. Picosatelliten sind mit 0.1 bis ein Kilogramm die Fliegengewichter.

ArduSat ist ein Nanosatellit der Kategorie CubeSat: ein Würfel mit einer Kantenlänge von jeweils 10 Zentimetern. Jetzt, in der Finanzierphase, werden Pakete angeboten: „Für 150 US-Dollar kann man mit der Kamera 15 Bilder machen. Ob vom Mond, vom Heimatort oder von seinem Sternzeichen", sagt Peter Platzer. Für 350 Dollar kann man Daten mit den Sensoren sammeln. Der Mini-Würfel ist nämlich mit einer ganzen Batterie davon ausgestattet: etwa mit Infrarot-, Ozon- oder CO2-Sensoren sowie mit einem Magnetometer und einem Spektrometer. Letzteres ermöglicht, Daten zu sammeln, wie es derzeit nur Profi-Astronomen möglich ist: „Mit einem Spektrometer kann man bestimmen, ob die Atmosphäre eines fernen Planeten beispielsweise lebensnotwendige Moleküle enthält. Schüler oder Studenten können also künftig für wenig Geld ihre eigenen, wissenschaftlichen, weltraumbasierten Kleinexperimente durchführen.

Am Anfang waren....Beanie Babys
Die Idee zu Nanosatelliten stammt übrigens nicht von den Giganten der Weltraumforschung, der US-Weltraumbehörde NASA und dem europäischen Gegenstück ESA, sondern aus dem Universitätsbereich. Der Vater der NanosatellitenRobert Twiggs, ärgerte sich die längste Zeit, dass es so lange dauerte, bis die angehenden Weltraumingenieure an der Stanford University Mikrosatelliten (10 bis 100 Kilogramm) zusammenbauten. Außerdem war der Launch für das Institut auf die Dauer zu teuer. Die Inspiration zu viel kleineren Modellen kamen dem Wissenschaftler in einem Plastikgeschäft. „Dort habe ich eine quadratische Schachtel zum Sammeln von Beanie Babys gefunden. Ich hatte ein paar Solarzellen herumliegen. Und die passten ganz wunderbar auf die Beanie Baby-Schachtel."

Der erste Nanosatellit startete 2003 in die Erdumlaufbahn. Mit drei Monaten Lebensdauer hatte man gerechnet; der Cube-Sat funktionierte ein volles halbes Jahr ganz prächtig. Dann kollabierte die Batterie. Das erste und damals einzige Experiment des Prototypen: Dort, wo die Erde bebte, elektromagnetische Felder im Niedrigfrequenzbereich zu orten. Und das gelang auch.

Nanosatelliten der TU-Graz im Weltraum
Nanosatelliten haben ihre Grenzen: So klein und so billig lässt sich kein auf 25 Jahre Lebensdauer konzipierter Fernsehsatellit bauen. Doch der Vorteil für die Forschung liegt auf der Hand: Ein solcher Würfel lässt sich vergleichsweise rasch bauen, testen und launchen. Fällt einer vom Himmel, ist der Verlust zu verschmerzen und ein Ersatz rasch finanziert.

„Ein wesentlicher Teil der Kostenersparnis ergibt sich auch aus den billigeren Materialien" erklärt Otto Koudelka von der TU Graz. Weltraumqualifizierte Schaltkreise baut man beispielsweise mit einer Schutzschicht aus Silizium, damit dieser möglichst nicht durch die Teilchenstrahlung beschädigt wird. Bei Kleinsatelliten verzichtet man darauf. „Die Bauteile sind an sich nicht den harschen Weltraumbedingungen angepasst. Dadurch ist das Ausfallsrisiko für einen Nanosatelliten höher als für einen konventionellen."

Möglichst langes Leben wünscht er sich naturgemäß für die beiden CubeSats TUGSAT 1 (TU Graz Satellit) und UniBRITE (BRITE steht für Bright Target Explorer). Ziel der Mission: die Helligkeitsschwankungen von 300 fernen Sonnen in der Milchstraße zu messen. TUGSAT 1 und UniBRITE sind Teil der ersten Nanosatellitenformation: Sie werden gemeinsam mit zwei kanadischen und zwei polnischen Nanosatelliten die spektrale Auflösung im blauen und im roten Bereich messen. Nach Startverzögerungen soll es nun im Herbst so weit sein: Die beiden österreichen Kleinsatelliten sollen an Bord einer Rakete der indischen Weltraumbehörde ins All reisen.

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