Handliches Gerät aus Österreich misst Blutdruck ohne Manschette
Pochen im Kopf, Summen im Ohr und Schwindel – so kann sich Bluthochdruck bemerkbar machen. Jeder 4. Österreicher leidet darunter. Eine unangenehme Sache, bei der uns heimische Forscher durch ein neues Gerät unterstützen wollen. Sie haben ein digitales Messgerät entwickelt, das ohne Manschette auskommt.
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Jeder hat schon mal Blutdruck gemessen: Eine Manschette mit Klettverschluss wird um den Oberarm gelegt und aufgepumpt. Das stoppt den Blutfluss. Mittlerweile haben Sensoren in der Manschette das Stethoskop abgelöst und übertragen Daten auf Handys. Die klobige Armmanschette bleibt aber. Sie ist lästig und nicht sehr diskret.
Auch die Samsung Galaxy Watch „misst“
Zwar gibt es mittlerweile Smartwatches, wie etwa die Samsung „Galaxy Watch“, die auch den Blutdruck ermitteln kann. Die Probleme fangen aber an, wenn man damit zum Arzt geht und sich Tabletten holen will. Tatsächlich messen diese Wearables den Blutdruck nicht wirklich – sie registrieren nur Veränderungen. Damit das funktioniert, muss man sich außerdem gelegentlich ein echtes Messgerät umschnallen, um richtige Messwerte als Referenz zu kriegen.
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Insgesamt seien diese Daten zu ungenau, erklärt Sigfried Wassertheurer vom AIT Austrian Institute of Technology, der das Forschungsprojekt leitet: „Blutdruck verändert sich extrem schnell. Jedes Mal, wenn Sie sich bücken, muss Ihr Herz anpumpen und die Gefäße ziehen sich zusammen, damit der Druck gleich bleibt.“ Exakte, regelmäßige Messungen seien im Ernstfall wichtig. „Sonst könnten sie zu wenig oder die falschen Tabletten nehmen“, so Wassertheurer.
Stift passt in jede Handtasche
Die Forscher vom AIT und der FH Wiener Neustadt haben deshalb ein manschettenloses Gerät entwickelt, das medizinischen Standards entspricht. Das stiftförmige Gerät ist so klein, dass es in jede Handtasche passt – etwa so groß wie ein Mascara.
Zum Messen drückt man einfach seine Finger auf diesen Stift. Neben einem optischen Sensor, den auch die Galaxy Watch hat, enthält der Stift einen neuartigen Kraftsensor. „Der erkennt, wie stark man aufdrückt. Er misst die Veränderung des Ausschlags“, erklärt Technik-Chef Christopher Mayer vom AIT.
„So funktioniert das auch bei der Oberarm-Manschette. Bei dieser wird externer Druck angebracht, der nach und nach abgelassen wird. Dadurch verändert sich die Pulswelle und man kann so den Blutdruck bestimmen“ erklärt Mayer. Dank dieses Sensors konnten sie das Manschettenprinzip auf den kleinen Stift übertragen. Eine App zeigt, wie stark man andrücken soll, und dokumentiert die Ergebnisse über längere Zeit.
Interessenskonflikt bei Samsung, Apple und Co
Theoretisch könnte man diese österreichische, patentierte Technologie in eine Smartwatch oder ein Handy einbauen. Tech-Firmen würden das aber gar nicht unbedingt wollen, meint Wassertheurer. „Würden sie richtige Medizinprodukte machen, müssten sie Auflagen erfüllen, die gegen ihr Geschäftsmodell gehen“, erklärt er. Denn für Medizinprodukte gelten viel strenge Regeln als für Lifestyle-Geräte wie Handys oder Smartwatches. „Wären diese ein Medizinprodukt, müssten sich die Hersteller jedes Mal um eine neue Zulassung bemühen“, so Wassertheurer.
Unterm Strich lohne es sich für die Tech-Firmen daher nicht, Geräte zu verkaufen, die Messdaten liefern, auf deren Basis Ärzte und Ärztinnen Medikamente verschreiben könnten. Schließlich wollen sie ihre Wearables laufend durch neue Generationen ablösen.
So wird gemessen
Blutdruckmessen
Bisher wird mit einer Oberarm-Manschette der Blutfluss gestoppt. Dann wird dieser Druck langsam abgelassen, das Blut fließt wieder und 2 entscheidende Blutdruckwerte werden gemessen.
So misst die Smartwatch
Sie erkennt mit einem optischen Sensor von der Haut reflektiertes Licht. So lässt sich ablesen, wie viel Blut durch die Gefäße fließt. Für die korrekte Funktion muss regelmäßig der Abgleich mit einem klassischen Blutdruckmessgerät erfolgen.
Für die strenge Marktzulassung macht die FH Wiener Neustadt nun allerlei Tests. „Man muss ein standardisiertes Verfahren im Labor nachweisen“, erklärt der Verantwortliche Severin Maurer. Sie beobachten Testpersonen, die mit dem Stift messen. „Gleichzeitig messen wir mit einer Manschette und legen den Testpersonen Elektroden an, um ihr EKG zu erhalten“, erklärt er.
Auch Millenials und GenZ entwickeln Bluthochdruck
Partner sollen den Stift-Prototyp zur Marktreife weiterentwickeln. Die Forscher führen bereits Gespräche mit der Industrie. Dabei würden sie auf großes Interesse stoßen.
„Die Hersteller wissen, wenn sie die Möglichkeit anbieten, ohne Manschette zu messen, bevorzugen das 9 von 10 Menschen“, so Wassertheurer. Gerade junge Menschen, von denen bereits viele an Bluthochdruck leiden, würden eine modernere Variante, wie die von ihnen gebotene, bevorzugen.