Mit Punk und Jazz zum innovativen Unternehmen
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Klassik, Jazz, Rock oder Pop? Die Teilnehmer des Corporate Culture Jam, der noch bis Mittwoch in der Anker Brotfabrik in Wien stattfindet, müssen sich für eine Musikrichtung entscheiden. Alle diese Stile hätten Charakteristika, die für Unternehmen wichtig seien, sagt Nana Walzer vom Jazzfest Wien. Bei der Klassik sei es die professionelle Ausführung unter Anleitung eines Dirigenten, beim Rock die Energie, beim Pop, die Möglichkeit Stimmungen zu erzeugen, und beim Jazz die Fähigkeit zu improvisieren und auch zurücktreten zu können und anderen die Führung zu überlassen.
"Auch Punk hat seine Qualitäten, ergänzt der Schweizer Innovationsexperte Jean-Philippe Hagmann, dessen Agentur nicht grundlos Innopunk heißt: "Die Punks haben zur Musik, die im Radio gespielt wurde, nein gesagt. So ist etwas Neues entstanden." Auch bei Innovationsprozessen gehe es darum, den Status Quo zu verneinen. Dabei genüge es nicht, bestehende Lösungen inkrementell zu verbessern, man müsse völlig neue Lösungen finden. Sonst könne es passieren, dass man dasselbe Schicksal erleide wie der ehemalige Handyweltmarktführer Nokia oder zahlreiche andere Unternehmen, die - wie es der glücklose Nokia-Chef Steven Elop ausdrückte - "eigentlicht nichts falsch gemacht, aber trotzdem irgendwie verloren haben".
"Beständig radikale Innovationen"
Bedingt durch den immer schneller werdenden technischen Wandel gebe es heute beständig radikale Innovationen, sagt Hagmann. Auch die Kunden hätten sich daran gewöhnt, dass immer schneller Neues kommt. Viele Unternehmen würden aber nur ihre Hausaufgaben machen, wirklich innovativ seien die wenigsten, sagt Hagmann. Im Tagesgeschäft, bei dem es darum gehe, Abläufe effizienter zu gestalten, passiert keine radikale Innovation: "Man muss sich Freiräume nehmen, für Dinge, für die man sonst keine Zeit hat."
Freiräume
Gelinge das, hätten etablierte Unternehmen größere Chancen als Start-ups, disruptiv zu sein, sagt der Innovationsexperte: "Sie müssen nur die Sachen weglassen, die sie daran hindern radikal innovativ zu sein."
"Viele Dinge ganz anders machen"
"Es reicht nicht, mehr vom Gleichen zu machen", sagt auch Tobias Krüger, der bei der deutschen Otto Group für den Kulturwandel zum digitalen Unternehmen zuständig ist. "Wir müssen ganz viele Dinge anders machen."
Eine Lösung für alle Fragen gebe es nicht. Auch genüge es nicht, Strategien zu entwickeln und die technische Infrastruktur bereitzustellen. "Man muss die Mitarbeiter und die Organisation mit hinein nehmen", erzählt Krüger. Oft seien es auch kleine Maßnahmen, die größere Umwälzungen in Gang bringen. Bei der Otto-Group habe man etwa unternehmensübergreifend das Du-Wort eingeführt: "Das hat nicht nur auf sprachlicher Ebene eine neue Realität geschaffen."
Wie sich der ÖAMTC neu erfunden hat
Wie die Transformation von einer traditionellen zu einer modernen Organisation gelingen kann, führte ÖAMTC-Chef Oliver Schmerold aus. Als er 2011 die Führung des vor 120 Jahren gegründeten Autofahrerclubs übernahm, habe es kein klares Zukunftsbild gegeben. "Strategie und Mission Statement waren absolute Unwörter im Unternehmen. Es hat sich sehr viel Tradition angesammelt", erinnert sich Schmerold: "Die Lust zur Veränderung war enden wollend."
Fragen und Ängste
In den vergangenen Jahren habe man sich von einer hierarchischen zu einer offenen Organisation, von einem Autofahrerclub zu einem Mobilitätsclub gewandelt, sagt Schmerold. Wichtig bei diesen Prozessen sei es gewesen, die Mitarbeiter miteinzubeziehen: "Veränderungsprozesse erzeugen Fragen und Ängste. Informieren hilft."
Die neue Offenheit spiegelt sich auch in er 2016 eröffneten Zentrale in der Baumgasse in Wien Erdberg wieder: "Mitarbeiter können dort besser kommunizieren und zusammenarbeiten. Mitglieder können sich mit Mitarbeitern treffen und austauschen. Es können neue Ideen entstehen. Es ist keine Tintenburg der Verwaltung, sondern ein Vereins- und Clubhaus", erzählt Schmerold: "Neue Orte ermöglichen neue Wege."
"Experimente zulassen"
Unternehmenskultur wird auch beim Kleinanzeigenportal willhaben.at großgeschrieben. Der Personalchef heißt dort Corporate Culture Coordinator. Zu seinen Aufgaben zähle das Ideenmanagement ebenso wie die Vernetzung, die Förderung des Austausches unter den Mitarbeitern und die Organisation von Veranstaltungen, erzählt Fred Gratzer, der bei willhaben.at diese Funktion seit mehr als drei Jahren innehat. So gibt es bei dem Online-Marktplatz etwa die "willmehrwissen"-Tage, bei denen Teilnehmer sich und ihre Herausforderungen vor anderen Mitarbeitern präsentieren. Auch ein gemeinsames, von Mitarbeitern zubereitetes, Frühstück steht bei willhaben.at auf der Tagesordnung.
In dem stark wachsenden Unternehmen, das in den vergangenen sieben Jahren von 30 auf mehr als 190 Mitarbeiter gewachsen ist, sei es wichtig die Teamkultur zu pflegen. Feedback und Diskussion würden gefördert, auch Experimente würden zugelassen. Für die rund 60 Entwickler des Kleinanzeigenportals sei etwa der "Crazy Friday" ins Leben gerufen worden. An dem Tag könnten sie nach Lust und Laune experimentieren, sagt Gratzer: "Da kommen sehr viele gute Ideen zustande."
Disclaimer: Dieser Artikel ist im Rahmen einer Kooperation zwischen futurezone und dem Corporate Culture Jam entstanden.
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