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USA

Aufseher prüfen Facebooks Börsendebakel

Einige dieser Banken sollen - auch auf Betreiben von Facebook - die Geschäftsprognosen für ihren Schützling kurz vor der mit großer Euphorie erwarteten Erstnotiz überraschend gesenkt, diese Informationen aber nicht allen Anlegern zugänglich gemacht haben. Eine Anwaltskanzlei aus Los Angeles reichte deswegen eine Sammelklage gegen Facebook und die Konsortialbanken ein, darunter Morgan Stanley. Auch für die Nasdaq hat das Debakel ein juristisches Nachspiel. Ein US-Investor verklagte den New Yorker Börsenbetreiber wegen der technischen Pannen zu Handelsbeginn.

Neben der SEC kündigte der Vorsitzende der Financial Industry Regulatory Authority (Finra), Richard Ketchum, an, die Verbreitung der Geschäftsinformationen zu überprüfen. Unmittelbar vor der Erstnotiz senkte Morgan Stanley Anlegern zufolge die Umsatzprognose für den boomenden Online-Treffpunkt. Auch der Bundesstaat Massachusetts will die Vorwürfe untersuchen. Eine entsprechende Vorladung sei zugestellt worden, teilte die zuständige Landesbehörde mit. Morgan Stanley erklärte, man habe bei Facebook die gleichen Abläufe eingehalten wie bei jedem anderen Börsengang. Es seien keine Vorschriften verletzt worden. Facebook äußerte sich nicht dazu.

Unverständnis über Facebooks Informationspolitik
Die Wut und das Unverständnis über die Informationspolitik kurz vor dem größten Börsengang eines Internetunternehmens ist groß. "Das passierte noch während der Werbetour - so was habe ich in den vergangenen zehn Jahren nicht erlebt", sagte ein Insider bei einer Fondsgesellschaft, die von Morgan Stanley über die korrigierte Vorhersage informiert worden war. Auch JPMorgan, Goldman Sachs und Bank of America/Merrill Lynch hätten im Vorfeld ihre Prognosen heruntergeschraubt, sagten Insider. Diese Informationen seien aber nur über Telefon- und Videokonferenzen an einige Großinvestoren gegangen. Viele Kleinanleger blieben im Dunkeln.

Für viele enttäuschte Anleger ist der Facebook-Börsengang damit ein hässliches Beispiel für ein System, das den Großinvestoren Vorteile verschafft und den einfachen Anleger benachteiligt. Der Fall zeigt aber auch deutlich die unterschiedlichen Interessen der Banken im Investment- und Privatkundengeschäft, die auch schon seit längerem die Aufsichtsbehörden beschäftigen. "Tag und Nacht haben die institutionellen Anleger Informationen erhalten, die wir nicht erhalten haben", sagte ein Banker, der für Morgan Stanley Privatkunden berät. "Für die ganze Finanzbranche ist das ein großes Ding."

Für Rechtsexperten bewegt sich der Fall allerdings in einer Grauzone. Zwar müssten börsennotierte Unternehmen wichtige Informationen allen Anlegern gleichzeitig zur Verfügung stellen. Doch möglicherweise treffe dies nicht auf Informationen zu, die Facebook seinen Konsortialbanken noch vor dem IPO zukommen lässt.

Klage gegen Nasdaq wegen technischen Problemen
Die technischen Probleme bei dem Börsengang beschäftigen inzwischen auch die Justiz. Ein Investor aus dem Bundesstaat Maryland verklagte am Dienstag die Nasdaq wegen Nachlässigkeit. Phillip Goldberg beantragte in seiner Klageschrift vor dem Bundesbezirksgericht in Manhattan den Status einer Sammelklage im Namen aller Investoren, die wegen der Pannen am Freitag Geld verloren haben. Die Nasdaq räumte bereits Fehler ein. Investoren und Broker waren bei Facebooks Börsenstart stundenlang im Unklaren über den Stand ihrer Kauf- und Verkaufsaufträge geblieben. Die Börsenaufsicht leitete bereits eine Untersuchung der Vorgänge ein.

Nach Einschätzung von Investoren trugen die Pannen dazu bei, dass das Interesse an den Anteilsscheinen nicht so überschäumend ausfiel wie erwartet. Im Gegenteil: Nur dank Stützungskäufen der Konsortialführer konnte Facebook den Ausgabepreis von 38 Dollar (30,0 Euro) halten. Am Montag verlor die Aktie dann elf Prozent, am Dienstag knapp neun Prozent. Am Mittwoch zeichnete sich im frühen Handel in New York eine

auf 32 Dollar ab.

Vergleich im Rechtsstreit um Nutzerdaten
Facebook hat in einem Rechtsstreit um den Missbrauch von Nutzerdaten für Werbezwecke einen Vergleich erzielt. Dies geht aus Gerichtsdokumenten hervor, die am Dienstag in San Francisco öffentlich wurden. Die Kläger hatten dem sozialen Netzwerk vorgeworfen, "Gefällt-mir"-Hinweise von Facebook-Mitgliedern ohne deren Zustimmung für Werbung missbraucht zu haben.

Demnach wurde der "Gefällt-mir"-Hinweis von Facebook-Nutzern zu Unternehmen oder Produkten an Freunde des jeweiligen Mitglieds weitergeleitet. In einigen Fällen war sogar das Profil oder Foto des Mitglieds in die sogenannten "sponsored stories" eingefügt, die den Klägern zufolge Anzeigenformat hatten. Das Verfahren war in den USA als Sammelklage angelegt, der sich zahlreiche Mitglieder hätten anschließen können. Einzelheiten des Vergleichs wurden nicht bekannt. Das soziale Netzwerk steht wegen seines Umgangs mit den Mitgliederdaten seit langem im Visier von Datenschützern.

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