Island wird erste Nation, die Solarstrom aus dem All bekommt
Das britische Start-Up Space Solar will Solarstrom von riesigen Satelliten zur Erde schicken. Mit der isländischen Energiefirma Reykjavik Energy konnte es jetzt einen Partner für die Umsetzung dieses ambitionierten Vorhabens gewinnen. Damit könnte Island das erste Land werden, das Strom aus dem All bezieht.
Dafür will Space Solar bis 2030 das Satellitenkraftwerk „CASSIOPeiA“ (Constant Aperture, Solid-State, Integrated, Orbital Phased Array) in Betrieb nehmen. Es soll in einem geosynchronen Orbit in etwa 35.700 km Höhe positioniert werden. Das bedeutet, der Satellit hat die gleiche Geschwindigkeit wie die Erddrehung.
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68 Raketenstarts nötig
CASSIOPeiA wurde von International Electric entwickelt. Das fertige Kraftwerk wird laut Space Solar 2.000 Tonnen wiegen, einen Durchmesser von 1.700 Metern und eine Länge von 4 Kilometern haben.
Das soll modular aufgebaut sein. Die sechseckigen Paneele sollen im All von kleinen Drohnen zusammengesetzt werden, wie eine Video-Animation demonstriert.
Dabei setzt Space Solar auf das Starship von SpaceX. Es soll künftig 21 Tonnen in den geosynchronen Orbit bringen können. Kann das Starship im All aufgetankt werden, steigt die Nutzlast auf 100 Tonnen – das Manöver soll 2025 erstmals getestet werden. Gegenüber Sky News erklärte Firmengründer Martin Soltau, dass schätzungsweise 68 Raketenstarts notwendig wären, um das gesamte Kraftwerk ins All zu bringen.
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Gigawatt-Anlage bis 2036
Die Solarpaneele des fertigen Kraftwerks sind in einer riesigen Spirale angeordnet, um zu jeder Zeit Sonnenenergie sammeln und liefern zu können. Die erste Anlage soll innerhalb von 5 Jahren 30 Megawatt Strom liefern. Bis 2036 sollen dann weitere Anlagen produziert werden. Sie sollen jeweils Strom im Gigawatt-Bereich zur Erde schicken können, schreibt Space Solar.
Umsetzung bis 2030 fraglich
Ob sich so der straffe Zeitplan mit einem Start 2030 erfüllen lässt, ist fraglich. Zuerst muss SpaceX es schaffen, das Starship innerhalb der nächsten Jahre in einer hohen Frequenz in den regulären Betrieb zu bringen. Die Testflüge laufen zwar gut, doch um 68 Flüge in den geosynchronen Orbit für eine Firma zu ermöglichen, ist es noch ein weiter Weg.
Und selbst wenn das klappt, steht das Unternehmen aber vor weiteren Herausforderungen. Zwar wurden bereits Roboter für Montagearbeiten im All verwendet (z.B. bei der ISS), allerdings ist das Zusammensetzen einzelner Solarpaneele im All zu einer so riesigen Struktur im geosynchronen Orbit bisher noch Neuland. Größere Bauten wurden bisher nur im niedrigen Erdorbit (LEO) gemacht.
Im geosynchronen Orbit ist das komplexer, da Faktoren wie Strahlung, die große Entfernung, Schwerkraft und Bahndynamik beachtet werden müssen. Space Solar hält sich zudem mit Informationen, wie die Technologie funktioniert, wie viel Geld dafür benötigt wird und wie der Aufbau im All funktionieren soll, bedeckt. Das weckt Zweifel, wie weit das Unternehmen sein Vorhaben tatsächlich schon entwickelt hat.
Fehler bei der Montage könnten im dazu führen, dass enorme Mengen an Weltraumschrott entstehen. Zum anderen muss die Technologie viele Jahre funktionieren und das mit so wenig Wartung wie möglich. Denn regelmäßig Roboter so weit ins All zu schicken, um einzelne Solarpaneele auszutauschen, ist kostenintensiv.
Neben NASA und ESA wollen mehrere Start-ups Solarstrom aus dem All ermöglichen. 2023 demonstrierte das California Institute of Technology (Caltech), dass das Prinzip grundsätzlich funktioniert (futurezone berichtete). Neben Island plant auch Saudi Arabien bei seinem Megaprojekt NEOM Strom aus dem All zu beziehen.
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